50 Jahre MIT I
(am 28. April 2006 auf den "Petersberg")
Guten Abend, meine Damen und Herren, verehrte Gäste, liebe Freunde und Mitglieder unserer MIT, an deren Gründung vor fünfzig Jahren wir heute und morgen erinnern wollen. Mit dem Petersberg haben wir einen geschichtsträchtigen Ort gewählt. Nur wer weiß, wo er herkommt, findet auch den Weg in die Zukunft. Deshalb wollen wir heute Abend auf fünfzig Jahre MIT-Geschichte zurückblicken und morgen einen Blick in die Zukunft richten.
Strukturpolitik auf Abwegen
Für die Wirtschaftspolitik der von Angela Merkel geführten Bundesregierungen ist kennzeichnend, dass es kaum noch Initiativen für eine marktwirtschaftlich orientierte Reformpolitik gibt. Andererseits ist das Feld subventionierter Aktivitäten im Bereich der regionalen und sektoralen Strukturpolitik immer größer geworden. Mit anderen Worten: Strukturpolitische Maßnahmen sind der Ersatz für den erlahmenden Reformwillens in der Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Schon aus ordnungspolitischer Sicht besteht bei der Strukturpolitik dringender Handlungsbedarf. Es sind vor allem die Grenzenlosigkeit und die Kleinteiligkeit strukturpolitischer Maßnahmen, die bedenklich sind. Ein übergeordnetes Konzept für die Förderpolitik ist nicht zu erkennen. Strukturpolitik hat inzwischen viel mit Umverteilung und immer weniger mit Wirtschaftspolitik zu tun. Es geht dabei nicht um Zukunftsinvestitionen und Wirtschaftswachstum, sondern um die Sicherung des "status quo" und die Befriedigung von Interessengruppen.
Der wirtschaftspolitische Hebel, um die Strukturpolitik zu reformieren, ist der Subventionsabbau. Es empfiehlt sich, alle Subventionen gleichermaßen stark zu kürzen. „Subventionen sollten mit dem Rasenmäher gekürzt werden“, sagt der IfW-Experte Alfred Boss. Denn „sobald die Politik anfängt, gezielt zu kürzen, steht sofort jemand auf der Matte und fragt, warum ausgerechnet bei ihm gekürzt wird.“
Merkels Krisenmanagement im Konflikt mit dem "Recht"
Das öffentliche Bild von Angela Merkel ist ganz wesentlich durch die „Großen Krisen“ geprägt worden, mit denen sie in ihrer Regierungszeit konfrontiert wurde. Solche Krisen sind für Politiker im Allgemeinen eine „ideale Situation“ (Dirk Kurbjuweit). Denn sie schaffen eine Situation der Sorgen und Angst, die eine ganz andere Art von Politik möglich macht, frei von den Hemmnissen und Kalamitäten, die Politik sonst so schwerfällig machen. Der parteipolitische Streit tritt hinter die als notwendig erachteten Entscheidungen zurück, und die Medien nehmen sich meistens auch zurück. Krisen bieten deshalb die Chance, politische Führung und Handlungsfähigkeit zu zeigen. Zumindest muss die Regierung den Eindruck erwecken, sie habe „die Herrschaft über das Geschehen“ (Herfried Münkler).
Angela Merkel hat in ihrer Regierungszeit mehrfach unter Beweis gestellt, dass sie die Möglichkeiten kennt, die politische Krisen bieten. Das positive Bild von Angela Merkel in der Öffentlichkeit ist dadurch entscheidend geprägt worden. Dabei wurden die Pannen und Fehler im Krisenmanagement gern übersehen. Man lobte sie wegen der schnellen Ergebnisse und vergaß darüber die langfristigen Folgen und Risiken. Selbst über Verstöße gegen Gesetze, Verträge und Ordnungsprinzipien ging man großzügig hinweg.
Die Verbindlichkeit des Rechts gilt jedoch auch für die Bundesregierung. Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes schreibt ausdrücklich vor, dass die „vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden“ ist. Dies gilt auch in Krisenzeiten. Das Motto „Not kennt kein Gebot“ ist keine Rechtfertigung für Verstöße gegen geltendes Recht.
