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Dr. Schlarmann - Mittelstand

aktuelle Informationen für den Mittelstand
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05.11.2024 21:58 (50 x gelesen)

Lindners Wirtschaftswende

Die von Finanzminister Christian Lindner (FDP) geforderte Wirtschaftswende stellt die bisherige Wirtschafts-, Klima-, Fiskal- und Sozialpolitik der Ampel-Regierung grundsätzlich in Frage. Lindner wendet sich insbesondere gegen eine Wirtschafts- und Fiskalpolitik, die Ausnahmen von der Schuldenbremse zulässt und hohe Industriesubventionen zahlt. Stattdessen fordert er zur Entlastung der Unternehmen ein Regulierungsmoratorium, die Entschärfung des Klimaschutzes und die Senkung des Soli-Zuschlages sowie eine Korrektur der Frührente und die Reform des Bürgergeldes.

Lindner begründet seine Forderungen mit dem wirtschaftlichen Abstieg Deutschlands, der bessere Antworten erfordert als die Ampelregierung sie bisher gegeben hat. Den Mut zu solcher Klarheit hätten sich viele von der FDP und der Union sicher schon früher erhofft. Denn die von Lindner jetzt geforderte Wirtschaftswende ist nichts anderes als der klare Schwenk von einer interventionistisch geprägten Nachfragepolitik hin zu einer die Produktivität fördernden Angebotspolitik. Das Programm geht über die im Frühsommer von der Ampelregierung verabredete „Wachstumsinitiative“ deutlich hinaus.

Der Finanzminister mutet seinen Partnern in der Regierung einiges zu, baut ihnen aber auch Brücken: So fehlt die Forderung auf den Verzicht des Rentenpakets, das 500 Milliarden Euro kosten wird. Eine weitere Brücke ist der Vorschlag, das Tempo des deutschen Klimaschutzes dadurch zurückzunehmen, dass es an die europäischen Vorgaben angepasst wird. Deutschland gewinnt dadurch mehr Zeit für den CO2-Umbau.

Sollten SPD und Grüne diese Brücken nicht gehen wollen, bleib der FDP – wenn sie glaubwürdig bleiben will – keine andere Wahl als die Ampelkoalition zu verlassen.



01.10.2024 21:42 (146 x gelesen)

Die Deutsche Bahn – ein Sanierungsfall?

Die Deutsche Bahn hat im Mai 2024 bekannt gegeben, dass im vergangenen Jahr nur 64 Prozent ihrer Fernzüge pünktlich waren – also weniger als sechs Minuten Verspätung hatten. Damit rangiert die Deutsche Bahn in Sachen Pünktlichkeit weit hinter den Bahnen in der Schweiz oder Dänemark. Die Shinkansen-Züge in Japan erreichen sogar eine Pünktlichkeit von 99 Prozent.

Der wohl größte Vorteil der japanischen Shinkansen gegenüber den ICE-Zügen ist, dass sie fast durchgehend auf eigenen Trassen fahren. Unterwegs müssen sie so gut wie nie warten oder abbremsen. In Deutschland teilen sich Fernzüge dagegen die Gleise oft mit Güterzügen und dem Regionalverkehr. Das sei der eigentliche Grund für die vielen Verspätungen, erklärt der Bahnvorstand. Er sagt damit aber nur die halbe Wahrheit:

Die Japaner haben ihre Bahn 1987 privatisiert und in sechs Regionalgesellschaften und eine Frachtgesellschaft aufgeteilt. Die meisten von ihnen arbeiten heute profitabel, auch weil damals die hohen Schulden der Staatsbahn und die überzähligen Mitarbeiter in eine Auffanggesellschaft ausgelagert wurden. Einige der Bahngesellschaften sind heute sogar an der Tokioter Börse notiert. Staatliche Gelder erhalten sie allenfalls für die Instandhaltung und den Ausbau des Schienennetzes.

Im Unterschied dazu handelt es sich bei der Deutschen Bahn um eine Staatsbahn, die 1994 aus der Fusion der Deutschen Bundesbahn mit der Deutschen Reichsbahn in der ehemaligen DDR entstand und zu 100 Prozent der Bundesrepublik Deutschland gehört. Pläne zur Privatisierung der Bahn sind an dem Widerstand aus der Politik gescheitert.

Die Folgen dieser Bahnpolitik sind offenkundig: Neben der notorischen Unpünktlichkeit und dem Ausfall von Zügen gibt es im Fernverkehr immer wieder Mängel, die auf fehlerhaftes Management hinweisen und die Bahnkunden ärgern: Falsch angezeigte Wagenreihung, überfüllte Bahnsteige und Züge, nicht funktionierende Toiletten, defekte Klimaanlagen, Speisewagen ohne entsprechendes Angebot etc.



09.09.2024 22:49 (164 x gelesen)

Industrie-Ikonen in der Krise

Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands beruht nicht zuletzt auf seiner starken und vielseitigen Industrie. Damit wird nach wie vor jeder fünfte Euro erwirtschaftet. Ob das so bleibt, ist mehr als ungewiss: denn in vielen Industriebetrieben kriselt es gewaltig.  

Industrie-Ikonen wie Thyssenkrupp, BASF und VW sind dafür prominente Beispiele: die Aufträge gehen zurück, die Produktionsstätten sind nicht mehr ausgelastet, Investitionen werden verschoben, und die Gewinne sinken. Gleichzeitig steigt die Angst der dort Beschäftigten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren.

Das deutsche Geschäftsmodell ist also in Gefahr. Nichts verdeutlicht das so sehr wie die Krisen bei Thyssenkrupp, BASF und VW. Die Fälle gleichen sich und zeigen exemplarisch die Schwächen des deutschen Industriestandorts:

  • Die von der Politik erzwungene Transformation der industriellen Produktion hin zur Klimaneutralität verursacht hohe Kosten (durch den Emissionshandel oder durch Investitionen), die in den Preisen der Produkte nicht weitergegeben werden können.
  • Politisch gesteuerte Interventionen, zum Beispiel die Streichung der Kaufprämie für Elektroautos, nehmen den Unternehmen die Planungssicherheit und beeinträchtigen ihre Investitionsbereitschaft.
  • Allgemeine Standortnachteile, wie hohe Energiepreise, schlechte Infrastruktur, hohe Steuern und Überregulierung, verschlechtern die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Es ist dieses Bündel an Ursachen, das am Fundament der deutschen Industrie nagt und Hundertausende Arbeitsplätze gefährdet. Die jüngsten Ereignisse bei Thyssenkrupp, BASF und VW sind dafür warnende Beispiele:



31.08.2024 23:22 (194 x gelesen)

Deutschlands Industrie schrumpft 

Die schlechten Nachrichten aus der Industrie kommen in immer kürzeren Abständen: Kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein deutscher Konzern (z.B. Bayer, Bosch, Henkel) einen massiven Arbeitsplatzabbau ankündigt. Der Autozulieferer ZF Friedrichshafen will mehr als 10.000 Mitarbeiter entlassen.  Im Volkswagenwerk im sächsischen Zwickau müssen 1.000 Leute gehen, weil sich E-Autos schlecht verkaufen. Der Heizungshersteller Viessmann hat wegen der schwierigen Marktsituation für dieses Jahr Kurzarbeit angemeldet.

Gleichzeitig schnellen die Insolvenzzahlen in die Höhe: Nach IWH-Berechnungen meldeten im Juli 1406 Personen- und Kapitalgesellschaften Insolvenz an – so viele wie seit etwa zehn Jahren nicht mehr. Und last not least steigt auch die Arbeitslosigkeit. Die Bundesagentur für Arbeit meldet Ende August 2024 so viele Arbeitslose wie zuletzt 2021.

