Das Klimakartell
Große Krisen, die existentielle Lebensgrundlagen bedrohen, sind eine ideale Situation für Politiker. In einer Situation der Angst und der Sorgen ist plötzlich eine ganz andere Politik möglich, frei von den Diskussionen und Hemmnissen, die Politik sonst so schwerfällig machen. Dafür gibt es Gründe:
In den großen Krisen gibt es normalerweise kein Erkenntnisproblem, weil die Lage oft eindeutig ist und ein akutes Bedrohungsgefühl auslöst. Schon das ist eine gute Voraussetzung für politische Handlungsfähigkeit. Die Opposition und die Medien nehmen sich in solchen Krisen meistens zurück, weil Kritik dem eigenen Ansehen schadet.
Große Krisen, die akut auftreten, sind eine Zeit der Exekutive, weil sie meistens ein Gefühl der Hilf- und Ratlosigkeit auslösen. Von der Regierung erwartet man dann, dass sie schnell und beherzt handelt. Ein Beispiel ist die Bankenkrise aus dem Jahr 2008, in der es die große Koalition fertigbrachte, den Rettungsschirm für die Banken innerhalb einer Woche durch Bundestag und Bundesrat zu bringen.
Neue Energie-Agenda für Deutschland
Positionspapier der
CDU·CSU Fraktion im Deutschen Bundestag
Beschluss vom 12. November 2024 (in Auszügen)
Herausgeber: Thorsten Frei MdB • Alexander Hoffmann MdB
I. Unsere Zielsetzung: Industrie stärken, Klimaneutralität erreichen
Diese Neue Energie-Agenda für Deutschland markiert das größte zusammenhängende Infrastruktur-Investitionsprojekt in der Geschichte unseres Landes. Damit werden wir Deutschland als Industrieland wieder stärken und bis 2045 klimaneutral machen. Gelingen wird dies nur mit einer Agenda, die Wirtschaft, Energie und Klimaschutz konsequent zusammendenkt. Denn nur wenn die Wirtschaft wieder spürbar wächst, können Unternehmen in Deutschland in neue Klimaschutz-Technologien investieren.
Die Energiepolitik spielt auf diesem Weg eine Schlüsselrolle. Bezahlbare, saubere und sichere Energie ist eine Grundvoraussetzung für unsere Zukunft als Industrie- und Handelsnation.
Dies ist umso bedeutender, da wir in Deutschland Technologien entwickeln und anwenden müssen, die auch international konkurrenzfähig sind – sowohl für eine erfolgreiche Klimapolitik als auch zur Stärkung Deutschlands als Wirtschafts- und Technologiestandort.
Wenn weitreichende Aufgaben auf knappe Ressourcen treffen, braucht es Kosteneffizienz und Innovationen. Diese erreichen wir durch eine echte Technologieoffenheit, mehr Marktwirtschaft und eine Forschungsoffensive. Deswegen gilt jetzt vor allem: Ohne eine Kostenwende hin zu mehr Effizienz scheitert die Energiewende.
Wir gestalten Energie- und Klimapolitik aus einem Guss, der Wirtschaftlichkeit, Pragmatismus und Verbindlichkeit vereint. Wir werden den weiteren Anstieg der Strompreise verhindern und der Industrie und dem Mittelstand einen wettbewerbsfähigen Rahmen bieten. Die CO2-Bepreisung werden wir im Instrumentenmix zum Leitinstrument ausbauen und die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an Verbraucher und Wirtschaft zurückgeben.
Kann die CDU mit den Grünen koalieren?
Nach dem Bruch der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP hat Bundeskanzler Olaf Scholz angekündigt, am 16. Dezember 2024 im Bundestag die Vertrauensfrage zu stellen. Scheitert er damit erwartungsgemäß, ist der Weg für Neuwahlen frei.
Die Bundestagswahl soll dann am Sonntag, dem 23. Februar 2025, stattfinden.
Auf diesen Termin haben sich die SPD- und die Unionsfraktion im Bundestag geeinigt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gab für den Zeitplan bereits grünes Licht.
Nach den derzeitigen Umfragen ist davon auszugehen, dass CDU/CSU aus dieser Wahl als Sieger hervorgehen und mit Friedrich Merz den Bundeskanzler stellen werden. Sicher ist aber auch, dass CDU/CSU für eine Mehrheit im Bundestag einen oder sogar zwei Koalitionspartner benötigen.
Da CDU/CSU eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen haben, kommen als Koalitionspartner nur die SPD und die Grünen in Frage, wenn die FDP oder das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an der 5 %-Klausel scheitern. Mit der SPD als Koalitionspartner würde Deutschland erneut von einer Großen Koalition regiert werden. Eine Koalition von CDU/CSU mit den Grünen auf Bundesebenen wäre demgegenüber Neuland, so dass sich die Frage stellt, ob es dafür eine gemeinsame Basis gibt.
Die Grünen haben sich auf ihrem Parteitag vom 15. - 17. November 2024 in Wiesbaden bereits für den Regierungswechsel positioniert und wollen erkennbar mit ihrem Frontmann Robert Habeck an der Spitze mit der CDU koalieren. Die Frage ist, ob die CDU/CSU sich darauf einlassen sollte.
Zweifel an der Unabhängigkeit der Wissenschaft
Umfrageergebnis
Viele Menschen in Deutschland sehen die Unabhängigkeit der Wissenschaft in Gefahr. Das jedenfalls zeigt das aktuelle „Wissenschaftsbarometer“, eine repräsentative Umfrage der „Initiative Wissenschaft im Dialog“. Demnach glaubt weniger als die Hälfte der Befragten, dass Wissenschaftler hierzulande unabhängig zu jedem beliebigen Thema forschen, lehren und kommunizieren dürfen (FAZ vom 06.11.2024).
Warum das Vertrauen in die Wissenschaft so niedrig ist, ergibt sich nicht direkt aus der Studie. Ein Grund dafür ist offensichtlich der unterschiedliche Bildungsstand der Befragten: Während Menschen mit hohem Bildungsabschluss zu drei Vierteln der Wissenschaft vertrauen, sind es unter denjenigen mit Haupt- und Volksschulabschluss weniger als die Hälfte.