Die Europäische Zentralbank als Retter letzter Instanz
Die europäische Bankenkrise begann bereits im Sommer 2007, also weit vor dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im September 2008. Um notleidende Banken mit Liquidität zu versorgen, sah sich die Europäische Zentralbank (EZB) schon damals gezwungen, die Geldschleusen zu öffnen. Dies geschah unbemerkt von der Öffentlichkeit, nur einige Regierungen wurden darüber informiert. Der damalige EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sagte der FAS am 29. Dezember 2013 in einem Interview: "Eine weitere sehr bedeutende Entscheidung fiel im August 2007, als die Krise begann und der Geldmarkt zusammenbrach. Damals haben wir zum ersten Mal beschlossen, den Banken so viel Geld zu geben, wie sie haben wollten, ohne Grenze. Das war eine schwierige Entscheidung, weil sie völlig unkonventionell war und weil wir sie in kürzester Zeit treffen mussten, innerhalb weniger Stunden.“
Ob die EZB dafür ein Mandat hatte, ließ Jean-Claude Trichet offen. Er rechtfertigte sich damit, dass diese Maßnahme nur „für eine Übergangszeit“ gelten sollte, um den Regierungen Zeit zu geben, die Bankenrettung in Angriff zu nehmen. Er erkannte aber die damit verbundenen langfristigen Risiken: „Das größte Risiko ist, dass Regierungen, Banken und Märkte sich nicht verändern. Wenn das passiert, werden wir irgendwann große Probleme haben. Das können Blasen sein, die entstehen, aber auch Inflation. Und paradoxerweise könnte es auch Deflation sein“.
Der endgültige Rettungsschirm (ESM)
Am 27. Oktober 2010 erklärte Angela Merkel im Deutschen Bundestag, dass der vorläufige Rettungsschirm (ESFS) planmäßig im Jahr 2013 auslaufen werden. Keine vier Wochen später galt dies schon nicht mehr. Denn in Brüssel hatte sich die Auffassung durchgesetzt, dass der ESFS durch einen dauerhaften Rettungsschirm mit deutlich erweiterten Kompetenzen ersetzt werden sollte. Hierzu beschloss der Europäische Rat am 25. März 2011 zu Artikel 136 AEU-Vertrag folgende Vertragsergänzung:
„Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Währungsraums insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.“
Zweck dieser Vertragsergänzung war es, dem dauerhaften Rettungsschirm eine eindeutige Rechtsgrundlage zu geben, um den Kritikern des Rettungskurses den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Wachsende Staatsverschuldung in Südeuropa
In den ersten Jahren der Euro-Währungsunion floss viel Geld zu günstigen Bedingungen von Banken und institutionellen Anlegern aus Länder wie Deutschland und den Niederlanden in die südlichen EU-Ländern wie Portugal oder Griechenland. Dort wurden die Gelder unter anderem für Immobilienfinanzierungen und für den Erwerb von Staatsanleihen verwendet. Diese Geldtransfers sorgten in Südeuropa nicht nur für ein kräftiges Wirtschaftswachstum, sondern auch für eine starke Expansion des staatlichen Sektors. Die Zahl der Staatsbediensteten und Pensionäre wuchs ebenso wie die Höhe ihrer Gehälter und Pensionen. Zudem investierte der Staat großzügig in vielfach überdimensionierte Infrastrukturprojekte, vor allem in Autobahnen, Flugplätze und Ferienanlagen. Viele davon sind heute Investitionsruinen.
Die Exzesse der privaten und öffentlichen Verschuldung wurden durch regulatorische Fehlanreize begünstigt: Anleger und Banken verzichteten auf die üblichen Bonitätsprüfungen, weil Staatsanleihen schon „aufsichtsrechtlich“ als risikolose Papiere galten. Außerdem blieben die in den EU-Verträgen vorgesehenen Verschuldensregeln weitgehend wirkungslos. Die Folgen dieses kreditfinanzierten Expansionskurses lässt sich an der Entwicklung der Staatsschuldenquoten (Schulden in Relation zum BIP) ablesen: Sie stieg für Griechenland von 97 Prozent 2003 auf 179 Prozent 2013, für Spanien von 49 Prozent 2003 auf 92 Prozent 2013 und für Portugal von 57 Prozent 2003 auf 129 Prozent 2013. Die zulässige Obergrenze nach dem Maastricht-Vertrag (Stabilitätspakt) liegt bei 60 Prozent.
Kreditfinanziertes Wachstum in Südeuropa
Die Europäische Währungsunion funktionierte fast ein Jahrzehnt reibungslos. Die Euro-Skeptiker unter den Wirtschafts- und Finanzexperten schienen widerlegt. Die Inflation war niedrig, und die Europäische Zentralbank gewann zunehmend an Bedeutung und Vertrauen. Der Euro entwickelte sich zur zweitwichtigsten Reservewährung, und der europäische Finanzmarkt wuchs mehr und mehr zusammen. Es schien sich zu bewahrheiten, dass der Euro die Nachfolge der starken D-Mark angetreten hatte. Dementsprechend sanken die Zinsen in den südlichen Ländern Europas auf deutsches Niveau, was als zunehmende Konvergenz der Volkswirtschaften gedeutet wurde. Für die Politik gab es viel zu feiern, vor allem in Zeiten, in denen die jeweiligen Regierungschefs der Euro-Länder die EU-Ratspräsidentschaft inne hatten. Das heraufziehende Gewitter wollte niemand sehen.
Der kollektive Vertragsbruch
Am 7. Mai 2010 vollzog die Bundesregierung - nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit - eine grundsätzliche Kehrtwende der deutschen Europapolitik.