Solche Nachrichten stehen in krassem Gegensatz zu der Hoffnung der Ampel-Regierung, durch den Umstieg auf klimafreundliche Technologien diese miserable Entwicklung aufhalten zu können. Während die Politik immer noch über die Risiken einer Deindustrialisierung debattiert, ist diese Entwicklung bereits in vollem Gang, wie der Ifo-Chef Clemens Fuest jüngst im „Handelsblatt“-Interview feststellte.  

Deutschlands Dax-Konzerne erwirtschaften ihre Gewinne zunehmend im Ausland. Die für den Arbeitsmarkt wichtige Automobilindustrie befindet sich in dem stärksten Strukturwandel ihrer Geschichte. Die energieintensiven Branchen sind auf dem Weltmarkt kaum noch wettbewerbsfähig. Gemessen an den Rekordwerten vom Sommer 2018 wird heute in der Industrie rund 20 Prozent weniger produziert.



14.08.2024 12:50 (204 x gelesen)

Das Produktivitäts-Paradoxon

Das „Produktivitäts-Paradoxon“ beschreibt den Tatbestand einer längerfristig sinkenden Produktivitätsentwicklung in westlichen Volkswirtschaften trotz fortgesetzter technologischer Innovationen. Dieses Phänomen ist nicht auf Deutschland beschränkt. Es ist in vielen Industrieländern schon seit längerer Zeit zu beobachten und hat inzwischen auch die Schwellenländer erfasst.

In den 1950er-Jahren wuchs die Arbeitsproduktivität in Deutschland durchschnittlich um beinahe 7 Prozent pro Jahr. In den 1970ern waren es 4 Prozent, in den 1990ern dann nur noch 2 Prozent. Nach 1990 verringerte sich die Arbeitsproduktivität weiter und lag im Zeitraum von 2000 bis 2010 bei einem Jahresdurchschnitt von 0,9 Prozent. Im darauffolgenden Jahrzehnt bis 2020 verbesserte sie sich nur leicht auf durchschnittlich 1,2 Prozent.

Parallel zur Arbeitsproduktivität ist auch das Wirtschaftswachstum gesunken. Im Durchschnitt der Jahre 1950 bis 2022 ist die Wirtschaft in Deutschland um 3,1 % pro Jahr gewachsen. In den 1950er und 1960er Jahren wuchs das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt jedoch noch mit durchschnittlich 6,4 % im Jahr. Danach hat sich das Wirtschaftswachstum deutlich verlangsamt. Im Durchschnitt der letzten zwei Jahrzehnte von 2000 bis 2020 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) preisbereinigt nur noch um 1,0 % pro Jahr gewachsen. Inzwischen liegt die Wachstumsrate bei etwa 0,0 %.

Dieses Ergebnis wiegt schwer, da Wirtschaftswachstum die Grundlage unseres Wohlstands ist. Wenn das Wachstum abnimmt, bedeutet dies geringere Einkommenszuwächse für Arbeitnehmer und weniger Steuereinnahmen, mit denen der Staat seinen zahlreichen Verpflichtungen, ob Rentenzahlungen oder Schuldendienst, nachkommen kann.



20.07.2024 17:53 (272 x gelesen)

Englands Blick auf Deutschland

Anfang des Jahres prognostizierte der Internationale Währungsfonds (IWF) für die deutsche Wirtschaft ein reales Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent. Damit bildet Deutschland unter den Industrienationen der Welt das Schlusslicht. Im Grunde tritt die Bundesrepublik seit Anfang 2020, dem Beginn der Corona-Pandemie, wirtschaftlich auf der Stelle.

Für das Bild von Deutschland im Ausland hat das Folgen: So schreibt The Times, London (by Juliet Samuel), dass die „goldene Dekade“ für Deutschland vorbei ist und die Aussichten für den Kontinent ohne Energie und Reformen düster aussehen. Deutschlands Schwierigkeiten sind aber auch Englands Problem, merkt die Zeitung in der Überschrift des Artikels an.    

Als Aufreißer für den Zustand Deutschlands beginnt der Artikel mit den notorischen Verspätungen der Deutschen Bundesbahn, die dem veralteten Schienennetz und den unzureichenden Investitionen zuzuschreiben sind. Erinnert wird auch daran, dass Deutschland schon einmal, in den späten 90er Jahren des Reformstaus, als der „sick man in Europe“ bezeichnet wurde. Danach habe Deutschland für eine Dekade lang vom billigen russischen Gas, dem unterbewerteten Euro und der chinesischen Nachfrage nach deutschen Maschinen profitiert. Diese Säulen des deutschen Wachstumsmodells sind jetzt aber gefallen, konstatiert das Londoner Blatt lapidar.

Andererseits, so die Times, muss Europa ein Interesse an einem erfolgreichen Deutschland haben, ob es einem gefällt oder nicht. Es mag seine wirtschaftliche Macht gegenüber schwachen Euro-Ländern zwar gelegentlich rücksichtslos und arrogant ausgeübt haben, seine Wettbewerbsfähigkeit und Zahlungsbilanz waren aber nie angreifbar. Deutschland bleibt für   Times der Motor Europas, auch wenn der Abstand zu vielen seiner Nachbarn kleiner geworden ist. Wenn die deutsche Wirtschaft ihren Anteil am globalen Wachstum nicht halten kann, werden auch die Aussichten für das restliche Europa düster. Mit Deutschlands Abstieg würden die hoch entwickelten, innovativen und vernetzten Produktionskapazitäten in Europa erodieren.



16.07.2024 18:54 (295 x gelesen)

Klimaschutzverträge – ein Plan mit Risiken

Mit Klimaschutzverträgen will Wirtschaftsminister Robert Habeck Industrieunternehmen, die auf eine klimaschonende Produktionsweise umrüsten, bis zu 15 Jahre lang die dadurch entstehenden Mehrkosten erstatten. Vor allem energieintensive Unternehmen zeigen großes Interesse am Abschluss von solchen Verträgen mit der Bunderegierung. Die erste Ausschreibungsrunde endete mit einem für das Wirtschaftsministerium erfreulichen Ergebnis: bis zum 11. Juli 2024 gingen 17 Gebote mit einem Volumen von 5,3 Milliarden Euro ein. Diejenigen Unternehmen, die zu den geringsten Subventionskosten die größte Treibhausgas-Einsparung erzielen, sollen den Zuschlag erhalten.

Unbestreitbar geht es um viel Geld, das an die Unternehmen zu verteilen ist. Das Geld stammt aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF). Für die erste Ausschreibungsrunde hat Habeck 4 Milliarden Euro bereitgestellt. Für eine weitere Runde im Herbst dieses Jahres stellt er noch einmal weitere 19 Milliarden Euro in Aussicht. „Heute ist ein guter Tag für den Klimaschutz“, so Robert Habeck. „Ein guter Tag für die Wirtschaft. Vor allem für die Industrie. Und ein guter Tag für den Produktionsstandort Deutschland.“

Es gehört zum Selbstverständnis deutscher Klimapolitik, sich gern als einer der globalen Vorreiter zu sehen. Und aus Sicht des Wirtschaftsministeriums setzt Deutschland mit den Klimaschutzverträgen international neue Standards. „Wir sind das erste Industrieland, das dieses Instrument einführt“, verkündete der grüne Wirtschafsminister Robert Habeck im März 2024 bei der Vorstellung des Programms.