Ein weiterer Grund für das fehlende Vertrauen in die Wissenschaft ist darin zu sehen, dass die Mehrheit der Befragten den Einfluss von Politik und Wirtschaft auf die Wissenschaft für zu groß hält: Zwei Drittel sind es beim Einfluss der Wirtschaft, mehr als die Hälfte beim Einfluss der Politik.
In allen Bevölkerungsgruppen ist jedoch der Glaube an die Aussagen von Wissenschaftlern zum menschengemachten Klimawandel und zu erneuerbaren Energien gewachsen: Im Jahr 2014 waren es 37 Prozent, die die Klimaforscher für glaubwürdig hielten, heute sind es 59 Prozent; bei Menschen im Alter von unter 30 Jahren sogar 80 Prozent. Bei den Aussagen zu erneuerbaren Energien war es vor zehn Jahren weniger als die Hälfte, heute sind es mehr als zwei Drittel.
„Es gibt das Verständnis, dass wir ein Problem haben und dass dieses Problem nur mit dem besten Wissen gelöst werden kann“, heißt es dazu von der „Initiative Wissenschaft im Dialog“. Auch bei Corona habe man gesehen, dass die Gesellschaft bei komplexen Problemen auf die Wissenschaft setzt. Bei den Themen Klima und Energie sei das offenbar ähnlich (siehe FAZ vom 17. Nov. 2024).
Das absehbare Ende des „Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG)“
Die zwei bedeutsamsten Vorhaben der am 27. Oktober 1998 vereidigten rot-grünen Bundesregierung waren der Atomausstieg und das „Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)“. Das EEG hatte das Ziel, die Stromerzeugung aus Wind, Sonne und Biomasse so massiv zu fördern, dass die Kernkraftwerke und die fossilen Kraftwerke (Kohle, Öl und Gas) eines Tages stillgelegt werden konnten.
Geworben wurde mit dem Versprechen, „dass Sonne und Wind keine Rechnung schicken, sondern als Geschenk des Himmels von jedem genutzt werden können“. Um das zu erreichen, verpflichtete das EEG die vier Netzbetreiber (Tennet, 50Hertz, Amprion und Transnet-BW), den erneuerbaren Strom mit Vorrang abzunehmen und den Erzeugern für den Strom 20 Jahre lang feste Vergütungen zu zahlen. Dafür durften die Netzbetreiber den Verbrauchern die Differenz zwischen den an die Erzeuger gezahlten Vergütungen und den Markterlösen für den erneuerbaren Strom als EEG-Umlage in Rechnung stellen.
Mit dem Inkrafttreten des EEG wurde der für alle Energieträger geltende einheitliche Strommarkt aufgegeben. Während die atomaren und fossilen Erzeuger weiter im alten System arbeiteten, galt für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien ein privilegiertes Sonderrecht mit einem Einspeisevorrang und garantierten Vergütungen. Nur diesem System verdanken die erneuerbaren Energien ihren rasanten Aufstieg. Die Rechnung dafür zahlten die Stromverbraucher.
Von Seiten der Bundesregierung wurde zwar gesagt, dass die Privilegien nur so lange gelten sollten, bis der regenerative Strom „den Weg in den Strommarkt“ findet. Es blieb aber ein streng gehütetes Geheimnis der Grünen und ihrer Anhänger, wie ein solches „Marktdesign“ aussehen sollte. Doch inzwischen wird immer deutlicher, wohin der Weg mit den erneuerbaren Energien führt:
Habecks Wette mit Klimaschutzverträgen
Deutschland wendet in der Klimapolitik erstmals das Instrument der Klimaschutzverträge an:
Am 15. Oktober 2024 versammelten sich im Bundeswirtschaftsministerium Vertreter von 15 Unternehmen, um sich auf der Grundlage solcher Verträge von Robert Habeck (Grüne) Förderbescheide übergeben zu lassen. Mit diesem Programm will der Staat den Übergang energieintensiver Branchen wie Chemie-, Glas- oder Papier von herkömmlichen Verfahren mit fossilen Energieträgern wie Öl und Gas zu klimafreundlichen Technologien fördern. „Super“ sei das, befand Habeck, „Es geht was in Deutschland.“
Für die erste Runde dieses neuen Fördermittels setzt das Bundeswirtschaftsministerium insgesamt 2,8 Milliarden Euro ein. Damit wird zum Beispiel die BASF, der weltgrößte Chemiekonzern, gefördert, um im Stammwerk Ludwigshafen bei der Herstellung von Ameisensäure die konventionelle Dampfproduktion durch eine mit grünem Strom betriebene Wärmepumpe zu ersetzen. Beiersdorf erhält für ihr Tesa Werk in Hamburg Fördermittel, um für die Produktion von Klebebändern den erdgasbetriebenen Dampfkessel durch einen wasserstofftauglichen sowie einen Elektrodampfkessel zu ersetzen. Den höchsten Betrag, nämlich 564 Millionen Euro, bekommt die Papierfabrik Adolf Jass aus Fulda für den Ersatz von Erdgas durch eine Direktelektrifizierung der Dampferzeugung.
Ausgewählt wurden die 15 Unternehmen über ein Auktionsverfahren: Die Firmen mussten bei ihrem Gebot angeben, wie viele Euros sie benötigen, um mit ihrer geplanten neuen Technologie eine Tonne CO2 einzusparen. Innerhalb der ausgelobten Gesamtsumme von 2,8 Milliarden Euro erhielten die jeweiligen Unternehmen den Zuschlag, die eine Tonne CO2 am günstigsten einsparen können. Für die erste Gebotsrunde gab es aber nur 17 Antragsteller, so dass bis auf zwei alle Unternehmen berücksichtigt werden konnten.
Das war nur der Anfang: Inzwischen ist eine zweite Runde angelaufen, die mit einer Fördersumme im „niedrigen zweistelligen Milliardenbereich“ mit deutlich mehr Bewerbern stattfinden soll. Rund 130 Unternehmen haben laut Habeck hierfür Interesse signalisiert. In der zweiten Runde sollen auch Projekte zur Kohlenstoffabscheidung (CCS) berücksichtigt werden. Wie es danach weitergeht, ist noch unklar. Man werde sehen, sagte Habeck vor den Medien, „solange, bis das Geld alle ist“. Finanziert wird das Programm aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) des Bundes.