An diesem Tag erklärte sich Angela Merkel auf dem Euro-Gipfel der Staats- und Regierungschefs damit einverstanden, dass ein „Europäischer Rettungsschirm“ mit einem Volumen von 500 Mrd. Euro geschaffen werden sollte. Zweck dieses Rettungsschirms sollte es sein, Euro-Staaten im Krisenfall bei der Lösung ihrer Finanzierungsprobleme zu helfen. Ebenfalls am 7. Mai 2010 trat der Deutsche Bundestag zusammen und beschloss das erste Hilfspaket für Griechenland in Höhe von 110 Mrd. Euro, um das Land vor einer Staatspleite zu retten. Einen Tag vorher, am 6. Mai 2010, hatte sich der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) bereits darauf verständigt, dass die Bank Staatsanleihen von Krisenstaaten ankaufen sollte. Auch dazu erklärte Angela Merkel auf dem Gipfeltreffen „stillschweigend“ ihr Einverständnis.
Mit diesen Entscheidungen wurden zwei Grundregeln der Euro-Währungsordnung, nämlich das zwischenstaatliche „Beistandsverbot“ und das „Verbot der monetären Staatsfinanzierung“, faktisch außer Kraft gesetzt. Beide Regeln hatte Helmut Kohl bei den Verhandlungen über den Maastricht-Vertrag im deutschen Interesse gegen den Widerstand Frankreichs und der Südländer durchsetzen können.
Braun- und Steinkohle
und der "Energiewende-Traum"
Der von Klimaschützern bemühte Traum von der Energiewende ging ungefähr so: „Deutschland steigt aus der Nuklearenergie aus und setzt stattdessen auf erneuerbare Energien, vor allem auf Sonne und Wind. Wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht, springen flexible und saubere Gaskraftwerke ein. So verschwindet neben dem gefährlichen Atomstrom auch der schmutzige Kohlestrom. Die Luft wird sauberer und Deutschland glänzt als Vorreiter beim Klimaschutz.“
So dachten SPD und Grüne, als sie im Jahr 2000 das EEG und etwas später den Atomausstieg beschlossen. Und so waren die Ideen, als CDU und CSU im Jahr 2011 Angela Merkel bei der Umsetzung des beschleunigten Atomausstiegs folgten. Inzwischen ist dieser Traum von der Energiewende jedoch geplatzt.
Die deutsche Bankenkrise
Der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers wurde in einigen deutschen Medien nicht als das Scheitern einer Bank, sondern als das Ereignis einer politischen Zeitenwende interpretiert. So schrieb Hans-Ulrich Jörges im STERN:
„Das ist ein Epochenbruch: das Scheitern der neoliberalen Verheißung, das Ende des Glaubens an den selbstregulierenden, klugen, lernfähigen, Wohlstand schaffenden Markt, der Untergang des Investmentbanking als Renditemaschine. Und die Rückkehr des Staates als Hüter des Gemeinwohls, als politischer Regisseur auf der Bühne der Globalisierung“.
Mit dieser ideologisch gefärbten Deutung der Krise traf Hans-Ulrich Jörges den für Deutschland typischen Nerv. Man sah sich durch die Krise in dem Misstrauen in die Funktionsfähigkeit der Märkte bestätigt und setzte auf den Staat als Retter. Dass auch Staatsversagen die Krise verursacht haben konnte, wollte man nicht wahrhaben.
Die internationale Banken- und Finanzkrise
Der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers am 15. September 2008 war für die Finanzbranche ein tiefer Schock. Lehman ging unter, weil die amerikanische Regierung der Bank die Rettung verweigerte. Schon zuvor waren aufgrund der Krise des US-amerikanischen Immobilienmarktes Banken ins Straucheln gekommen, in den größeren Fällen hatte sich aber immer ein Retter gefunden. Im September 2007 half die britische Notenbank dem Immobilienfinanzierer Northern Rock mit einem Notkredit, alsl Kunden ihre Konten räumten. Und im März 2008 sorgte die amerikanische Notenbank dafür, dass die strauchelnde Investmentbank Bear Stearns von JPMorgan Chase übernommen wurde.
Die Insolvenz von Lehman Brothers kam deshalb für die Finanzwelt völlig überraschend. Schlagartig trocknete der Markt für kurzfristige Kredite zwischen den Banken aus, weil sich die Institute untereinander nicht mehr vertrauten. Viele Banken mussten aus Liquiditätsgründen Aktivvermögen verkaufen, wodurch die Börsenkurse abstürzten. Es drohte die Gefahr eines großen Banken-Crash wie in den 30er Jahren.
