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Klima und Energiewende : Krise der Autobranche politisch verschuldet!
23.01.2025 17:57 (48 x gelesen)

Krise der Autobranche politisch verschuldet!

Die deutsche Kraftfahrzeugbranche befindet sich um Umbruch und steht mit dem Rücken zur Wand. Der Absatz sowohl von Verbrenner-Autos und als auch von elektrisch angetriebenen Fahrzeugen, sogenannten E-Autos, ist rückläufig. Gleichzeitig droht der amerikanische Präsident mit Importzöllen und die Europäische Union mit hohen Strafen, weil die strengeren Flottengrenzwerte 2025 nicht eingehalten werden können.

Dazu einige Zahlen: Blickt man auf die gesamte Autoproduktion in der Welt, ist Deutschland mit 4,2 Millionen Autos 2024 auf den fünften Platz zurückgefallen, nach China mit einer Produktion von 26,7 Millionen Autos, den USA mit 10,7 Millionen, Japan mit 7,1 Millionen und Indien mit 4.8 Millionen.  

Für den deutschen Automarkt erwartet der Verband der deutschen Autoindustrie (VDA) im Jahr 2025 Neuzulassungen von 2,84 Millionen, was gegenüber 2024 einem Plus von einem Prozent entspricht. Diese Anzahl von Neuzulassungen liegen aber immer noch um ein Viertel unter dem Niveau der Vor-Covid-Zeit. Für den EU-Markt wird ein Plus von zwei Prozent auf 13, 2 Millionen prognostiziert.

Für die Einhaltung der strengeren EU-Flottengrenzwerte müsste die Neuzulassung von E-Autos in Deutschland kräftig wachsen. Sie ist aber von 524.000 im Jahr 2023 auf 381.000 im Jahr 2024 gesunken. Der größte Autoversicherer HUK-Coburg bestätigt diese Zahlen: Während die Quoten der Umsteiger im letzten Quartal 2022 und 2023 wegen der Kaufprämie noch bei 6,9 und 6,2 Prozent lagen, waren es nach dem Wegfall der Kaufprämie im letzten Quartal 2024 nur noch 3,9 Prozent.

Die Lage auf dem Markt für Nutzfahrzeuge sieht für den VDA ähnlich düster aus: Alle Hersteller von Nutzfahrzeugen hätten Lastwagen mit alternativen Antrieben im Angebot; doch in Deutschland gebe es nur 160 Ladesäulen für schwere Nutzfahrzeuge; zudem müssen Spediteure jahrelang warten, um genug Stromleitungen für Ladesäulen auf dem jeweiligen Betriebsgelände zu erhalten. Es sei deshalb kein Wunder, dass der Elektroanteil bei schweren Nutzfahrzeugen bei 2,6 Prozent stagniert.

Für den Verband der Deutschen Autoindustrie (VDA) geht es längst nicht mehr nur um die Transformation der Antriebstechnik für PKW und LKW in Richtung Elektrifizierung, sondern auch um den Standort Deutschland. VDA-Präsidentin Hildegard Müller sagte dazu: „Da braucht es jetzt zwangsläufig eine wirtschaftliche Trendwende: Eine Agenda für Innovation, Wachstum und Arbeitsplätze. Keine kleinen Schritte, sondern der große Wurf ist notwendig.“

Sie zeigte auch auf die Investitionspläne der Autoindustrie: In den Jahren 2025 bis 2029 machen sie 320 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung sowie 220 Milliarden Euro für die Erneuerung oder den Neubau von Produktionsanlagen aus. Von diesen riesigen Summen fließt aber immer mehr ins Ausland, weil Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig sei. Doch wenn in Deutschland die Investitionen ausbleiben, dann würden bald auch die Arbeitsplätze verschwinden. Es seien die Hausaufgaben für die Berliner und die Brüsseler Politik, Grundlagen dafür zu schaffen, dass die Investitionen profitabel werden.

Politische Verantwortung

Die FAZ vom 22. Januar 2025 berichtete von einer Wahlkampfveranstaltung der Grünen, bei der Sven Giegold, ehemals Robert Habecks Staatsekretär für Grundsatzfragen, öffentlich sagte, es sei wichtig, „dass der Weg der Transformation in Richtung Klimaneutralität durch stringente europäische Regeln festgezurrt ist“. Damit meinte er, dass die Flottengrenzwerte der EU für PKW und das für 2035 vorgesehenen Aus für Verbrenner-Autos nicht mehr verändert werden dürften. Dazu muss man wissen, dass sich Sven Giegold als Abgeordneter des Europäischen Parlaments massiv für das von ihm zitierte Regelwerk eingesetzt hat.

Die von Sven Giegold vertretene Meinung ist Ausdruck einer ideologisch und staatswirtschaftlich geprägten Klimapolitik, wie sie von den „Fundis“ bei den Grünen vertreten wird. Diese kleine Gruppe nimmt für sich das Recht in Anspruch, mit Hilfe des Staates den für die Mehrheit unverzichtbaren Individualverkehr außerhalb von E-Autos zu verbieten. Dabei sprechen die rückläufigen Zahlen der Zulassung von E-Mobilen für sich: Die Verkehrsteilnehmer halten am Verbrenner fest.  

Wer wie Sven Giegold heute noch am Verbrenner-Verbot festhält, muss sich deshalb auf das europäische Recht berufen, weil dort das Regelwerk für das allmähliche Aus des Verbrenners (Flottengrenzwerte und Verbot des Verbrenners ab 2035) verankert ist. Der Ursprung dieses Regelwerks geht zurück auf das Jahr 2007, als Angela Merkel zum 1. Januar für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernahm.  