Roland Koch, Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung
Morgen fehlt uns Strom, schon heute fehlen Investoren
In Deutschland brechen die Direktinvestitionen aus dem Ausland ein. Die Zahlen entwickeln sich dramatisch. Nach einer Untersuchung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young sank die Zahl der von ausländischen Unternehmen in Deutschland angekündigten Investitionsprojekte 2023 um zwölf Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und damit auf den niedrigsten Stand seit dem Jahr 2013.
Wie konnte es dazu kommen? Es wäre angesichts der globalen Krisen unseriös, die Ursache auf nur einen bestimmten Punkt zu konzentrieren. Aber die sehr spezielle deutsche Energiepolitik ist unbestreitbar ein zentraler Faktor. Dabei geht es um zweierlei: Zum einen um den Preis der Energie. Zum anderen aber noch mehr um die Frage, ob die nötige Energiemenge überhaupt zur Verfügung steht. Bei der in modernen Industriestaaten selbstverständlichen Anforderung, jederzeit ausreichend Strom für die unternehmerische Aktivität im Inland zur Verfügung zu haben, hat Deutschland entscheidendes Vertrauen verloren. Schließlich geht es bei Standortentscheidungen nicht um politische Sprüche, sondern um harte physikalische und ökonomische Fakten.
Die Klimapolitik der Union
Zu den politischen Säulen, auf denen die Ära Merkel einst beruhte, zählte neben der Willkommenskultur auch der Konsens über den „ökologischen Umbau“ Deutschlands. Doch inzwischen sortiert das Land seine politischen Prioritäten grundsätzlich neu. Deutschland hat die Ära Merkel schon ein gutes Stück hinter sich gelassen.
So hat der vehemente Widerstand gegen das Heizungsgesetz der Partei der Grünen einen schweren Schlag versetzt. Sie musste die bittere Erfahrung machen, dass die Gefolgschaft dort endet, wo Eingriffe des Klimaschutzes als unangemessen empfunden werden. Denn es hat sich herumgesprochen, dass dirigistische Eingriffe wie das Vorschreiben eines Heizungstyps für deutsche Hausbesitzer teuer sind, aber wenig Einfluss auf den weltweiten Ausstoß von CO2 haben.
Offenkundig geworden sind auch die inneren Widersprüche der deutschen Energiewende, insbesondere des Atomausstiegs, mit dem sich das Land auf einen schwer durchzuhaltenden Sonderweg begeben hat. In ihrer Regierungserklärung vom Juni 2011 behauptete Merkel, der Reaktorunfall von Fukushima sei „ohne Zweifel ein Einschnitt für die Welt“. Dabei war er allenfalls ein Einschnitt für die deutsche Politik; anderorts wird der Ausbau der Kernenergie massiv vorangetrieben. Zweifel wachsen deshalb auch an der Idee, dass Deutschland mit nationalen Leuchtturmprojekten eine internationale Vorreiterrolle einnehmen müsse.
Es dürfte eine Frage der Zeit sein, bis sich auch die Parteien, die die Ära Merkel mitgestaltet haben, den neuen Gegebenheiten anpassen. Das wird ein schwieriger Prozess, wie das neue Grundsatzprogramm der CDU zur künftigen Klimapolitik eindrucksvoll zeigt.
Bürgerdialog mit der Politik – ehrlich gemeint?
Der Dialog mit dem Bürger gehört zu einer lebendigen Demokratie. Dazu gehört auch und insbesondere die Anhörung von Wissenschaftlern und Fachleuten in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages. Die Geschäftsordnung des Bundestages (§ 70 Abs. 1) enthält dazu folgende Regelung:
„Zur Information über einen Gegenstand seiner Beratung kann ein Ausschuss öffentliche Anhörungen von Sachverständigen, Interessenvertretern und anderen Auskunftspersonen vornehmen. Bei überwiesenen Vorlagen oder Anträgen ist der federführende Ausschuss auf Verlangen eines Viertels seiner Mitglieder dazu verpflichtet; bei nicht überwiesenen Gegenständen im Rahmen des § 60 Abs. 2 Satz 3 erfolgt eine Anhörung auf Beschluss des Ausschusses. […]“
Es sind heute vor allem die Bundestagsausschüsse, die sich mit dem Klimaschutz, der Energieversorgung und dem Schutz der Umwelt beschäftigen und die wegen der Komplexität der Themen bei ihren Beratungen auf das Urteil von Experten angewiesen sind. Aber welchen Einfluss haben die Sachverständigen bei den politischen Beratungen wirklich? Die von Axel Bojanowski in der Tageszeitung DIE WELT vom 8 August 2024 geschilderten Beispiele sind ernüchternd.
Zukünftige Strommarktordnung im Streit
Der Strommarkt
Anfang der 2000er Jahre begann die damalige rot-grüne Bundesregierung, die Stromwende mit garantierten Einspeisevergütungen für Wind- und Sonnenstrom auf den Weg zu bringen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Fast 89 Gigawatt Solaranlagen sind inzwischen am Netz, hinzu kommen Windräder mit einer Kapazität von 70 Gigawatt. Kernkraftwerke produzieren seit April vergangenen Jahres keinen Strom mehr. Auch viele Kohlkraftwerke haben den Strommarkt verlassen, weil sich ihr Betrieb wegen der hohen Preise für Emissionszertifikate nicht mehr lohnt.
Im Jahr 2023 hatten die Erneuerbaren im Schnitt schon einen Anteil von 60 Prozent an der gesamten Nettostromerzeugung. Insbesondere Solaranlagen boomen: Viele Experten halten inzwischen für realistisch, dass Deutschland seine Ausbauziele für Photovoltaikanlagen – 215 Gigawatt bis 2030 und 400 Gigawatt bis 2040 – erreichen wird. Hinzu kommt der Ausbau der Windkraftanlagen auf See und zu Lande. Die Branche geht davon aus, dass bis zum Jahr 2030 die geplanten 30 Gigawatt Offshore am Netz sind.
Die Erzeugungsstruktur für Elektrizität hat sich durch diese Entwicklung radikal geändert. Früher wurden die großen Kohle- und Kernkraftwerke in den industriellen Zentren im Westen und im Süden Deutschlands angesiedelt, wo der meiste Strom verbraucht wurde. Das hatte für die Versorger den Vorteil, dass die Länge der Stromleitungen kurz blieb und dadurch Kosten gespart wurden. Den Verbrauchern garantierte es eine sichere und gleichmäßige Stromversorgung.