10.07.2024 19:25 (358 x gelesen)

Produktivitätsfortschritte statt „Wachstumsinitiative“ der Bundesregierung

Die Bundesregierung erwartet für 2024 ein Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts von nur 0,2 Prozent. Das bedeutet zweifelsohne, dass die deutsche Wirtschaft stagniert. Dazu paßt die prekäre Auftragslage vieler Unternehmen: Nach den Daten des Statistischen Bundesamtes sind die Auftragseingänge sowohl im Maschinenbau als auch bei den Autoherstellern und in der Pharmaindustrie deutlich zurückgegangen.

Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärt diese Entwicklung mit dem überraschenden Einbruch der Exporte, der der Wirtschaft einen Dämpfer versetzt habe. „Erst im Zuge der weiteren Erholung des Welthandels und der allmählichen Belebung der Nachfrage nach Industrieerzeugnissen dürften sich die Auftragseingänge stabilisieren“, meint das Wirtschaftsministerium.

Konjunkturelle Gründe sind aber nicht die eigentliche Ursache für die anhaltende Schwäche der deutschen Industrie. Dass es trotz robuster Weltkonjunktur noch keinen Zuwachs bei den Auslandsbestellungen gibt, liegt nach Ansicht der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) an handfesten strukturellen Problemen, wie den hohen Kosten für Energie und Personal, bürokratischen Lasten und dem Fachkräftemangel. Mit einem baldigen Aufschwung sei daher erst einmal nicht zu rechnen.

Als Antwort auf diese Kritik hat sich die Ampelregierung deshalb im Rahmen der Haushaltsaufstellung für 2025 zu einer „Wachstumsinitiative“ durchgerungen, mit der die binnenwirtschaftlichen Kräfte angeregt werden sollen. Das soll über steuerliche Entlastungen, zinsgünstige Investitionskredite, Anreize zu Mehrarbeit, weniger Bürokratie und mehr Geld für den Wohnungsbau geschehen. Die Bundesregierung erhofft sich davon ein zusätzliches Wachstum von 0,5 Prozent (= 26 Milliarden zusätzliches BIP). Den großen Wurf sieht die Bundesregierung darin offensichtlich aber nicht.



30.06.2024 17:03 (311 x gelesen)

Die wirtschaftspolitische Wende

Mit dem neuen Grundsatzprogramm hat die CDU unter ihrem neuen Vorsitzenden Friedrich Merz auch in der Wirtschaftspolitik ein neues Kapitel aufgeschlagen. An etlichen Stellen des Programms wird die Bedeutung der „Sozialen Marktwirtschaft“ hervorgehoben. Dass dies als bewusste Abgrenzung zu dem von Angela Merkel und den Grünen vertretenen Leitbild der „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ zu verstehen ist, hat die Programmkommission klar zum Ausdruck gebracht: „Die Soziale Marktwirtschaft ist und bleibt unser Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell. Sie umfasst auch eine ökologische Dimension.“

Dass sich die Wirtschaftspolitik einer CDU-geführten Bundesregierung in erster Linie um den Klimaschutz drehen wird, ist mit diesem Grundsatzprogramm nicht zu erwarten. Manche Sätze lesen sich wie eine Kritik an der Ampelkoalition. Zum Beispiel dieser: „Wir müssen Schluss machen mit der Idee, dass der Staat besser weiß, wie sich Menschen und Unternehmen für die Zukunft aufstellen. Freiheit ist Innovationstreiber, Verbote sind es nicht“.

Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sieht das naturgemäß ganz anders. Im ZDF-Talk mit CDU-Chef Friedrich Merz erklärte er: Eine allgemeine Wirtschaftspolitik, die der Wirtschaft „die besten allgemeinen Bedingungen“ verschaffe, sei „ein Denken der Vergangenheit“. Er werde mit Subventionen aktiv dafür sorgen, dass „die Schlüsselindustrien, die wir haben, hier im Land bleiben“ und die Industrie ihre Klimaziele erreiche. Ideengeber für eine solche Wirtschaftspolitik sind linke Wirtschaftswissenschaftler, die der Politik zutrauen, der Wirtschaft den richtigen Weg zu weisen, wenn dafür die entsprechenden institutionellen Strukturen geschaffen werden. „Es ist die staatlich gelenkte Wirtschaft in neuem Gewand“, sagte der frühere Ministerpräsident von Hessen, Roland Koch, zu einer solche Wirtschaftspolitik.

Einen grundlegenden Dissens zwischen der Ampelkoalition und der neuen CDU gibt es auch bei der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse, die SPD und Grüne, aber auch CDU-Ministerpräsidenten lockern wollen. Friedrich Merz hat jedoch in das Grundsatzprogramm schreiben lassen, dass an der Schuldenbremse als Instrument der Nachhaltigkeit nicht gerüttelt werden soll. Am Rande des Programmparteitages sagte CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn dazu: „Deutschland ist so wenig links wie seit Jahren nicht mehr. Der grüne Zeitgeist ist vorbei.“



14.06.2024 17:54 (360 x gelesen)


 

 ROLAND KOCH, VORSITZENDER DER LUDWIG-ERHARD-STIFTUNG, zu

"Habeck läuft mit seiner „Industriepolitik“ in die falsche Richtung"

Vor wenigen Tagen gab es in Maybrit Illners wöchentlichem ZDF-Talk eine spannende Auseinandersetzung zwischen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und CDU-Chef Friedrich Merz. Aus der grünen Community wurde später emsig getwittert, Habeck habe Merz jetzt einmal die Grundsätze moderner Wirtschaftspolitik erklärt. In der Tat hat der Bundeswirtschaftsminister die grüne Wirtschaftsideologie erläutert und diese verdient nähere Betrachtung. 

Einige seiner Sätze am Ende der Sendung sollten wir uns genauer anschauen: „Es gab in der alten Bundesregierung nie Industriepolitik, eine strategische Herangehensweise an die Industrie. Weil man gesagt hat, wir machen nur allgemeine Wirtschaftspolitik. Ich sage, dass das ein Denken der Vergangenheit ist, weil bestimmte Sparten auch bei den besten allgemeinen Bedingungen nicht kommen werden oder abwandern. Andere Länder auf der Welt, wie USA und China, werden sie mit harten Subventionen abziehen... Dann müssen wir aktiv dafür sorgen, dass die Schlüsselindustrien, die wir haben, hier im Land bleiben. …dann zu sagen, das machen wir durch allgemeine Wettbewerbspolitik, wird der Realität nicht gerecht.“

Deutlicher kann man in der Tat den Unterschied zu den klassischen und erfolgreichen Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft Ludwig Erhards nicht beschreiben. Zu Beginn weise ich vorsorglich das Argument zurück, dieses Denken in neuer staatlicher Industriepolitik sei den aktuellen Verwerfungen der Weltwirtschaft geschuldet und deshalb könne man die Maßstäbe Ludwig Erhards nicht mehr anlegen. Der Erfolg der Sozialen Marktwirtschaft entstand jedoch gerade zu Zeiten einer zerklüfteten ökonomischen Welt, weit vor der Zollfreiheit in Europa und im Angesicht des Protektionismus vieler verschlossener Märkte.

 



09.06.2024 14:40 (361 x gelesen)

Industriepolitik in Deutschland

Im Juni 1993 legte Jacques Delors, damals Präsident der Europäischen Kommission, in einem Votum gegenüber dem EU-Rat dar, dass die unbefriedigende Entwicklung der Arbeitslosigkeit mit der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit Europas im Vergleich zu den USA und Japan zu erklären sei. Er empfahl, künftig 3 Prozent des Bruttosozialprodukts für Forschung und Entwicklung sowie für die Förderung von Innovationen aufzuwenden. Außerdem sollten 30 Milliarden Euro jährlich in die europaweiten Infrastrukturnetze investiert werden.