Die Insolvenz von Lehman Brothers war aber nur der Auslöser dieser Krise. Die eigentlichen Gründe sind vielfältig und reichen teilweise bis in die 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts zurück:
- Die Deregulierung der Finanzmärkte in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts,
- Die Geld- und Kreditpolitik der amerikanischen Notenbank (Fed) nach der Dotcom-Krise,
- Das Platzen der durch die US-amerikanischen Regierung angeheizten Immobilienblase,
- Das unverantwortliche Geschäftsgebahren der Manager von Investmentbanken
Planwirtschaftliche Energiewende
Die Energiewende ist mehr als der Ausstieg aus der Kernenergie und der Umstieg in die erneuerbaren Energien. Sie ist ein politisches Projekt, mit dem die Ende der neunziger Jahre begonnene Liberalisierung des Strommarktes beendet und die Energiewirtschaft schrittweise in ein planwirtschaftliches System überführt wird.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel lobt zwar das von ihm im Herbst 2015 eingebrachte Strommarktgesetz als die „größte Reform des Strommarktes seit der Liberalisierung in den neunziger Jahren“ und meint, das Gesetz „schaffe einen konsequent marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmen für den Strommarkt der Zukunft“. Tatsächlich ist dieses Gesetz aber kein Beitrag zu mehr Marktwirtschaft, sondern - im Gegensatz - ein weiterer Baustein, um den Energiemarkt in die Planwirtschaft zu führen.
Die gescheiterte Energiewende
Wenn Manager von Großunternehmen zur Energiewende gefragt werden, beklagen sie meistens das Fehlen eines „Masterplanes“. Aus ihrer Erfahrungswelt heraus vergleichen sie die Energiewende mit einer Großbaustelle, die sorgfältige Planung und Taktung, systematische Koordination und Überwachung erfordert, damit sie nicht aus dem Ruder läuft. Auf die Politik übertragen bedeutet dies, dass die Umsetzung der Energiewende ohne eine zentralen Planung und Umsetzung nicht funktionieren kann.
So schrieb zum Beispiel Jürgen Flauger im Handelsblatt vom 3. Mai 2012:
„Der Umstieg in eine Energiewirtschaft ohne Atomkraft, aber mit viel Wind- und Sonnenenergie wird ohne eine massive Steuerung durch die Politik scheitern. Damit das Großprojekt gelingt, die über Jahrzehnte gewachsene deutsche Energieversorgung innerhalb eines Jahrzehnts radikal umzubauen, sind massive Eingriffe in den Energiemarkt nötig. Das ist bedauerlich, liegt aber daran, dass die Politik schon so massiv eingegriffen hat, dass der Markt die jetzt nötigen Anreize nicht mehr setzen kann.“
Rettung durch Kapazitätsmärkte ?
Der volatile Ökostrom ist nicht nur ein Risiko für die Netzstabilität, sondern gefährdet inzwischen auch die Funktionsfähigkeit des gesamten Strommarktes. Je nach Wetterlage und Tageszeit drängt der privilegierte Wind- und Sonnenstrom in die Netze und vertreibt dort den konventionellen Strom. An besonders windreichen Tagen und in den heißen Stunden des Tages deckt der Strom aus den erneuerbaren Energien nahezu die gesamte Stromnachfrage ab. Infolgedessen gehen die Einsatzzeiten der konventionellen Kraftwerke zurück. Gleichzeitig stürzen die Börsenpreise wegen des zeitweiligen Überangebots ab. Selbst negative Preise sind möglich. Als Indikator für Produktions- und Investitionsentscheidungen taugt der Strompreis deshalb immer weniger.
Die Kosten der Energiewende
Die von der Bundesregierung geplante Energiewende ist nicht nur ein Abschied von der Atomenergie, sondern ein politisches Projekt, mit dem die deutsche Stromversorgung komplett umgebaut werden sollte. Nicht nur die Atomkraft, sondern auch die fossilen Energieträger (Kohle, Öl und Gas) sollen nach dem Willen der Bundesregierung weitgehend durch die erneuerbaren Energien (Sonne und Wind) ersetzt werden. Bis 2050 soll der Anteil der Erneuerbaren an der Stromversorgung auf 80 Prozent steigen.
Die volkswirtschaftlichen Kosten dieses politischen Projektes sind gigantisch. Der ehemalige Umweltminister Peter Altmaier gab sie mit circa 1 Billionen Euro an, die sich wie folgt zusammensetzen:
• | Einspeisevergütungen bis 2022 | Euro 320 Mrd. |
• | Neubau von Anlagen bis 2022 | Euro 360 Mrd. |
• | Netzausbau, Reservekapazitäten | Euro 300 Mrd. |
Summe | Euro 980 Mrd. |
Umgehend warfen große Medien dem Umweltminister vor, dass er sich bei seinem "Billionen-Ding" wohl verrechnet haben müsse. "Sie dürfen die Leute nicht mit Horrorzahlen auf die Bäume jagen", verlangte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Der europäische Emissionshandel
In die energiepolitische Debatte kommt Bewegung. Wirtschaftsminister Peter Altmaier hat angekündigt, die Subventionierung der erneuerbaren Energien im Stromsektor in vier bis fünf Jahren zu beenden. Damit rückt der europäische Emissionshandel als zentrales Instrument der Energiewende in den Mittelpunkt der Debatte.