Dieses integrierte Versorgungsmodell hat sich durch die regenerativen Energien radikal gewandelt: Windräder stehen weit gestreut vor allem im Norden und Osten Deutschlands. Solaranlagen sind über das ganze Land verteilt. Allen ist inzwischen klar, dass die Stromnetze in den kommenden Jahren dringend ausgebaut werden müssen, um den zunehmenden Ökostrom transportieren zu können.Interview des ntv mit Stephan Russ-Mohl
zur Berichterstattung über Klimaschutz
vom 23.05.2024
In einem Interview mit „ntv“ vom 23.05.2024 kritisiert der renommierte Schweizer Medienforscher Stephan Russ-Mohl die Berichterstattung der Medien über den Klimaschutz. Die Menschen fühlen sich abgehängt, verschaukelt oder bevormundet. Statt ihnen den komplexen Sachverhalt verständlich und objektiv zu erklären, werde das Thema im Kampf um Aufmerksamkeit dramatisiert und zugespitzt. Doch „irgendwann merken die Medienkonsumenten, dass sie ständig mit Weltuntergangsszenarien konfrontiert werden, die Welt aber nicht untergeht“.
Nachfolgend wird das Interview in Auszügen wiedergegeben:
Der Streit um das Anthropozän
Das Erdzeitalter in Perioden einzuteilen, gehört zu den besonderen Aufgaben der geologischen Wissenschaft. Der gegenwärtige Zeitabschnitt der Erdgeschichte gehört nach der Entscheidung der Geologen zum „Holozän“ (auch Nacheiszeitalter genannt), das vor etwa 11.700 Jahren mit der Erwärmung der Erde, dem Schmelzen des Eises und dem Erscheinen des Menschen begann.
Gegen diese Zuordnung der heutigen Zeit gibt es inzwischen Widerspruch: in Zusammenhang mit der Diskussion um die Klimaerwärmung bemüht sich eine wissenschaftlich-politische Lobby, gegen den Widerstand der Geologen ein neues Erdzeitalter, das „Anthropozän“, als Alternative durchzusetzen. Zur Begründung wird auf den zunehmenden und nachweisbaren Einfluss des Menschen auf den Planeten Erde hingewiesen, so dass es geboten sei, den gegenwärtigen Zeitabschnitt als Anthropozän zu bezeichnen. Unverkennbar soll damit aber auch der Klimapolitik argumentativ geholfen werden.
Die Medien haben diese Kampagne über Jahre nach Kräften unterstützt. Das britische Nachrichtenmagazin „The Economist“ schrieb: „Menschen sind zu einer Naturkraft geworden, die den Planeten auf der geologischen Skala umgestaltet.“ Auf der Titelseite begrüßte das Magazin seine Leser mit der Überschrift: „Willkommen im Anthropozän“. Der Geologe Stanley Finney sagte dazu: „Das Anthropozän wurde von Anfang an in die Medien gedrückt, eine Werbemaßnahme.“
Rudi Behr zur Häschenschule
Das Kinderbuch „Die Häschenschule“ ist 100 Jahre alt geworden. Ein Kinderbuch, das die Werte von vor 100 Jahren in Geschichten nett, lesenswert und anschaulich widerspiegelt. Lesenswert, wenn man die Moralvorstellungen und die Benimmvorschriften der Zeit erfahren möchte. Heute werden historische Gegebenheiten und Auffassungen gründlich auf zeitgemäßes Gedankengut überprüft. Textpassagen werden verboten oder umgeschrieben. Geschichte darf nicht Geschichte enthalten, sondern muss den heutigen Vorstellungen angepasst werden, womit keiner mehr Geschichte einordnen kann. So auch bei der Häschenschule.
Manipulierter Atomausstieg
Mit dem russischen Großangriff auf die Ukraine war für Fachleute klar: der für Ende 2022 geplante Atomausstieg ist Geschichte. Nach dem Ausfall russischer Gaslieferungen war das Risiko flächendeckender Stromausfälle und explodierender Strompreise zu hoch, als dass man sich ein Abschalten der Atomkraftwerke noch hätte leisten können. Doch es kam anders. Nach einem kurzen Streckbetrieb über den Winter 2022 gingen am 15. April 2023 die letzten drei deutschen AKW vom Netz.
Zuvor hatte es den üblichen Streit in der Ampelregierung gegeben: Die FDP wollte alle drei noch laufenden Atomkraftwerke bis mindestens 2024 am Laufen halten. Die Grünen lehnten das ab, bis sie schließlich bereit waren, zwei Atomkraftwerke, Isar 2 und Neckarwestheim 2, bis zum Frühjahr 2023 weiterlaufen zu lassen. Die Auflösung erfolgte durch ein Machtwort von Kanzler Scholz (SPD): „Es wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Leistungsbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim sowie Emsland über den 31.12.2022 hinaus bis längstens zum 15.04.2023 zu ermöglichen“, teilte er der Umweltministerin Steffi Lemke, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner mit.
Lindner versprach „die volle Unterstützung der FDP“. Die Grünen und Habeck waren enttäuscht, fügten sich aber der Entscheidung des Kanzlers. Das totale Zerwürfnis in der Koalition schien abgewendet. Am 15. April 2023 ging das letzte deutsche AKW vom Netz.
Doch wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen?
Umstrittenes Klimaschutzgesetz
Das Klimaschutzgesetz (KSG) wurde noch von der großen Koalition unter Angela Merkel beschlossen. Damit sollte das Pariser Abkommen von 2015 zur Begrenzung der Erderwärmung in nationale Vorgaben zur Emissionsminderung übertragen werden. Es trat Ende 2019 in Kraft. Inhaltlich entsprach das Gesetz weitgehend dem mit den Regierungschefs der Bundesländer abgestimmten „Klimaschutzprogramm 2030“ der Bundesregierung vom September 2019.
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2021 zur grundgesetzwidrigen Verschiebung von Emissionslasten musste das Gesetz erstmals geändert werden. Seit der Novelle von 2021 gilt, dass Deutschland nicht bis 2050, sondern bereits bis 2045 treibhausgasneutral sein muss.
Das Besondere am KSG ist, dass es bis zum Jahr 2030 jährliche Höchstgrenzen für Emissionen in bestimmten Sektoren festlegt. Diese Sektoren sind Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Abfall und Sonstiges. Falls ein Sektor seine Emissionsgrenzen überschreitet, muss das zuständige Bundesministerium innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen, um auf den Minderungspfad zurückzukehren. Die Daten liefert das Umweltbundesamt, die Überprüfung obliegt einem neu geschaffenen Expertenrat für Klimafragen.