Ziel dieser Maßnahmen war es, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft gegenüber den USA und Japan zu verbessern. „Das Streben nach Wettbewerbsfähigkeit sollte dazu dienen, langfristig Rentabilität und Kapitalakkumulation zu verbessern, um den Lebensstandard zu fördern“, schreibt Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), in der FAZ vom 4. Juni 2024. Mit anderen Worten: bei der Industriepolitik geht es um die Steigerung des Wohlstands durch die Verbesserung der volkswirtschaftlichen Produktivität, dem Verhältnis der hergestellten Güter und Dienstleistungen in Relation zu den eingesetzten Mitteln wie Arbeit und Kapital.

In einem vom Wettbewerb gekennzeichneten Wirtschaftssystem sind tendenziell diejenigen Unternehmen wirtschaftlich erfolgreicher, die eine hohe Produktivität aufweisen und in der Lage sind, diese weiter zu steigern. Diese Betrachtung lässt sich mit den Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung ohne weiters auf die gesamte Wirtschaft übertragen. Insofern stehen dann Wirtschaftsstandorte im Wettbewerb um hochmobiles Finanz- und Humankapital, also um Kapital und die fähigsten Köpfe, wobei der Wettbewerb stark von der Arbeits- und Kapitalmobilität abhängt. Die volkswirtschaftliche Produktivität wird dadurch zu einem wichtigen Kriterium für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft und für den Wohlstands eines Landes.



08.06.2024 12:41 (319 x gelesen)

Fehlende Standortdebatte

Die Wachstumsschwäche der deutschen und der europäischen Wirtschaft sowie die Re-Industrialisierung in den USA und die anhaltende Konkurrenz aus China haben die Notwendigkeit einer Standortpolitik in Deutschland und Europa deutlich gemacht. Die Dringlichkeit einer solchen Politik für den deutschen Wirtschaftsstandort ergibt sich schon daraus, dass seit Jahren mehr Investitionskapital aus Deutschland abfließt als hereinkommt. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) belief sich der Saldo aus Zu- und Abflüssen von Kapital nach und von Deutschland im Jahr 2021 auf minus 100 Milliarden Euro, im Jahr 2022 auf minus 125 Milliarden Euro und 2023 auf minus 94 Milliarden Euro.

Auf das vom amerikanischen Präsidenten auf den Weg gebrachte Subventionsprogramm des „Inflation Reduction Act“ hat die Europäische Kommission mit dem „Net Zero Industry Act“ reagiert. Zudem beauftragte der Europäische Rat den früheren italienischen Ministerpräsidenten Enrico Letta mit einem Bericht über die Zukunft des Binnenmarktes, den dieser im April 2024 vorgelegte. Die EU-Kommission hat bei Mario Draghi, dem ehemaligen Präsidenten der EZB, einen Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der EU in Auftrag gegeben.

Damit ist die Handlungsrichtung für die neue Legislaturperiode des Europäischen Parlaments festgelegt: zukünftig wird es vorrangig nicht mehr um eine klimaneutrale Wirtschaft, sondern um die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortqualität der europäischen Volkswirtschaften gehen.



19.03.2024 18:26 (422 x gelesen)

Das Ende des Verbrenner-Verbots für Pkws?

Als Ursula von der Leyen im Jahr 2019 als frisch gewählte EU-Kommissionspräsidentin ihren „Green Deal“ vorstellte, sprach sie vom „Mann-auf-dem-Mond-Moment“ in Europa. Damit wollte sie als Dank an die europäischen Grünen, die ihre Wahl ermöglicht hatten, Europa zum „ersten klimaneutralen Kontinent“ machen.

Vier Jahre später war es dann soweit: Das EU-Parlament beschloss am 28. März 2023 mit 340 Ja- gegen 279 Neinstimmen das Verbrenner-Verbot für Pkws, den „entscheidenden Meilenstein“, der „die europäische Führungsrolle in Industrie und Technologie stärken werde“, wie die Kommissionspräsidentin auf Twitter verkündete. Nur für Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden, soll eine Ausnahme gelten.  

Aber schon ein Jahr später kam es während der Vorbereitungen zur Europawahl 2024 zu der entscheidenden Kehrtwende: Ursula von der Leyen wollte sich erneut um den Posten der Kommissionspräsidentin bewerben und sollte zu diesem Zweck die Europäische Volkspartei (EVP) als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf führen. Als die CDU/CSU hierfür zusammen mit ihr das Wahlprogramm für die Europawahl vorstellte, war darin weder von einem „Green Deal“ noch von dem „Verbrenner-Verbot“ als dessen Meilenstein die Rede. Stattdessen ist im Wahlprogramm der Satz zu finden: „Wir wollen das Verbrennerverbot wieder abschaffen und die deutsche Spitzentechnologie des Verbrennungsmotors erhalten und technologieoffen weiterentwickeln“. 



01.03.2024 16:51 (445 x gelesen)

Aufruhr im Rat der Wirtschaftsweisen

Die deutsche Wirtschaft leidet unter einer schwachen Konjunktur und kämpft mit massiven Strukturproblemen. Die Ampel-Regierung ist ratlos und glaubt, Deutschland mit einer dirigierenden Energiepolitik und Subventionen an die Industrie wieder auf den Wachstumspfad zurückführen zu können.

Das ist eigentlich die Stunde des „Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, um der hilflosen Ampelregierung zu zeigen, dass ein nachhaltiger Wirtschaftsaufschwung nur mit einer Wirtschaftspolitik erreicht werden kann, die marktwirtschaftlich und angebotspolitisch ausgerichtet ist. Dazu sind die sogenannten Wirtschaftsweisen aber zur Zeit nicht in der Lage, weil sie intern zerstritten sind und sich mit sich selbst beschäftigen.

Stein des Anstoßes ist die renommierte Ökonomin Veronika Grimm, die von Wirtschaftsminister Robert Habeck in den Rat der Sachverständigen berufen wurde und dort seit 2020 mitwirkt. Grimm ist ausgewiesene Energieexpertin, politisch nicht festgelegt und bekennt sich zu einer „liberalen Wirtschaftsordnung“ (siehe FAZ vom 27. Februar 2024). Bei den vier anderen Wirtschaftsweisen handelt es sich um die Ratsvorsitzende Monika Schnitzer, die Berkeley-Professorin Ulrike Malmendier, den von den Gewerkschaften vorgeschlagene Achim Truger und Martin Werding, der von den Arbeitgeberverbänden nominiert wurde.

Von ihren Kollegen/innen im Sachverständigenrat wird Veronika Grimm vorgeworfen, dass sie in den Aufsichtsrat von Siemens Energy eingetreten ist, einem Unternehmen, für das die Bundesrepublik Bürgschaften in Höhe von 7,5 Milliarden Euro übernommen hat. Die vier Sachverständigen sehen darin eine Interessenkollision und haben Grimm aufgefordert, das Aufsichtsratsmandat nicht anzunehmen, anderenfalls sie ihr Amt im Sachverständigenrat niederlegen müsse. Die so Angesprochenen hat beides abgelehnt.   



18.02.2024 13:57 (437 x gelesen)

Die Deindustrialisierung der deutschen Wirtschaft

Industrie und Mittelständler beklagen sich seit Jahren über eine wirtschaftsferne Wirtschaftspolitik und die sich verschlechternden Wettbewerbsbedingungen, ohne von der Politik gehört zu werden. Wirtschaftsvertreter haben insbesondere davor gewarnt, dass der Wirtschaft in Deutschland ein wesentlicher Teil ihrer industriellen Basis wegbricht.