Das Funktionsprinzip des Emissionshandels beruht auf einer simplen Idee namens "cap and trade". Der zulässige Ausstoß schädlicher Gase wie Kohlendioxid wird durch politische Entscheidung global nach oben begrenzt ("cap"). Gleichzeitig gibt man den Produzenten Emissionszertifikate, die gehandelt werden können, um die Emissionen dort zu reduzieren, wo dies am günstigsten ist ("trade").
Der politische Glücksindex
Wohin der „sanfte“ Paternalismus die Gesellschaft führen soll, erschließt sich aus dem Projekt der Bundeskanzlerin, den Begriff des „Wohlstandes“ neu zu definieren: „Wir brauchen als Bundesregierung auch noch einen anderen Ansatz, um die Vorstellung von Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in Erfahrung zu bringen.“
Dies richtet sich gegen das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als Maßstab für wirtschaftlichen und politischen Erfolg. Der Bundeskanzlerin schwebt vor, das BIP durch ein umfassendes Indikatorensystem zu ersetzen, an dem sich die Politik zukünftig orientieren soll.
Der Koalitionsvertrag 2013
Der Bundestagswahlkampf 2013 wurde von den beiden großen Parteien als „Wohlfühlkampagne“ inszeniert. Angela Merkel (CDU) warb mit der Mütterrente, besseren Pflegeleistungen, bezahlbarem Wohnraum und dem Verzicht auf Steuererhöhungen. Peer Steinbrück (SPD) versprach den Wählern eine Rente ab 63, den gesetzlichen Mindestlohn und eine Mietpreisbremse. Im Unterschied zu Merkel wollte er aber die Steuern erhöhen. Vorschläge für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gab es in den Wahlprogrammen von Union und der SPD nicht.
Die Wirtschaftsverbände hatten zunächst die Hoffnung, dass die neue Regierung nicht alles umsetzen werde, was die Parteien den Wählern vor der Wahl versprochen hatten. Sehr schnell wurden sie aber eines Besseren belehrt. Union und SPD verständigten sich darauf, dass alle Wahlversprechen in den Koalitionsvertrag einfließen und schnell abgearbeitet werden sollten.
Wirtschaftsnahe Infrastruktur
Überschriften in den Medien wie „Deutschland steckt im Stau“ oder „Bahn traut sich nur noch 76,5 Prozent Pünktlichkeit zu“ haben die Öffentlichkeit alarmiert. Besorgt wird gefragt, ob die öffentliche Infrastruktur noch zu den Stärken des deutschen Wirtschaftsstandorts gerechnet werden kann.
"Unser Land zehrt von der Substanz“, warnte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Während der staatliche Konsum und die monetären Sozialleistungen mächtig gestiegen sind, wurden die Verkehrs- und Kommunikationsnetze vernachlässigt. Denn der Euro kann nur einmal ausgegeben werden: Wer den Sozialkonsum erhöht, muss bei den Zukunftsinvestitionen kürzer treten. Dies sind keine guten Aussichten für die deutsche Volkswirtschaft.
Besonders deutlich zeigt sich dies bei den Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Der Bau neuer Autobahnen und Straßen ist in Deutschland praktisch zum Erliegen gekommen. Stattdessen wird tüchtig repariert mit der Folge ständig wachsender Staus. Es geht dabei um immense Kosten für die Volkswirtschaft: So hat Michael Schreckenberg von der Universität Duisburg-Essen den wirtschaftlichen Schaden, der der deutschen Volkswirtschaft jährlich durch Staus auf den Straßen entsteht, auf bis zu 100 Milliarden Euro errechnet.
Deutschlands industrieller Kern
Als es der deutschen Wirtschaft vor einem Jahrzehnt schlecht ging, herrschte unter Politikern die Ansicht vor, dass sich Deutschland von der Industrie weg zu einer Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft weiter entwickeln müsste. Hier sah man die dringend benötigten Beschäftigungs- und Wachstumspotentiale. Allgemeine Meinung war, dass die Zukunft in einer postindustriellen Gesellschaft den Informations- und Kommunikationstechnologien sowie den Finanz- und Gesundheitsdienstleistungen gehört. Die traditionelle industrielle Produktion mit Staub, Ruß und harter Arbeit wollte man Osteuropa und den Schwellenländern überlassen. So jedenfalls dachte man in den westlichen Wohlstandsländern.
