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Wirtschaftspolitik : Mit "Wumms" aus der Wirtschaftskrise
06.06.2020 22:16 (1455 x gelesen)

Mit "Wumms" aus der Wirtschaftskrise

Was Bundesfinanzminister Olaf Scholz unter einem „Wumms“ versteht, liegt nun auf dem Tisch.  Anfang Juni 2020 teilte die schwarz-rote Bundesregierung der Öffentlichkeit mit, dass sie 130 Milliarden Euro in die Hand nehmen will, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu bekämpfen.

Schon mit dem ersten Corona-Rettungspaket über gut 120 Milliarden Euro im April war Scholz „in die Vollen“ gegangen, wie er selbst sagte. Doch schon bei Ausbruch der Corona-Krise war absehbar, dass noch weitere Konjunkturhilfen nötig sein würden, um die Wirtschaft nach dem politisch verordneten Stillstand wieder in Schwung zu bringen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob das jetzt beschlossenen Konjunktur- und Krisenpaket geeignet ist, die dazu  erforderlichen Impulse zu setzen.

Zweifel bestehen schon aufgrund des Umfangs der beschlossenen Maßnahmen: Die beschlossenen Maßnahmen im Werte von 130 Milliarden Euro machen knapp vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Erwartet wird jedoch, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um etwa acht Prozent einbrechen und sich erst im nächsten Jahr langsam erholen wird. Das Konjunktur- und Krisenpaket ist deshalb eher unter- als überdimensioniert.

Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei den beschlossenen Maßnahmen nicht nur um ein kurzfristig wirksames Konjunktur- und Krisenpaket handelt, sondern die Bundesregierung mit dem Paket  auch langfristige Zukunftsprojekte auf den Gebieten der Energie und  Digitalisierung verwirklichen will. Insgesamt sind 50 Milliarden Euro dafür vorgesehen, sodass nur noch 77 Milliarden Euro auf das eigentliche Konjunkturprogramm entfallen. Dies ist viel zu wenig, um der Wirtschaft kurzfristig zu helfen.

Wie in der Krise 2008 wird sich die Wirtschaft auch diesmal selbst aus dem derzeitigen Konjunkturtief herausarbeiten müssen. Die Maßnahmen der schwarz-roten Bundesregierung sind allenfalls geeignet, dafür in der Wirtschaft eine positive Grundstimmung zu erzeugen. Aber auch insoweit befriedigt das Programm letztendlich nicht.

Besonders groß sind Ärger und Enttäuschung bei weiten Teilen der rund vier Millionen Selbständigen, darunter 2,2 Millionen Solo-Selbständigen. Sie werden in dem Konjunkturprogramm kaum berücksichtigt. Grundsätzlich sind in dem Programm durchaus Hilfen für Selbständige vorgesehen. Unter Punkt 13 finden sich etwa die Überbrückungshilfen in Höhe von maximal 25 Milliarden Euro zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Wie schon die Soforthilfe sollen sie dazu dienen, Liquiditätsengpässe zu überbrücken.

Doch die Sache hat einen Haken: Als Bemessungsgrundlage dienen die Fixkosten. Gerade bei Solo-Selbständigen oder Kleinstunternehmern, zumal wenn sie Dienstleistungen erbringen, fallen oft nur sehr geringe Fixkosten an. „Der sogenannte Unternehmerlohn darf nicht durch die Überbrückungshilfe ersetzt werden. Damit haben Solo-Selbständige zwar formal Zugang zu dem Programm, materiell aber keine Chance, einen substantiellen Anteil ihres bisherigen Einkommens ersetzt zu bekommen“, sagt Professor Schnellenbach, von der Brandenburgischen TU.