Jetzt – zwei Jahren nach Bildung der Ampel-Regierung - haben Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) öffentlich eingestanden, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland große Probleme hat und international an Wettbewerbsfähigkeit verliert. In dieser neuen Einsicht mag man einen ersten Erfolg sehen, sie bedeutet aber nicht, dass die Ampel-Regierung in der Lage ist, darauf die richtigen Antworten zu geben. Dafür sind die Probleme inzwischen zu groß und die Bundesregierung nach den gemachten Erfahrungen für einen grundsätzlichen Neuanfang zu schwach.

Zu einem solchen Neuanfang gehören zunächst eine ehrliche Lagebeschreibung, danach eine gründliche Analyse der Krisenursachen. Schon daran fehlt es, so dass die bisherigen Lösungsvorschläge wenig helfen. Dazu gehört auch das „Wachstumschancengesetz“ der Bundesregierung, mit dem die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessert und Impulse für Investitionen gesetzt werden sollen. Mit dem Gesetz sollen das Steuersystem vereinfacht und kleine Unternehmen entlastet werden; außerdem enthält das Gesetz Vorkehrungen gegen unerwünschte Steuergestaltungen. Für eine wirksame Wirtschaftswende reichen solche Maßnahmen heute nicht mehr aus.



08.02.2024 18:02 (477 x gelesen)

Umstrittene Verkehrswende

Bürgerbefragung in Paris

Die sozialistische Bürgermeisterin in Paris, Anne Hidalgo, ist fest entschlossen, den öffentlichen Verkehrsraum ihrer Stadt neu zu ordnen. Hierzu hat sie am 4. Februar 2024 die Einwohner der französischen Hauptstadt unter dem Motto "Mehr oder weniger SUV in Paris?" über höhere Parkgebühren abstimmen lassen. Rund 54,5 Prozent der wenigen Teilnehmer stimmten für die Erhöhung der Parkgebühren, rund 45,5 Prozent dagegen. Allerdings beteiligten sich nur knapp sechs Prozent der Bürger an der Abstimmung.

Damit setzte die Stadtverwaltung ihren Plan durch, nach dem für SUV und andere schwere Autos eine Stunde Parken im Zentrum 18 Euro statt üblicherweise 6 Euro kosten soll und in den Außenbezirken 12 Euro statt 4 Euro. Für sechs Stunden Parken im Zentrum werden gar 225 Euro statt bislang 75 Euro fällig. Die neue Regelung soll ab dem 1. September dieses Jahres greifen.

Die Bürgermeisterin begründete ihren Vorstoß damit, viele Klagen über „zu viele große, umweltschädliche Autos“ erhalten zu haben. Diese nähmen „immer mehr Platz auf unseren Straßen, Bürgersteigen und sogar auf unseren Fahrradwegen“ ein, erklärte Anne Hidalgo in einer Videobotschaft.

Von Kritikern wurde der Bürgermeisterin vorgehalten, ein Referendum mit tendenziöser Fragestellung abgehalten zu haben („Anti-SUV-Referendum“), bei dem das Ergebnis erwartbar gewesen sei. Das Referendum stigmatisiere einseitig SUV-Fahrzeuge, die besonders umweltfreundlich seien und sich vor allem wegen ihrer Familienfreundlichkeit durchgesetzt hätten. Beanstandet wurde auch, dass nur die rund zwei Millionen Hauptstädter abstimmen durften, nicht aber die zehn Millionen Menschen in der „Banlieue“, die in erster Linie von den neuen Parkgebühren betroffen sind.

Der Bürgermeisterin geht es um ein politisches Signal über die Stadtgrenzen hinaus: „Mit dieser Abstimmung wollen wir Stopp sagen, Stopp zu den Auswüchsen der Automobilhersteller, die dazu verleiten, immer größere, teurere, rohstoffintensive und umweltschädlichere Fahrzeuge zu kaufen“, sagte sie. Statt solche Autos zu verbieten, will sie dafür sorgen, „dass es unpraktisch wird, sie zu benutzen.“ Von den drei Spuren der Ringautobahn um Paris herum sollen deshalb eine Spur Bussen und Fahrgemeinschaften und eine weitere Spur Fahrrädern vorbehalten bleiben. Die dritte Spur soll als Grünstreifen ausgebaut werden.



16.04.2023 16:17 (735 x gelesen)

Renaissance der Industriepolitik?

In Deutschland geht die Angst um, dass das Land nicht nur in eine Rezession rutscht, sondern seine wirtschaftliche Zukunft überhaupt verspielt. Die Rufe nach einem Investitionsprogramm ähnlich dem „US Inflation Reduction Act (IRA)“ in den USA werden immer lauter. Dieses Gesetz stellt in den nächsten zehn Jahren 369 Milliarden Dollar an Subventionen für klimafreundliche Produkte und Technologien wie Elektroautos, Wärmepumpen, Solarzellen und Windräder bis hin zu Kernkraftwerken bereit.

Die Förderung ist teilweise daran gebunden, dass die Güter in den USA oder in Ländern wie Kanada oder Mexiko produziert werden, mit denen die USA Freihandelsabkommen geschlossen haben. Europa gehört nicht dazu. Das benachteiligt Importe aus Europa und schafft Anreize für europäische Unternehmen, Produktionsstandorte nach Amerika zu verlagern. Verhandlungen zwischen den USA und der EU darüber, die Förderung auch für europäische Produkte zu öffnen, sind bisher ohne Ergebnis geblieben.

Mittlerweile haben zahlreiche Unternehmen in Deutschland bekannt gegeben, dass sie zukünftig in den USA auf Grund der dortigen Fördermöglichkeiten und Standortvorteile verstärkt investieren werden. Ein Beispiel ist die RWE, Deutschlands größter Kraftwerksbetreiber: das Unternehmen will bis 2030 aus der Kohle aussteigen und zum globalen Ökostromerzeuger werden. Zu diesem Zweck hat RWE den Solarstromentwickler „Con Edison Clean Energy Businesses“ in den USA für sieben Milliarden Euro erworben und wird dort zu einem der führenden Unternehmen für Erneuerbare Energien.

Vorstandschef Markus Krebber verbindet dieses Investment mit einem Loblied auf die USA, die „einer der attraktivsten und am schnellsten wachsenden Märkte für erneuerbare Energien“ seien. RWE werde dort seine Investitionen definitiv weiter erhöhen, so Krebber. Denn man erwarte eine Reindustrialisierung der USA mit steigendem Energiebedarf.

Die deutsche Bundesregierung und die Europäische Kommission stehen deshalb unter erheblichem Druck, auf die amerikanischen Initiative mit einem vergleichbaren Wachstumsprogramm zu reagieren. Dabei geht es nicht nur um eine Antwort auf das klimapolitische IRA-Programm, sondern vor allem um die Beseitigung der allgemeinen Standortnachteile Deutschlands gegenüber den USA.



11.04.2023 14:48 (753 x gelesen)

Der „US Inflation Reduction Act (IRA)“

Im August 2022 unterzeichnete US-Präsident Biden den “US Inflation Reduction Act (IRA)”. Mit diesem Gesetz reagierte die amerikanische Regierung auf die aktuellen Probleme der USA: 1. Die Deindustrialisierung und Verarmung ganzer Landstriche; 2. Das infolge der Globalisierung gewachsene Risiko bei der Versorgung mit lebenswichtigen Gütern; 3. Die technologische, wirtschaftliche und militärische Bedrohung durch China. Also müssen junge Industrien gefördert und geschützt werden – mit einer Kombination aus Subventionen und Protektionismus.