Um die Einhaltung der Emissionsgrenzen abzusichern, sieht das Gesetz Sanktionen vor. Bei Überschreiten der zulässigen Grenze muss das verantwortliche Ministerium aus eigenem Budget Emissionsrechte zukaufen. Diese Regelung führte bereits im Gesetzgebungsverfahren zu Kontroversen zwischen den unionsgeführten Ministerien und der Bundesumweltministerin Schulze (SPD), die für den Entwurf verantwortlich war. Die Bundesminister der CDU/CSU lehnten den Entwurf ab und veranlassten das Bundeskanzleramt, ihn nicht in den üblichen Umlauf zu den übrigen Ministerien zu geben (Ressortabstimmung).Habecks mangelhafte Kraftwerksstrategie
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, haben bei einem gemeinsamen Presseauftritt behauptet, dass sich die deutsche Klimapolitik auf dem richtigen Pfad befindet. Der zügige Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze lasse erwarten, dass die Ziele des Klimaschutzgesetzes zur Emissionsminderung erreicht werden können. Man habe die von der Vorgängerregierung geerbte Emissionslücke geschlossen, und die Energiewende sei zu vertretbaren Kosten machbar, ohne die Versorgung zu gefährden, verkündeten beide.
Die Union im Bundestag bezweifelt jedoch diese optimistische Sicht der Dinge, wobei sie sich auf eine bisher unveröffentlichte Stellungnahme der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages stützt, die Studien von acht verschiedenen Fachinstituten ausgewertet haben. Danach steht die Kraftwerksstrategie der Ampel auf äußert wackeligen Füßen, wie Jens Spahn (CDU) der FAZ berichtete. „Habeck plant mit einem unrealistischen Idealszenario, um sagen zu können, die Versorgungssicherheit wäre garantiert. In Wahrheit ist diese auf Sand gebaut“, sagte Spahn der FAZ.
Klimaschutzverträge
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) ist nicht zu beneiden. Die deutsche Wirtschaft stagniert, und die Industrie investiert vermehrt im Ausland - vor allem wegen hoher Energie- und Arbeitskosten. Und auch in der Klimapolitik läuft es nicht rund: Der Emissionshandel und der CO2-Preis reichen nicht aus, um die Unternehmen zum Umstieg auf klimafreundliche Produktionsverfahren zu bewegen. Und nicht zuletzt rügte der Bundesrechnungshof den Ausbau der erneuerbaren Energien, den Habeck zu vertreten hat, als völlig ungenügend.
Robert Habeck wäre kein politischer Profi, wenn er in dieser Lage nicht versuchen würde, die allgemeine Stimmung gegen sich mit einer neuen Idee zu drehen. Die Idee besteht aus einem milliardenschweren Förderprogramm des Bundes, mit dem die Industriebetriebe dabei unterstützt werden sollen, ihre Produktionsprozesse klimaneutral umzugestalten.
Bundesrechnungshof: Habeck blamiert!
Robert Habeck hat Literaturwissenschaft studiert und mit seiner Frau mehrere Kinderbücher geschrieben. Heute ist er Bundeswirtschaftsminister und bereichert die wirtschaftspolitische Debatte mit eigenwilligen Gedanken. So stellte er bei der Präsentation des Jahreswirtschaftsberichts 2022 den anwesenden Journalisten die rhetorische Frage, welchen Mehrwert der Bau einer Pyramide in Deutschland heute hätte, um sie dann selbst wie folgt zu beantworten: Abgesehen von dem Interesse bei einigen Touristen, vermutlich keinen allzu großen. Als Steigerung des Wohlstands würde die Pyramide jedoch in das Bruttosozialprodukt (BIP) eingehen, weil man für den Bau Steine und Arbeiter benötige, die bezahlt werden müssten und als Wertschöpfung das BIP erhöhten. Und so konstatierte der Bundeswirtschaftsminister: „Am Ende wächst die Wirtschaft auch, wenn wir Pyramiden bauen.“
Mit diesem Beispiel wollte Habeck wohl zum Ausdruck bringen, dass das so gemessene Bruttosozialprodukt kein geeigneter Maßstab für Wohlstand und Wirtschaftswachstum ist. Als Konsequenz präsentierte er den Journalisten dann aber mit dem Jahreswirtschaftsbericht insgesamt 31 alternative Indikatoren zur Messung des Wohlstands. Das reichte vom Anteil von Frauen in Führungspositionen, über den Nitratgehalt des Grundwassers und die Durchlässigkeit im Bildungssystem bis zur Überlastung der Bürger durch Wohnkosten. Einer der wichtigsten Wohlstandsindikatoren sollte die Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen sein, die im Jahreswirtschaftsbericht zusammen mit dem BIP in einer Grafik abgebildet waren, die Habeck vor den Journalisten demonstrativ in die Höhe reckte. „Sie sehen, wie weit das auseinander geht“, sagte er. Wachstum müsste mit weniger Emissionen erreicht werden.
Bei dieser Demonstration erstaunte die Naivität, mit der Habeck komplexe wirtschaftliche Zusammenhänge erklären wollte. Dieser Vorwurf zielte weniger auf Habeck als auf seine Mitarbeiter, die den Jahreswirtschaftsbericht erarbeitet und ihm auch das Beispiel mit der Pyramide in den Mund gelegt hatten.
„Eine Kugel Eis im Monat für Ökostrom“ (Trittin)
Als die rot-grüne Bundesregierung am 1. April 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) in Kraft setzte, warb sie mit dem Versprechen, „dass Sonne und Wind keine Rechnungen schicken, sondern als Geschenk des Himmels von jedem genutzt werden können“. Jürgen Trittin, der damalige Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Erfinder des EEG, versprach damals sogar, für jeden Bürger würde die Energiewende im Monat nicht mehr als eine Kugel Eis kosten.
Für die Umsetzung des Projekts der ökologischen Energiewende gab es bei der Bundesregierung weder einen konkreten Handlungsplan noch eine seriöse Kosten-Nutzen-Schätzung. Die Folge war, dass die damit beschäftigten Politiker und Beamten in den Ministerien die Komplexität dieses Mega-Vorhabens und seine Kosten komplett unterschätzen. Offensichtlich startete man dieses Projekt ganz bewusst als „Blindflug“, ungeachtet der Verantwortung für eine sichere und kostengünstige Stromversorgung.