Dazu hielt sie am 17. Januar 2007 vor dem Europäischen Parlament in Straßburg eine vielbeachtete Rede. Sie bekannte sie sich darin zu einem Europa, das sich auf die europäischen Kernaufgaben konzentriert, und versprach, den Abbau überflüssiger Bürokratie als eine ihrer Hauptaufgaben zu machen.

Nur wenig später kündigte sie aber auch an, Europa zum Vorreiter in Sachen Klimaschutz machen zu wollen: Man könne dem Klimawandel „nicht tatenlos zusehen“ und es sei „Zeit zu handeln“, sagte sie. Konkret warb sie dafür, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren. Es müsse der Beweis angetreten werden, „dass Ökonomie und Ökologie versöhnt werden können“, und sie ermunterte die EU-Kommission, dazu Ideen und Vorschläge zu entwickeln.

Einen ersten Großversuch auf diesem Weg startete die Europäische Kommission mit der sogenannten „Ökodesign-Richtlinie“, die es der Kommission erlauben sollte, für eine „unbegrenzte Zahl von Produkten“ Mindestanforderungen für den Energieverbrauch vorzuschreiben. Zielsetzung der Richtlinie war es, bei der Herstellung und dem Betrieb von energieverbrauchenden Produkten Energie einzusparen. Von dieser Ermächtigung machte die Kommission umfangreich Gebrauch: Betroffen waren nahezu alle energieverbrauchenden Produkte, darunter Kühlschränke, Klimaanlagen, Staubsauger, Fernseher. Eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse zu diesem Projekt gab es zu diesem Projekt jedoch nicht.

Außerdem begann die EU-Kommission während der EU-Präsidentschaft von Angela Merkel, im Verordnungswege den Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) durch Kraftfahrzeuge zu regeln. Das Thema war nicht neu, sondern hatte die Europäische Union bereits seit Mitte der 90er-Jahre beschäftigt. So wurde im Umweltministerrat, dem als damalige Umweltministerin auch Angela Merkel angehörte, für das Jahr 2005  ein Zielwert von 120 g/km für den durchschnittlichen CO2-Ausstoß aller in Europa verkauften Pkw angepeilt.

Die Umsetzung dieses Grenzwertes erfolgte aber nicht durch die EU-Kommission im Verordnungswege, sondern durch den Verband der europäischen Automobilhersteller (ACEA) in Form einer freiwillige Selbstverpflichtung, die von der Politik akzeptiert wurde. Als die Autoindustrie jedoch vermehrt sogenannte SUV (Sport Utility Vehicle) auf den Markt brachte, nahm die EU-Kommission das als Vorwand, darin den Bruch der freiwilligen Selbstverpflichtung zu sehen und mit den Arbeiten an einer verpflichtenden Rechtsverordnung zu beginnen.

Diese sah in einem ersten Schritt vor, dass Autobauer den Kohlendioxidausstoß (CO2) ihrer Fahrzeugflotte bis zum Jahre 2012 von 160 Gramm auf 120 Gramm je Kilometer begrenzen müssten. Weitere Schritte sollten mit immer schärferen Grenzwerten folgen, wodurch vor allem die Hersteller großer Fahrzeuge, also deutsche Autohersteller, in Schwierigkeiten kommen mussten.

Die Autobranche war deshalb alarmiert, und VW-Chef Herbert Diess griff die europäische Politik scharf an: „Der jetzige Feldzug gegen die individuelle Mobilität und damit gegen das Auto“, nimmt existenzbedrohende Ausmaße an, sagte er. „Wer sich ehemalige Hochburgen wie Detroit, Oxfort-Cowley oder Turin anschaut, der weiß, was mir Städten passiert, in denen einst starke Konzerne und Leitindustrien schwächeln.“

Auch die deutsche Regierung – von Kanzlerin Merkel bis hin zu Umweltminister Gabriel – kritisierten den Verordnungsvorschlag der Kommission und werteten ihn als Angriff auf die deutsche Fahrzeugindustrie. Bemerkenswert an dieser Reaktion war jedoch, dass nur die Höhe der Grenzwerte kritisiert wurde, nicht aber die Entscheidung der EU-Kommission, die freiwillige Selbstbeschränkung durch eine verpflichtende Verordnung zu ersetzen. Nunmehr konnte die EU-Kommission über die Festsetzung der Grenzwerte allein entscheiden und war nicht mehr auf die Zusammenarbeit mit der Automobilindustrie angewiesen.

An dieser Stelle nicht energisch gegen die Kommission interveniert zu haben, war ein schwerer politischer Fehler der deutschen Kanzlerin, für den die deutsche Autoindustrie bitter bezahlen musste, weil die EU-Kommission die Grenzwerte ständig verschärfte bis hin zum Verbot des Verbrenners bis 2035.

Angela Merkel sagt in ihren „Erinnerungen“ zu diesem politischen Fehler bezeichnenderweise nichts.

Und wie steht es heute mit dem Verbrenner-Aus?

Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat dafür gesorgt, dass das strikte Verbrenner-Verbot ab 2035 immerhin dahin eingeschränkt wird, dass es nicht für E-Fuels gilt, also nicht für synthetischen Sprit auf Basis von Wasserstoff.

Zudem haben die Grünen bei der Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2024 an Stimmen und Einfluss verloren. Demgegenüber hat die Europäische Volkspartei (EVP) als einzige Partei der Mitte dazu gewonnen und ist seitdem die stärkste Fraktion. Die EVP will das Verbrenner-Aus kippen. Von der Leyen hat diesem Ansinnen in ihrer Bewerbungsrede auf dem Parteikongress der EVP um die Spitzenposition bezeichnenderweise nicht widersprochen.


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