Insgesamt sieht das Gesetz Gesamtausgaben von 725 Milliarden US-Dollar vor. Die Mittel sollen über einen Zeitraum von 10 Jahren unter anderem als Steuergutschriften an Käufer von Elektrofahrzeugen, umweltfreundlichen Technologiegütern sowie von Ökostrom fließen. Außerdem sieht das Gesetz staatliche Zuschüsse für klimafreundliche Projekte vor. Insgesamt planen die USA Investitionen in Höhe von 374 Milliarden US Dollar in den Klimaschutz und die Stärkung der Zukunftsbranchen. 

Beeindruckend ist auch die Gegenfinanzierung dieses Investitionsprogramms: Die US-Regierung plant keine Kreditaunahme, sondern eine Mindeststeuer von 15 Prozent für die großen Tech-Konzerne, die ihre Gewinne unversteuert im Ausland bunkern. Damit löst die Biden-Regierung gleichzeitig ein Steuerproblem, was bei der europischen Diskussion über das IRA-Programm gern unterschlagen wird.



01.03.2021 21:42 (1283 x gelesen)

MIT-Beschluss zu Corona

vom 26.02.2021

Der MIT-Bundesvorstand hat am 26. Februar 2021 zur Corona-Pandemie folgenden Beschluss gefasst:

Der Lockdown belastet unsere Gesellschaft in einer Dimension, wie wir es seit Ende des zweiten Weltkriegs nicht mehr erlebt haben. Die Wirtschaft ist in schweres Fahrwasser geraten, ganze Branchen kämpfen ums Überleben, unsere Innenstädte drohen auszubluten. Gleichzeitig häufen wir neue Schulden an und verengen damit die Spielräume künftiger Generationen. Dabei sind gerade die Jüngsten in unserer Gesellschaft schon heute durch geschlossene Kitas und Schulen massiv betroffen. Nicht wenige von ihnen dürften als Bildungsverlierer aus dieser Kreise kommen. Kurzum: Eine Corona-Politik, die allein auf das Instrument „Lockdown“ setzt, nimmt schwere Spätfolgen in Kauf. Umso dringender braucht es jetzt einen neuen Strategieansatz. Wirtschaftliches und gesellschaftliches Leben muss auch in Corona-Zeiten ermöglicht werden.



04.02.2021 23:32 (1254 x gelesen)

Corona-Strategie

Merkels Corona-Politik

Seit drei Monaten ist das Land im zweiten Lockdown, doch die Bilanz bleibt ernüchternd. Noch immer stecken sich zu viele Menschen an. Doch die Bundeskanzlerin erzählt der Öffentlichkeit: „Im Großen und Ganzen“ ist nichts schiefgelaufen.

Diese Meinung teilt Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) explizit nicht: „Europa hinkt beim Impffortschritt deutlich hinterher. Großbritannien, Israel, die USA – alle diese Länder haben es besser gemacht“, sagte er der Tageszeitung DIE WELT.

Heiner Garg kritisiert insbesondere den Politikstil von Angela Merkel: „Am meisten nervt mich inzwischen die Art und Weise, in der die Ministerpräsidentenkonferenzen mit der Kanzlerin vorbereitet werden. Eine Woche vor dieser Sitzung äußern sich bestimmte Leute, was alles passieren könnte, wenn man dem vom Kanzleramt vorgegebenen Weg nicht folgt. Einen Tag vor der Konferenz wird dieser Weg dann zu Papier gebracht, gerät an die Öffentlichkeit und wird dann mehr oder weniger konsequent verabschiedet. Die Länder dürfen das dann umsetzen.“

Über den Politikstil der Kanzlerin ist schon häufiger diskutiert worden. Der Öffentlichkeit wird von bestimmten Leuten erzählt, dass sie „ihre Politik generell vom Ende her gestaltet“. Gemeint ist damit, dass sie als Naturwissenschaftlerin zielgerichtet handelt und die einzelnen Schritte dahin sorgfältig plant. Doch so hat Angela Merkel noch nie Politik gemacht.

Die richtige Metapher für Merkels Politikstil ist vielmehr „das Fahren auf Sicht“. Sie begründet diese Art des Regierens damit, dass sich die Politik meistens in einer Situation befindet, die sich rasant ändert. Deshalb mache eine langfristige Strategie keinen Sinn, sondern die Politik müsse sich täglich neu erfinden. Für diesen Politikstil von Angela Merkel gibt es viele Beispiel: die Bankenkrise 2008, die Staatsschuldenkrise 2010, der Atom-Ausstieg 2011 und die Grenzöffnung für Flüchtlinge 2015. Nie hatte sie einen langfristigen Plan, sondern sie ist immer auf Sicht gefahren.

So will Angela Merkel nun auch die Corona-Krise meistern: Je nach der Entwicklung von R-Wert und Inzidenz entscheidet ein kleiner Kreis im Kanzleramt, was zu tun ist. Meistens geht es dabei um eine Verschärfung der Kontakt- und Mobilitätsbeschränkungen, nicht aber um eine langfristige Strategie zur Bekämpfung der Pandemie. In den Spitzentreffen wird nur noch abgenickt, was im Kanzleramt beschlossen wurde. Das Parlament taucht in diesem Entscheidungsverfahren nicht auf.    

Doch diesmal geht es nicht um Staatsschulden, Atomenergie oder Flüchtlinge, sondern um die Gesundheit und das Leben von Bürgern, die durch das Corona-Virus gefährdet sind. Mit einem „Fahren auf Sicht“ wird die Politik diese Herausforderung nicht meistern.



29.12.2020 15:14 (1313 x gelesen)

15 Jahre Merkel´sche Wirtschaftspolitik

(Teil 2)



29.12.2020 12:06 (1275 x gelesen)

15 Jahre Merkel´sche Wirtschaftspolitik

Die Union stellt seit 15 Jahren mit Angela Merkel die Bundeskanzlerin: dreimal in einer Koalition mit der SPD (2005-2009, 2009-2013, 2017-2021) und einmal mit der FDP (2013-2017).

Die Bundesregierung stand in diesen Jahren wirtschaftspolitisch mehrfach vor großen Herausforderungen: durch plötzliche Wirtschaftskrisen (Banken- und Wirtschaftskrise, Staatsschuldenkrise, Corona-Pandemie) oder aufgrund politischer Megavorhaben (Energiewende, ökologische Transformation). Angela Merkel stand dabei immer im Mittelpunkt, entweder als Krisenmanagerin oder als Bundeskanzlerin. 

Die Kanzlerschaft von Angela Merkel wird voraussichtlich im Jahr 2021 enden. Man wird dann feststellen, dass sie ihrem Nachfolger kein fertiges Haus, sondern zahlreiche unerledigte Baustellen hinterlässt: Die Corona-Pandemie hat die europäische Wirtschaft erneut tief getroffen, ohne dass ein Ende absehbar ist. Gleichzeitig steigen die Staatsschulden in den südlichen Ländern mit Hilfe der EZB in Rekordhöhe. Und an Europas Grenzen grassiert die illegale Einwanderung, weil die EU sich über deren Eindämmung nicht einig ist.  

Die deutsche Wirtschaft sieht sich vor allem durch die Energiewende in ihrer Wettbewerbsfähigkeit bedroht. Der Politik gelingt es zwar, die fossilen und atomaren Energieanlagen (Atom, Stein- und Braunkohle) zügig stillzulegen, weniger erfolgreich ist die Bundesregierung jedoch beim Ausbau der benötigten Alternativen (Wind und Sonne). Es will auch nicht gelingen, mit all den klimapolitischen Anstrengungen einen nachweisbaren Beitrag zur Verminderung der Erderwärmung zu präsentieren. Sicher ist nur, dass mit der energiepolitischen Transformation die Verbraucher und die deutsche Wirtschaft erheblich belastet werden. Die derzeitigen Entlassungen in der Automobilindustrie geben einen Vorgeschmack davon, was auf die deutsche Industrie noch zukommen wird.