Merkels "Mitte-Links"-Politik
Angela Merkel (CDU)hat als Bundeskanzlerin die Wirtschafts- und Sozialpolitik in den Jahren 2005 bis 2013 entscheidend mitgeprägt. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Beginn ihrer Kanzlerschaft, die Finanzreform im Gesundheitswesen, das Antidiskriminierungsgesetz und die Frauenquote, die Laufzeitverlängerung für das Arbeitslosengeld I, der gesetzliche Mindestlohn, die staatlichen Ausgabenprogramme in der Wirtschaftskrise, die Euro-Rettungspolitik, die Energiewende und die Rentenerhöhungen waren politische Entscheidungen, an denen sie maßgeblich beteiligt war und bei denen sie das letzte Wort hatte.
Wie muss man diese Politik einordnen? Angela Merkel selbst sieht sich in die Reihe großer CDU-Politiker gestellt, darunter auch Ludwig Erhard. Diese Selbsteinschätzung kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zwischen beiden Politikern grundsätzliche Unterschiede im politischen Denken und Handeln gibt.
Politischer Paternalismus
Der "politische Paternalismus" ist eine besondere Form der politischen Machtausübung und Lenkung. Von hartem Paternalismus spricht man, wenn der Staat zu Geboten oder Verboten greift, um das Verhalten seiner Staatsbürger zu beeinflussen. Solches Handeln unterliegt üblicherweise der parlamentarischen oder gerichtlichen Kontrolle. Demgegenüber bedient sich der sanfte Paternalismus sog. Schubser (engl. „nudge“), um das Verhalten von Menschen zu verändern. Hierbei handelt es sich regelmäßig um Handlungen der Regierung, die keiner rechtstaatlichen Kontrolle unterliegen.
Der sanfte Paternalismus wird gelegentlich auch als "liberaler Paternalismus" bezeichnet. Dies Bezeichnung ist jedoch irreführend, weil solche Schubser unterschiedlich stark wirken können: Von der subtilen Beeinflussung durch Argumente oder Warnhinweise bis hin zu finanziellen Vorteilen und Nachteilen. Insofern müssen sie in ihrer Wirkung den Geboten oder Verboten in keiner Weise nachstehen.
Der sanfte Paternalismus macht sich die Erkenntnisse der modernen Verhaltensökonomie zunutze. Den Grundstein dafür legten die Amerikaner Thaler/Sunstein mit ihrem 2008 veröffentlichten Buch „Nudge“. „Es geht um einen völlig neuen politischen Ansatz. Man kann ohne Gesetze und Verordnungen seine Ziele erreichen“, schwärmte Wirtschaftsprofessor Cass Sunstein, einer der geistigen Väter dieser politischen Lenkungsmethode. Vor allem in den Vereinigten Staaten und Großbritannien ist Sunstein mit seinen Empfehlungen auf große Resonanz gestoßen. Barack Obama ließ sich im Wahlkampf 2008 von rund 30 Verhaltensökonomen ein Konzept für seine Kampagne ausarbeiten. Der britische Premierminister David Cameron installierte 2010 ein „Behavioral Insights Team“, das Vorschläge für eine solche Politik erarbeiten sollte.
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Europäische Integration
In Fragen der europäischen Integration und der Wirtschaftspolitik bestanden zwischen Deutschland und Frankreich in der Nachkriegszeit gravierende Unterschiede. Beide Länder standen zwar vor der gleichen Aufgabe: Sie mussten ihre kriegszerstörte Wirtschaft wiederaufbauen. Auf dem Weg dahin wählten sie aber verschiedene Wege. Deutschland entschied sich unter Ludwig Erhard für die „Soziale Marktwirtschaft“. Demgegenüber ging Frankreich mit der von Jean Monnet konzipierten „planification francaise“ den Weg der gelenkten Wirtschaft. Diese historischen Unterschiede wirken bis heute fort und prägen insbesondere die Vorstellungen der Deutschen und Franzosen über die europäische Integration.
Ludwig Erhard verstand unter Wirtschaftspolitik in erster Linie Ordnungspolitik, d.h. die Schaffung von geeigneten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft. Beim Wiederaufbau setzte er auf die Dynamik freier Unternehmer und überließ die Steuerung der Wirtschaft weitgehend den Märkten. So viel Freiheit wie möglich, so viel Regulierung wie nötig, war das ungeschriebene Leitmotiv der Wirtschaftspolitik in Deutschland.
Demgegenüber standen der Staat und seine Gestaltungsmacht in Frankreich immer im Vordergrund der Wirtschaftspolitik. Es war deshalb selbstverständlich, dass der Wiederaufbau nach dem Krieg nicht den Unternehmen und Märkten überlassen, sondern staatlich geplant wurde. Zweck der von Jean Monnet organisierten Wirtschaftsplanung war es, die französische Wirtschaft regional und branchenmäßig mit Hilfe eines „plan activ“ zu steuern. Tiefgreifender konnten die wirtschaftspolitischen Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich nicht sein.
Der Wirtschaftsminister als Hüter der Ordnungspolitik?