Klimageld – eine Ampel-Idee
Die Ampelparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart: „Um die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld)“. Dahinter steckt folgende Idee: Damit die Menschen und Unternehmen weniger CO2 in die Atmosphäre blasen, sollen sie für den Ausstoß von CO2 einen Preis bezahlen. Das kann in der Weise erfolgen, dass Unternehmen für die Verwendung fossiler Energien mit einer Energiesteuer belastet werden oder Emissionszertifikate erwerben müssen. Die ihnen dadurch entstehenden Kosten können sie dann über höhere Preise an ihre Kunden weitergeben, wenn der Markt das hergibt – so die Idee.
Letztendlich sollen also die Verbraucher für den Ausstoß von CO2 bezahlen. Für reiche Leute ist das kein Problem, weil sie das aus ihrem Haushaltsbudget locker bezahlen können oder weil sie sich von den zusätzlichen CO2-Kosten durch den Erwerb einer Wärmepumpe oder eines E-Autos freikaufen können. Weil arme Menschen diese Möglichkeit nicht haben, erfanden die Grünen das Klimageld und verankerten es im Koalitionsvertrag. Damit soll für die zusätzlichen Belastungen ein sozialer Ausgleich geschaffen werden, „um die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten“.
Klimapolitik – verantwortlich für die Krise der Automobilindustrie?
In der Öffentlichkeit ist von grünen Politikern und sog. Autoexperten immer wieder zu hören, dass die deutsche Automobilindustrie den Trend zur E-Mobilität und Digitalisierung verschlafen und ihren Abstieg selbst zu verantworten hat. Dem hat der Ökonom Hans-Werner Sinn in einem Interview mit der Tageszeitung DIE WELT vom 18. Januar 2024 heftig widersprochen:
„Der Begriff ´verschlafen´ passt nicht, weil es sich beim Verbrenner-Aus nicht um eine Marktentwicklung, sondern um einen politischen Oktroi (einseitiger Akt) ging, der nicht vorhersehbar war. Frankreichs Atomlobby und Autoindustrie wollten die E-Autos schon lange, weil man da eine Chance sah, im Wettbewerb mit der deutschen Automobilindustrie wieder nach vorn zu kommen. Man koalierte daher mit den grün gesinnten Kräften der EU und setzte dann EU-weit das Verbrenner-Verbot durch. Der Dieselskandal half damals, die empörten Parlamentarier zur Zustimmung zu bewegen.“
Auf den Hinweis, dass auch die Marktanteile chinesischer Autos steigen, sagte Hans-Werner Sinn: „Auch das war keine Marktentwicklung, sondern eine Entscheidung der chinesischen Führung. China hat jahrzehntelang vergeblich versucht, hochkomplexe Motoren wie die Deutschen zu bauen und ist auch deshalb auf die E-Autos ausgewichen.“
Auf die Frage, welche Auswirkungen das auf die deutsche Industrieentwicklung hat, sagte Hans-Werner Sinn: „Eine sehr schlechte. Der entscheidende Schritt zu einem faktischen Verbrenner-Verbot wurde schon 2018 durch eine drastische Verschärfung der CO2-Grenzwerte für PKW-Flotten getan. Der zugelassene Flottenverbrauch entsprach damals 2,2 Litern Dieseläquivalenten pro 100 km. Die Hersteller wurden gezwungen, E-Autos zu produzieren, weil deren Emissionen in der Formel für den Flottenverbrauch mit dem Wert null berücksichtigt wurden. … Es war dieser faule Trick, der die Krise der Autoindustrie auslöste. Diese Krise strahlt auf die ganze Industrie aus und wird durch die Energiekriese noch verstärkt… Der Keim der Deindustrialisierung ist gelegt.“
Spiegel-Interview zur Energiewende
In seiner Ausgabe 2/2024 hat der SPIEGEL ein Interview mit dem Ingenieur Andreas Schell über den Stand der Energiewende veröffentlicht, das Aufmerksamkeit verdient. Andreas Schell ist seit Ende 2022 Unternehmenschef des Energiekonzerns EnBW Baden-Württemberg. Bis zu seinem Eintritt in die EnBW gehörte er dem Executive Team des Rolls-Royce Konzerns an und leitete als CEO die Rolls-Royce Power Systems AG.
Den Redakteuren des Spiegels ist es in dem Interview gelungen, Andreas Schell die richtigen Fragen zum derzeitigen Stand der deutschen Energiewende zu stellen. Seine Antworten darauf waren bemerkenswert offen und zeigten, wie brüchig dieses Großprojekt weiterhin ist.
Schon auf Ihrer Webside sagt die EnBW zur Energiewende : „Zu langsam. Zu wenig. Zu spät. Es wird viel gejammert, wenn es um die Energiewende und ihr Vorankommen geht. Und ja: Es müsste mehr getan werden und schneller gehen. Aber: In Deutschland geht es ein bisschen zu oft um all die Dinge, die heute noch nicht so laufen wie gewünscht, sagte der EnBW-Vorstandsvorsitzende Andreas Schell kürzlich im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und warb für mehr Optimismus. Denn sie schreitet voran, die Energiewende. Zugegeben, in kleinen Schritten, aber dennoch spürbar.“
Die versteckten Kostentreiber für Benzin
Der wirtschaftliche Produktionswert von einem Liter Benzin Super (E 10) beträgt laut Berechnungen des ADAC 0,7403 Euro. Dieser Wert enthält sämtliche Kosten für die Exploration des Rohöls, dessen Verarbeitung und den Transport. Der Verkaufspreis für einen Liter Benzin Super (E 10) an der Tankstelle kostete am 16. Februar 2023 einschließlich Mehrwertsteuer 1,763 Euro. Die Differenz von 1,0227 Euro bestand aus den folgenden gesetzlichen Abgaben:
Mehrwertsteuer 0,2815 €
Energiesteuer 0,6545 €
CO2-Bepreisung 0,0840 €
Erdölbevorratungsabgabe 0,0027 €
Im Ergebnis entfallen von dem Endverkaufspreis für Benzin also knapp 61 Prozent auf staatliche Abgaben. Die weitere Entwicklung des Benzinpreises wird entscheidend davon abhängen, wie sich die in verschiedenen Gesetzen angelegte Dynamik auf den Benzinpreis auswirken wird.