Es ist deshalb an der Zeit, die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung in den letzten fünfzehn Jahren auf den Prüfstand zu stellen. Es soll dabei insbesondere auch um die Frage gehen, was aus der CDU, die Konrad Adenauer und Ludwig Erhard zu ihren Gründungsvätern zählt, in dieser Zeit geworden ist.



06.06.2020 22:16 (1397 x gelesen)

Mit "Wumms" aus der Wirtschaftskrise

Was Bundesfinanzminister Olaf Scholz unter einem „Wumms“ versteht, liegt nun auf dem Tisch.  Anfang Juni 2020 teilte die schwarz-rote Bundesregierung der Öffentlichkeit mit, dass sie 130 Milliarden Euro in die Hand nehmen will, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bekämpfen.

Schon mit dem ersten Corona-Rettungspaket über gut 120 Milliarden Euro im April war Scholz „in die Vollen“ gegangen, wie er selbst sagte. Doch schon bei Ausbruch der Corona-Krise war absehbar, dass noch weitere Konjunkturhilfen nötig sein würden, um die Wirtschaft nach dem politisch verordneten Stillstand wieder in Schwung zu bringen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das jetzt beschlossenen Konjunktur- und Krisenpaket geeignet ist, die dazu  erforderlichen Impulse zu setzen.

Zweifel bestehen schon aufgrund des Umfangs der beschlossenen Maßnahmen: Die beschlossenen Maßnahmen im Werte von 130 Milliarden Euro machen knapp vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Erwartet wird jedoch, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um etwa acht Prozent einbrechen und sich erst im nächsten Jahr langsam erholen wird. Das Konjunktur- und Krisenpaket ist deshalb eher unter- als überdimensioniert.

Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei den beschlossenen Maßnahmen nicht nur um ein kurzfristig wirksames Konjunktur- und Krisenpaket handelt, sondern die Bundesregierung mit dem Paket  auch langfristige Zukunftsprojekte auf den Gebieten der Energie und  Digitalisierung verwirklichen will. Insgesamt sind 50 Milliarden Euro dafür vorgesehen, sodass nur noch 77 Milliarden Euro auf das eigentliche Konjunkturprogramm entfallen. Dies ist viel zu wenig, um der Wirtschaft kurzfristig zu helfen.



13.04.2020 19:32 (1489 x gelesen)

Corona-Krise - ohne Ende?

Alle Welt sucht nach dem richtigen Weg aus der Corona-Krise, auch die Bundesregierung. Wie kann man die Bevölkerung vor dem ansteckenden Virus und die Wirtschaft vor dem Kollaps schützen?

Die Bundesregierung hat in Abstimmung mit den Ländern und Kommunen zur Eindämmung der Corona-Krise bisher folgende Maßnahmen auf den Weg gebracht:

• Die Krankenhauskapazitäten wurden aufgestockt, um die Pandemie zu bekämpfen. Inzwischen gibt es mehr Intensivbetten als benötigt werden.
• Umfassende Ausgangssperren, Kontakt- und Veranstaltungsverbote etc. (Lockdown) wurden angeordnet, damit sich der Virus nicht weiter verbreitet. Seitdem hat sich die Infektionsrate vermindert. Gleichzeitig sind große Teile der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Lebens zum Erliegen gekommen.
• Den wirtschaftlichen Kollateralschaden will die Politik mit finanziellen Hilfen (Darlehen, Subventionen, Steuervergünstigungen etc.) ausgleichen bzw. mildern. Gleichwohl ist zu befürchten, dass viele Unternehmen die Corona-Krise nicht überstehen werden.  

Die Bundes- und Landesregierungen stehen dabei vor einer schwierigen Abwägungsfrage: Der Lockdown dient dem Gesundheitsschutz, kostet aber nach den Berechnungen des Ifo-Instituts wöchentlich etwa 25 bis 50 Milliarden Euro an Wertschöpfung. Solche Kosten können nicht dauerhaft durch staatlichen Hilfsprogrammen aufgefangen werden. Schon jetzt gerät der Staat an seine Grenzen. Der Gesundheitsfonds schrumpft massiv. Die Reserven der Bundesagentur für Arbeit reichen höchstens noch bis Ende dieses Jahres.

Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit der bisherigen Maßnahmen hat bereits begonnen.  



11.04.2020 19:05 (1475 x gelesen)

Ethikrat fordert Debatte über Corona-Exit

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mahnt zur Geduld, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auch. Erst nach Ostern, darauf haben sich die Bundesregierung und die Länder verständigt, soll über mögliche Lockerungen des Lockdowns (Ausgangssperre) beraten werden. Der Ethikrat findet das falsch. Es sei "nie zu früh, über Kriterien für Öffnungen nachzudenken", sagte Vorsitzender Peter Dabrock vor Journalisten.

Was ist der Ethikrat? Der Ethikrat ist ein unabhängiges, von der Regierung eingesetztes Beratungsgremium. Ihm gehören 26 Mitglieder an, vor allem Mediziner, Juristen, Naturwissenschaftler und Theologen. Das Gremium hat den Auftrag, die Öffentlichkeit zu informieren, Diskussionen in der Gesellschaft zu fördern und die Bundesregierung sowie den Bundestag zu beraten. Vor allem geht es um ethische, gesellschaftliche, naturwissenschaftliche, medizinische und rechtliche Fragen und deren Folgen.

Im Rahmen dieses Auftrags hat sich der Ethikrat mit einer Ad-hoc-Empfehlung zur Corona-Krise zu Wort gemeldet. Darin wendet er sich gegen die oft geäußerte Meinung, Krisen seien „die Stunde der Exekutive“. Dies greift nach Meinung des Ethikrates zu kurz. „Die aktuell zu klärenden Fragen berühren die gesamte Gesellschaft; sie dürfen nicht an einzelne Personen oder Institutionen delegiert werden. Gerade schmerzhafte Entscheidungen müssen von den Organen getroffen werden, die hierfür durch das Volk mandatiert sind und dementsprechend auch in politischer Verantwortung stehen. Die Corona-Krise ist die Stunde der demokratisch legitimierten Politik.“



05.04.2020 22:59 (1602 x gelesen)

Corona-Pandemie

Was sind die Aufgaben eines Staates? Die Antwort lautet: Zu allererst die allgemeine Gefahrenabwehr, egal woher die Gefahr kommt. Das kann auch eine Virus-Epidemie (Pandemie) sein.

Überraschenderweise war es Bill Gates, der dieses Thema im Jahr 2017 auf der Münchener Sicherheitskonferenz als erster zur Sprache brachte. „Wir müssen uns auf Epidemien vorbereiten, wie sich das Militär auf den Krieg vorbereitet. Das bedeutet nicht nur, dass das Militär seine medizinischen und logistischen Kapazitäten in den Dienst der Virus-Bekämpfung stellen muss, sondern dass die Öffentlichkeit für den Ernstfall einer Pandemie probt und die Verhaltensregeln einübt.“

Bill Gates machte dazu den Vorschlag, eine sogenannte Impfstoff-Plattform zu etablieren. „Sie soll Wissenschaftlern dabei helfen, einen universell anwendbaren Impfstoff zu finden, der durch geringfügige Änderungen gegen verschiedene Krankheiten eingesetzt werden kann. Grundlagen-Forschung hierzu gibt es bereits, allerdings fehlen finanzielle Mittel.“

Außerdem forderte er, das Gesundheitssystem in den weniger entwickelten Ländern zu unterstützen, nicht etwa um die weltweite Ungleichheit zu bekämpfen, sondern vielmehr, weil das im Interesse aller Staaten liegt: „Nur so kann eine globale Pandemie verhindert werden.“



19.09.2019 17:37 (1877 x gelesen)

Beschleunigung von Infrastrukturinvestitionen

Ralph Brinkhaus, Chef der CDU-Fraktion im Bundestag, will die Klagemöglichkeiten von Bürgern und Umweltverbänden gegen Infrastrukturprojekte einschränken. „Wir können nicht jeden einzelnen Bürgerbelang vor das Gemeinwohl stellen“, sagte er Mitte September 2019 gegenüber der Presse.