Hintergrund ist die Strategie der Politik: Wer seinen Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren kann, soll Hartz IV beantragen. Selbständige sehen sich dadurch aber benachteiligt. „Es scheint, als hätten die Verhandler beim Paket zwei Idealtypen im Kopf gehabt: den Arbeitnehmer und den (Klein-)Unternehmer, der aber mit einigen Angestellten und einem kleinen Kapitalstock arbeitet, also Fixkosten hat“, sagt Schnellenbach. Dass es aber auch Solo-Selbständige, z.B. Künstler, gibt, die kaum Fixkosten haben, aber einen Einkommensersatz oberhalb der Grundsicherung brauchen, habe man nicht gesehen.

Eine weitere Maßnahme, die nur Ärger schafft, ist die Senkung der Mehrwertsteuer für sechs Monate auf 16 beziehungsweise 5 Prozent. Insgesamt schlägt diese Maßnahme mit 20 Milliarden Euro zu Buche. Nach Einschätzung von Olaf Scholz soll damit der Konsum angeregt werden. Entscheidend ist für ihn, dass die Senkung substantiell ist, schnell kommt und zeitlich befristet ist. Wer befürchten muss, im kommenden Jahr mehr bezahlen zu müssen, wird Anschaffungen vorziehen, so seine Erwartung.

Ob das Kalkül aufgeht, ist schon angesichts der gewachsenen Sparneigung in der Bevölkerung ungewiss. Unsicher ist auch, ob die Unternehmer die Steuerentlastung um 2,5 Prozent überhaupt an den Konsumenten weitergeben. Dabei wird nicht grundsätzlich an der belebenden Wirkung der Steuersenkung gezweifelt. Doch die Umsetzung bis zum 1. Juli 2020 ist kaum möglich und mit erheblichen Kosten verbunden. „Jede Umstellung, die in das Tagesgeschäft der Unternehmen eingreift, hat viele Änderungen in den Prozessen zur Folge“, sagt Stefan Böhler, Steuerberater bei der KPMG. 

So etwas dauert in der Regel mehrere Monate: Es müssen ja nicht nur Rechnungen mit neuen Steuersätzen geschrieben werden. Die Steuersatzänderung hat auch Konsequenzen für die Kalkulation der Unternehmen, für die  Prüfung der Eingangsrechnungen bis hin zur Ausrichtung der Ladenkassen. Der Präsident des Steuerberaterverbandes, Harald Elster, fasst zusammen: „Eine Absenkung der der Umsatzsteuersätze vom 1. Juli an ist absoluter Irrsinn.“

Für erheblichen Protest sorgt inzwischen auch die Absage der großen Koalition an eine Kaufprämie für Autos mit  Verbrennungsmotoren und die Konzentration des Zukunftspakets auf  E-Autos. Diese Entscheidung hat einen Keil zwischen Gewerkschaften und Sozialdemokraten getrieben. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann griff die neue SPD-Spitze scharf an und warnte vor einem „massiven Vertrauensverlust“ der Beschäftigten in der Autobranche gegenüber der Sozialdemokratie, die sich vehement gegen eine Förderung von Benzinern und Dieseln ausgesprochen hatte.

Der Gewerkschaftschef kritisierte die Haltung der SPD mit deutlichen Worten: „Die rigorose Ablehnung einer Unterstützung der Hunderttausenden von Beschäftigten, die heute um ihren Arbeitsplatz bangen, mit Aussagen wie ´kein Cent für Benziner und Diesel` führt zu einem massiven Vertrauensverlust der Beschäftigten der Autoindustrie und angrenzender Branchen gegenüber der Sozialdemokratie“, sagte Hofmann den Medien. Ähnlich äußerte sich auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Es sei „schwer zu erklären, warum nur für zehn Prozent der Automobilindustrie eine Prämie gezahlt wird und 90 Prozent des Sektors leer ausgehen.“

Würde es der schwarz-roten Bundesregierung um die Belebung der Konjunktur gehen, hätte sie allen Käufern eines PKW - unabhängig von der Art des Antriebs - eine Prämie ausloben müssen. Tatsächlich geht es ihr aber darum, ihre auf die E-Mobilität fokussierte ideologische Verkehrspolitik durchzusetzen – koste es, was es wolle.


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