„Der Heizungshammer“
Nach langem Ringen beschloss der Bundestag am 8. September 2023 das umstrittene „Gebäudeenergiegesetz (GEG)“, allgemein als „Heizungsgesetz“ bezeichnet. Damit soll der Ausstieg aus Gas und Öl im Gebäudebereich festgeschrieben werden. Neue Heizungen, die ausschließlich mit fossilen Energien betrieben werden, dürfen im Regelfall ab 2028 nicht mehr eingebaut werden.
Das im Wirtschafts- und Klimaministerium von Robert Habeck formulierte Heizungsgesetz brachte viele Menschen auf die Barrikaden und erhitzt bis heute die Gemüter. Seit Jahren ist es auch ein Ärgernis für die jeweiligen Bundesregierungen.
Rudi Behr zur Agrar- und Ernährungswende
geht es Ihnen auch so? Zunehmend verliert man die Lust auf Berichte in den Medien, was aktuell wichtig sein soll und welche Schritte daraufhin politisch eingeleitet werden. „Auf den Weg gebracht“ ist eine Formulierung. Frage: Auf welchen Weg und wo endet der? Was ist das Ziel und was kommt dabei raus?Der Bundeslandwirtschaftsminister beschäftigt sich mit Vorschriften, was der Mensch essen darf. Das soll staatlich geregelt werden. Was gesund ist, sagt der Staat und das muss gegessen werden. Erst mit finanziellen Anreizen und mit leichtem Druck, der moralisch medial verstärkt wird. Wenn das nichts nützt, braucht man andere Mittel. Die Agrar- und Ernährungswende sei mit der freien Entscheidung des Bürgers, was er isst, nicht zu erreichen, so eine Verlautbarung aus dem Ministerium. Da hört man die nächste Eskalationsstufe schon raus. Die Grundsätze, die formuliert werden, haben in sich Zielkonflikte, die den fachlich kompetenten Betrachter schwindelig machen.
Kernfragen der Klimapolitik
Gespräch von Dr. Josef Schlarmann mit Dr. Philipp Lengsfeld, Gründer, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Direktor der re:look climate gGmbH, eines kleinen freien wissenschaftlichen start-up, welches sich mit Fragen der Klima- und Umweltwissenschaft beschäftigt
Teil 2 Über die Kernfragen in der Klimaproblematik
Frage:
Lieber Herr Lengsfeld, im Teil 1 unserer Diskussion haben wir uns mit dem sogenannten Klima-Konsens auseinandergesetzt – Sie haben darauf hingewiesen, dass die re:look climate nicht nur den 97.1% claim entzaubert hat, sondern letztlich festgestellt hat, dass die Datenlage zu GHG-AGW* erstaunlich dünn zu sein scheint. Haben Sie hier inhaltlich noch weitere Erkenntnisse?
Antwort:
Ich würde sagen ja: Mein Team und ich haben versucht uns mit den Säulen der momentanen GHG-AGW-Hypothese auseinanderzusetzen.
Lassen Sie mich dies aus meiner Sicht präzisieren: Im Kern beruht die GHG-AGW-Hypothese auf Klima-Modellierungen, mit zwei Kernannahmen: CO2/AGW-Forcing-Parameter und der Frage der CO2-Verweilzeit in der Atmosphäre. Die Kombination beider Parameter bedingt dann die Bedeutung von zusätzlichem menschgemachten CO2 durch fossile Verbrennung für die Klimarechnungen.
Nehmen wir den zweiten Punkt, die CO2-Verweilzeit, zuerst: Sie haben ja sicherlich bestimmt auch schon mal davon gehört, dass Teile des CO2 sehr lange in der Atmosphäre verweilen. Manchmal wird sogar das Bild eines „CO2-Endlagers“ in der Atmosphäre bemüht. Dieser Punkt spielt auch eine sehr große Rolle bei der Frage historischer vs. aktueller gesellschaftlicher Verantwortung – der wirklich kleine Beitrag von Deutschland an den aktuellen CO2-Emissionen im Vergleich zu China, Indien oder den USA wird gerne mit dem Verweis auf die kumulative historische Verantwortung gekontert. Die entsteht aber durch die angenommene lange Verweildauer.
Auch bei der sogenannten Attributionsforschung spielt die CO2-Kumulation eine enorme Rolle – es gibt ja an mehreren Orten der Welt den Versuch Firmen oder gar Länder für lokale Wetterkatastrophenereignisse und ihre jeweiligen Schadwirkungen in Mithaftung zu nehmen mit der Begründung, durch massive historische Emissionen hätte die jeweilige Firma bzw. das jeweilige Land eine Mitschuld oder Mitverantwortung für die in Rede stehende Katastrophe.
Wissenschaft und Klimakonsens
Gespräch von Dr. Josef Schlarmann mit Dr. Philipp Lengsfeld, Gründer, Geschäftsführer und wissenschaftlicher Direktor der re:look climate gGmbH, eines kleinen freien wissenschaftlichen start-up:
Teil 1 Über unabhängige Wissenschaft und den sogenannten Klimakonsens
Frage:
Lieber Herr Lengsfeld, wir haben uns erst letztens persönlich kennengelernt, obwohl Sie in der 18. Wahlperiode (2013-2017) CDU-MdB für Berlin-Mitte waren.
Sie haben 2019 ein wissenschaftliches start-up gegründet, die re:look climate gGmbH – erzählen Sie zunächst ein wenig die Hintergründe. Warum haben Sie dieses Institut gegründet? Wie kam es dazu?
Antwort:
Ich bin promovierter Experimentalphysiker und habe in meiner Doktorandenzeit in einer außeruniversitären Großforschungseinrichtung im Bereich Materialforschung für Solarzellen gearbeitet – meine Doktorandenzeit fiel zusammen mit dem rasanten Aufstieg der deutschen Solarindustrie. Im Umfeld dieser Forschung hatte ich schon als Doktorand sehr viel mit politischer Forschungsförderung und den Mechanismen des Wissenschaftsbetriebs insgesamt zu tun – eine Dimension, die mich neben reiner Politik und Geschichte immer fasziniert hat. Das war inhaltlich eine sehr intensive Zeit – mehrere meiner Co-Doktoranden sind in die Solarindustrie eingestiegen und haben die dann folgenden Achterbahnfahrten mitgemacht. Ich selber habe aber die Forschung nach der Promotion verlassen und bin zwar in die Industrie, aber in einen anderen Bereich und zwar in den Bereich Pharma, wobei ich noch heute in einem bekannten global agierenden Pharmaunternehmen mit Hauptsitz Berlin arbeite.