Er wolle „keinem Bürger das Recht nehmen“ zu klagen. „Aber ich will verhindern, dass ein Projekt durch überlange Verfahren praktisch lahmgelegt wird“, so der CDU-Politiker weiter. Man solle „mit neuem Blick noch mal schauen, wo und wie man Verfahren straffen und beschleunigen“ könne. Er habe „hohen Respekt vor Artenschutz“, aber bei den Vorschriften zum Naturschutz habe er „das Gefühl, dass die Verhältnismäßigkeit nicht mehr zu stimmen scheint. Da sind wir vielleicht aus der Balance geraten“.

Nach diesem Vorstoß legten fünf  CDU-Politiker, darunter der Generalsekretär Paul Ziemiak und MIT-Chef Carsten Linnemann, einen 11-Punkte-Plan vor, um „nationale Infrastrukturprojekte zu beschleunigen“. Zur Beschleunigung sollen das Klagerecht von Umweltverbänden eingeschränkt, das Personal in Behörden aufgestockt und Bürger besser beteiligt werden.



27.05.2019 20:20 (1959 x gelesen)

Enttäuschung der Wirtschaft

Proteste der Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft ist alarmiert. Noch nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen gehörte der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) zu den Befürwortern einer neuen großen Koalition – aus der Sorge, unter einer Minderheitsregierung gebe es nur Stillstand. Ein Jahr später gab sich BDI-Präsident Dieter Kempf  auf dem Tag der deutschen Industrie in Berlin keine Mühe mehr, seinen Unmut über die Arbeit der großen Koalition zu verbergen.

Deutschland habe eine „Regierung im permanenten Selbstgespräche-Modus“, kritisierte Kempf  und präsentierte der Bundesregierung eine Liste unerledigter Angelegenheiten, die von niedrigen Strompreisen bis hin zu einer Reform der Unternehmenssteuern reichte. „Seit drei Legislaturperioden verspricht die Bundesregierung schnelles Internet“, rügte Kempf.  Stattdessen vergeude sie  ihre Kraft mit internen Querelen.

Schon zuvor hatte der ehemalige Chef der BASF, Jürgen Hambrecht, die Bundesregierung in einem persönlichen FAZ-Beitrag aufgefordert, „weniger zu reden und mehr zu machen“. Er warnte vor unrealistischen Zielen bei der Energiewende: „Eine fast vollständige Reduktion der Treibhausgase um 95 Prozent ist aus heutiger Sicht weder technisch noch wirtschaftlich, noch gesellschaftlich vorstellbar. Trotzdem wird sie weiterhin ernsthaft diskutiert.“ Hambrecht forderte von der Bundesregierung „mehr Augenmaß beim Planen, mehr Bescheidenheit beim Ankündigen, dafür umso mehr Mut und Entschlossenheit beim Umsetzen. Daran wird sich die Zukunft Deutschlands entscheiden.“



11.04.2019 17:15 (1855 x gelesen)

Merkel´s wirtschaftspolitische Hinterlassenschaften

Ende des Aufschwungs

Die fünf „Wirtschaftsweisen“ warnten Angela Merkel schon im Herbst 2018 bei der Übergabe ihres neuesten Gutachtens,  dass sich der bald ein Jahrzehnt währende Aufschwung in Deutschland zunehmend abschwächt. Für das Jahr 2019 sagten sie eine Abschwächung des Wachstums auf nur noch 1,5 Prozent voraus. Danach lagen die Ökonomen unterhalb der Herbstprognose der Bundesregierung, die für 2019 ein  Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent erwartete.

Dass solche Annahmen deutlich zu optimistisch waren, zeigte die im April  2019 veröffentlichte Wachstumsprognose der fünf führenden Konjunkturforschungsinstitute. Darin wurde das für 2019 erwartete Wirtschaftswachstum auf 0,8 Prozent reduziert. „Der langjährige Aufschwung der deutschen Wirtschaft ist zu Ende“, sagte Oliver Holtemöller (IWH) zu dieser Prognose. „Sowohl das Ausmaß der inländischen Produktionshemmnisse als auch die Abkühlung der Weltkonjunktur wurden unterschätzt“, heißt es in der Analyse der fünf beteiligten Institute. „Die Gefahr einer ausgeprägten Rezession halten wir jedoch bislang für gering“.

Die Hiobsbotschaft der Ökonomen fiel mit der Nachricht aus der Wirtschaft zusammen, wonach die Auftragseingänge der Industrie im Februar unerwartet stark um 8,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen waren. Das war der stärkste Rückgang seit der Finanzkrise vor einer Dekade. Die Bundesregierung erklärte dies mit dem schwächeren Wachstum in China, den anhaltenden Handelskonflikten mit den USA und mit der Unsicherheit über den Brexit.  Handlungsbedarf sah sie nicht, weil am Arbeitsmarkt weiterhin kein negativer Trend zu erkennen war und die Bevölkerung trotz der pessimistischen Wirtschaftsprognosen optimistisch gestimmt blieb.



11.02.2019 23:53 (2040 x gelesen)

"Nationale Industriestrategie"

Die Anfang Februar 2019 von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) der Öffentlichkeit vorgestellte „Nationale Industriestrategie“ hat eine heftige Debatte über die Richtung der deutschen Wirtschaftspolitik ausgelöst. Umstritten sind insbesondere folgende Ziele und Maßnahmen:

• Die Bundesregierung will die deutsche Industrie vor dem chinesischen Expansionstreben „schützen“, soweit politische Interessen Deutschlands tangiert sind. Hierzu sollen das Außenhandelsgesetz verschärft und die Möglichkeit von Staatsbeteiligungen erweitert werden.
• Die Bundesregierung will auf nationaler und europäischer Ebene die Bildung von „nationalen Champions“ erleichtern, um die Unternehmen robuster und wettbewerbsfähiger zu machen. Dementsprechend sollen Zusammenschlüsse von Unternehmen durch eine Änderung des Wettbewerbsrechts erleichtert werden.
• Die Bundesregierung erwartet von der deutschen Industrie, dass sie den Rückstand bei „zukunftsfähigen Technologien“ wie der Elektromobilität, dem Internet und der Künstlichen Intelligenz durch zusätzliche Investitionen beseitigt. Die Bundesregierung will solche Investitionen mit Finanzhilfen und Beteiligungen fördern.

Mit seinen industriepolitischen Vorschlägen bekennt sich der Wirtschaftsminister offen zu einer Wirtschaftspolitik des Merkantilismus, bei der die Regierung steuernd in die wirtschaftlichen Prozesse eingreift, um politische Ziele zu erreichen. Auf die Soziale Marktwirtschaft im Sinne von Ludwig Erhard kann sich Altmaier nicht berufen, weil dessen Verständnis von Wirtschaftspolitik darin bestand, der Wirtschaft einen Ordnungsrahmen vorzugeben, in dem sie sich frei bewegen kann. Zudem war es für Erhard undenkbar, dass sich Politiker anmaßen „konkrete Technologien oder Unternehmen benennen zu können, die eine ´strategische´ Bedeutung für die Volkswirtschaft haben.“ So sieht es auch die Mehrheit im Sachverständigenrat.



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