Die Ordnungspolitik hatte ihren Höhepunkt, als es in den fünfziger Jahren in der Bundesrepublik Deutschland um die Durchsetzung der Sozialen Marktwirtschaft ging. Ludwig Erhard machte das Bundeswirtschaftsministerium zum „Hort ordnungspolitischen Denkens und Handelns“, wodurch die Wirtschaftspolitik maßgebend geprägt wurde. Es war die Grundsatzabteilung dieses Ministeriums, die gegenüber den jeweiligen Fachressorts auf die Anwendung marktwirtschaftlicher Grundregeln achtete. Die dort tätigen Beamten hatten das Selbstbewußtsein, "die Speerspitze einer erfolgreichen Wirtschaftsordnung zu sein" (Walther Otremba), womit sie anderen Ressorts gelegentlich erheblich auf den Nerv gingen.
Schröders Agenda 2010
Am 14. März 2003 legte Bundeskanzler Gerhard Schröder dem Deutschen Bundestag ein grundlegendes Reformprogramm für den Arbeitsmarkt vor, dem man den Titel "Agenda 2010" gab. Ziel dieses Programms war es, die verkrusteten Strukturen des Arbeitsmarktes aufzulösen, um die wachsende Arbeitslosigkeit in Deutschland zu bekämpfen. Dazu hatte eine von Peter Hartz geleitete Reformkommission einen bunten Strauß von Ideen entwickelt, die Medien und Öffentlichkeit monatelang beschäftigten. Substantiell und brisant waren Vorschläge der Kommission zu Maßnahmen, die einerseits Unternehmen veranlassen sollten, mehr Mitarbeiter einzustellen, und andererseits den Arbeitssuchenden Anreize gaben, ein Arbeitsangebot auch anzunehmen. Zu diesen Maßnahmen gehörten insbesondere die Lockerung des Kündigungsschutzes und strengere Voraussetzungen für die Arbeitslosenhilfe.
Die Gewerkschaften und Sozialpolitiker sahen in solchen Vorschlägen den Bruch mit dem traditionellen "Arbeitnehmerschutz", den sie seit dem 1. Weltkrieg in Deutschland durchgesetzt hatten, und kündigten Schröder den Kampf an. Dieser wusste aber, dass es dazu keine vernünftige Alternative gab, weil dem Problem der Arbeitslosigkeit nach den gemachten Erfahrungen anders nicht beizukomnmen war. Und er wusste auch, dass ihn die konsequente Umsetzung seiner Reformagenda die Kanzlerschaft kosten könnte.
Rentenversicherung unter Druck
Ein wesentlicher Bestandteil der Schöder´schen Reformagenda war die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung, die durch politische Überforderung, demografische Entwicklung und steigende Arbeitslosigkeit unter Druck geraten war. Es war nicht das erste Mal, dass die im Jahr 1891 als "Invaliditäts- und Rentenversicherung" von Otto von Bismarck geschaffene Versicherung in Schwierigkeiten war.
Die Ursprünge aller deutschen Sozialversicherungen gehen auf die kaiserliche Botschaft vom 17. November 1881 zurück, die Wilhelm I. auf Veranlassung des Reichskanzlers von Otto von Bismarck an den Deutschen Reichstag sandte. Gegenstand dieser Botschaft war die Schaffung eines staatlichen Versicherungswesens, um die prekäre Existenz der Industriearbeiter zu verbessern und den wachsenden Einfluss der Sozialdemokraten einzudämmen. Im Laufe der folgenden Jahre beschloss der Reichstag die Errichtung einer Gesetzlichen Krankenversicherung (1884), einer Unfallversicherung (1885) und einer Invaliditäts- und Rentenversicherung (1891). Versichert wurden zunächst nur die Industriearbeiter.
In der Invaliditäts- und Rentenversicherung war - im Unterschied zur heutigen Rentenversicherung - eine durch Kapital gedeckte Finanzierung der Ausgaben vorgesehen. Der gesetzliche Beitrag von 1,7 Prozent war paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufzubringen. Zusätzlich zahlte das Deutsche Reich einen Zuschuss in die Rentenkasse. Die gesetzlichen Leistungen bestanden aus festen Renten ab dem 70. Lebensjahr, die den Charakter eines Unterhaltszuschusses hatten. Erst mit Einführung der Rentenversicherung für Angestellte wurde das Renteneintrittsalter auf 65 Jahre herabgesetzt.
Schon 25 Jahre nach ihrer Gründung stand die staatliche Rentenversicherung finanziell am Abgrund: Der 1. Weltkrieges und die nachfolgende Hyperinflation vernichteten die Rücklagen, so dass der Steuerzahler einspringen musste. In der Weimarer Republik gelang es nicht, die Rentenversicherung wieder auf eine solide und eigene Grundlage zu stellen. Ebenfalls nicht unter der Herrschaft der Nationalsozialisten, die andere politische Ziele verfolgten. So blieben die Renten bis in die fünfziger Jahre auf einem äußerst niedrigen Niveau. Die Neuordnung des Sozialwesens gehörte deshalb zu den großen Aufgaben, die sich der neuen Bundsrepublik stellten.