In der 18. Wahlperiode war ich dann Mitglied des Deutschen Bundestages für die CDU Berlin. Mein Hauptausschuss war genau der, den ich mir gewünscht hatte: Bildung und Forschung. Ich wurde Berichterstatter u.a. für Energieforschung und war damit z.B. mit den politisch hochumkämpften Themen Kernkraft und Kernfusion beschäftigt, aber hatte vor allem auch die Berichterstattung für das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag, das TAB.
Grüne Denkfabriken und Netzwerke
Ein bis heute wirkendes Grunderlebnis der Grünen ist die westdeutsche Anti-Atombewegung. Zu den erklärten Gegnern der Grünen gehörten anfangs nicht nur die Betreiber von Kernkraftwerken, sondern auch die öffentliche Hand, mit deren Hilfe Atomkraftwerke errichtet wurden.
Die gesellschaftliche Mobilisierung erfolgte anfangs durch persönliche Netzwerke und privat finanzierte Öko-Institute, wie das im Jahr 1977 gegründete Öko-Institut in Freiburg im Breisgau. Das änderte sich im Jahre 1985, als Joschka Fischer in Hessen der erste grüne Umweltminister wurde und das Öko-Institut reichlich mit Aufträgen versorgte.
Schon unter Joschka Fischer entstand auch das Netzwerk zwischen der Ministerialverwaltung und der grünen Bewegung. So berief Fischer den Umweltaktivisten Rainer Baake, der später auf Bundesebene eine entscheidende Rolle spielen sollte, zu seinem Staatssekretär.
Ideologie und Dirigismus bei den Grünen
Die zurückliegenden Wahlen haben gezeigt, dass das Thema Klimawandel die Wähler, insbesondere junge weibliche Wähler, mobilisieren kann und den Grünen beachtliche Erfolge beschert. Die Grünen haben inzwischen in vielen politischen Fragen - der Klima- und Energiepolitik, der Wirtschafts- und Verkehrspolitik und in der Gesellschafts- und Kulturpolitik - die politische Deutungshoheit erlangt und geben die politische Richtung in Deutschland vor. Der Partei gelingt es seit Jahren, die anderen politischen Parteien und die jeweilige Bundesregierung mit ihren klimapolitischen Forderungen vor sich herzutreiben und zu verhindern, dass marktwirtschaftliche Lösungen umgesetzt werden. Mittlerweise haben sie es sogar erreicht, dass sich bedeutende Politiker aus dem bürgerlichen Lager als engagierte Klimapolitiker in Szene setzen und dirigistische staatliche Eingriffe befürworten.
Die Grünen verstehen sich als postindustrielle Partei und als die Verkörperung des modernen Zeitgeistes. Tatsächlich gehören sie inzwischen – auch dank der medialen Öffentlichkeit – mit ihrem kosmopolitisch-städtischen Lebensstil, mit ihren Vorstellungen von einer multikulturellen Gesellschaft und ihrem Öko-Label zur tonangebenden Bevölkerungsgruppe in der Gesellschaft.
Doch was wollen die Grünen wirklich? Den zentralen Markenkern der Grünen bildet eine wohlklingende ökologische Ideologie, verbunden mit einem hohen moralischen Anspruch, einem unerschütterlichen Machbarkeitsglauben und der Neigung zum allumfassenden Staatsdirigismus. Dabei zeigt sich immer deutlicher, dass das Denken und Handeln der Grünen in vielen Teilen mit demokratisch/rechtsstaatlichen Prinzipien und einer marktwirtschaftlichen Ordnung in Widerspruch steht.
Undemokratische Klimapolitik
Auf der Pariser Weltklimakonferenz im Dezember 2015 einigten sich die Teilnehmerstaaten darauf, die Erderwärmung "möglichst" nicht über 1,5 Grad steigen zu lassen. Um dieses 1,5 Grad-Ziel zu erreichen, sollte spätestens bis zum Jahr 2050 „Klimaneutralität“ hergestellt werden. Das bedeutete, dass ab Mitte des Jahrhunderts nicht mehr Treibhausgasemissionen ausgestoßen werden sollen, als zum Beispiel durch Aufforstung, unterirdische Kohlenspeicher etc. aufgefangen werden können.
Artikel 4 des Übereinkommens der Klimakonferenz lautet: „Zum Erreichen des [...] langfristigen Temperaturziels sind die Vertragsparteien bestrebt, so bald wie möglich den weltweiten Scheitelpunkt der Emissionen von Treibhausgasen zu erreichen, [...] und danach rasche Reduktionen im Einklang mit den besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen herbeizuführen, um in der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts ein Gleichgewicht zwischen den anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen aus Quellen und dem Abbau solcher Gase durch Senken [...] herzustellen.“
Der abgeschlossene Klima-Vertrag war rechtlich nicht bindend, sondern legte die Umsetzung des vereinbarten Ziels in die Hände der Vertragsstaaten. Sie sollten sich konkrete Ziele zur Minderung des CO2-Ausstoßes setzen, die alle fünf Jahre überprüft und verschärft werden sollten. Sanktionsmöglichkeiten gab es nicht. Doch die Europäische Union (EU) und einige EU-Länder wie Deutschland, verpflichteten sich durch Gesetz, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Bei der Wahl der Mittel zur Erreichung des 1,5 Grad-Zieles waren die Regierungen relativ frei. Das verpflichtende Ziel der Klimaneutralität sollte jedoch der Antrieb für die Vertragsstaaten sein, klimapolitische Aktivitäten zu ergreifen. So wurde in der EU ein Emissionshandelssystem geschaffen, um die Emissionen zu reduzieren. Zusätzlich setzte die EU im Verordnungswege insbesondere für den europäischen Verkehrssektor zahlreiche Grenzwerte für den Ausstoß klimaschädlicher Gase fest. Außerdem wurde ein CO2-Grenzausgleich eingeführt. Dieser erhebt eine CO2-Abgabe auf Importe bestimmter Waren aus Ländern mit geringeren Klimaaktivitäten.