Konjunkturpakete gegen die Wirtschaftskrise 2009
Auf die globale Finanzkrise im Jahr 2008 folgte im Jahr 2009 die Wirtschaftskrise: Die wirtschaftliche Konjunktur stürzte schlagartig ab. Schon zum Jahreswechsel schickten zahlreiche Industriebetriebe in Deutschland ihre Mitarbeiter in die verlängerten Weihnachtsferien. Im Januar 2009 ging die deutsche Industrieproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 19,3 Prozent zurück. Die Bundesregierung prognostizierte für das Jahr 2009 einen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage um sechs Prozent. Betroffen waren insbesondere die Exportwirtschaft und die Investitionsgüterindustrie. Aufträge wurden über Nacht storniert, und die Umsätze gingen teilweise dramatisch zurück. Weil die Kosten aber weiter liefen, standen betroffene Unternehmen buchstäblich am Abgrund. Dabei konnte niemand sagen, wie lange die Krise andauern würde. Die Optimisten prophezeiten eine schnelle Erholung, die Pessimisten erwarteten eine längere Krise.
Die Angebotspolitik des Sachverständigenrates
Es war der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Mitte der 70er Jahre das Konzept einer angebotsorientierten Wirtschaftspolitik als Gegenstück zur keynesianischen Nachfragesteuerung entwickelte. Die Aufgaben der Angebotspolitik sah der Sachverständigenrat darin, „die Bedingungen für das Investieren und den Wandel der Produktionsstruktur so zu verbessern, dass mit angemessenem Wachstum und hohem Beschäftigungsstand gerechnet werden darf“ (Jahresgutachten 1976).
Das Scheitern der Konjunktursteuerung
Nach dem Rücktritt von Ludwig Erhard als Bundeskanzler im Jahr 1966 wurde Karl Schiller (SPD) Wirtschaftsminister in der unter Kurt Kiesinger gebildeten Bundesregierung. Kaum im Amt legte er zwei Konjunkturprogramme auf, um der damaligen Mini-Rezession der deutschen Wirtschaft zu begegnen. Der Ehrgeiz von Karl Schiller ging jedoch weiter: er wollte die antizyklische Konjunktursteuerung zu einem festen und dauerhaften Bestandteil der deutschen Wirtschaftspolitik machen. Zu diesem Zweck ließ er in seinem Ministerium das „Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StabWG)“ erarbeiten, das der Deutsche Bundestag im Juni 1967 mit großer Mehrheit verabschiedete.
Ziel des Gesetzes was es, Bund und Länder auf eine Wirtschafts- und Finanzpolitik zu verpflichten, die „im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum“ beitrug. Um die Umsetzung dieser vier Ziele, die als „magisches Viereck“ bezeichnet wurden, zu gewährleisten, wurden der Bundesregierung zwei Instrumente an die Hand gegeben: Einmal der Jahreswirtschaftsbericht mit konkreten Zielprojektionen und zum anderen die „konzertierte Aktion“.
Große Koalition 2005-2009
Angela Merkel bestritt den Bundestagswahlkampf 2005 mit einem Reformprogramm, das die CDU auf ihrem Leipziger Parteitag im Dezember 2003 mit überwältigender Mehrheit beschlossen hatte. Im Mittelpunkt standen ein erneuertes Steuerrecht und die Einführung der Prämienfinanzierung bei der Krankenversicherung. Mit diesen politischen Initiativen wollte die CDU die wirtschafftliche Stagnation überwinden und die hohe Arbeitslosigkeit bekämpfen. Mit der Vereinfachung und Senkung der Steuern sollten Impulse für wirtschaftliches Wachstum gesetzt werden. Die Umstellung der Finanzierung der Krankenversicherung von lohnabhängigen Beiträgen auf eine Gesundheitsprämie diente dem Zweck, die Arbeitskosten zu senken.
Nach der Bundestagswahl 2005 gerieten die Pläne der CDU schlagartig in Vergessenheit. Angela Merkel wollte Bundeskanzlerin werden und bildete mit der SPD eine große Koalition, in der die Sozialdemokraten alle Ministerien übernahmen, die für die Reformpolitik zuständig waren. Damit war der Konflikt zwischen der Bundesregierung und dem Wirtschaftsflügel der Union, insbesondere der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT), vorprogrammiert. Denn die Koalitionsregierung und die sie tragenden Parteien fühlten sich an frühere Parteitagsbeschlüsse immer weniger gebunden und verfolgten in der Wirtschafts- und Sozialpolitik mehr und mehr einen von der SPD vorgegebenen Kurs.