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Streit um die EZB
27.04.2016 20:57 (3368 x gelesen)

Streit um die EZB

Anfang 2016 verschärfte sich die Kritik an der ultralockeren  Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Der ehemalige Ifo-Chef Hans-Werner Sinn warf ihr Selbstherrlichkeit, Überdehnung ihres Mandats und Umgehung demokratischer Hürden vor.  Selbst der Wirtschaftsweise Peter Bofinger, gegenüber der EZB freundlich eingestellt, kritisierte: „Draghi hat überzogen.“ Und Nikolaus von Bomhard, Chef des Dax-Konzerns „Munich Re“,  nutzte eine Bilanz-Pressekonferenz zu einer Generalabrechnung mit der aktuellen Geldpolitik der Zentralbank. Er kritisierte die Erosion des Rechts und eine massive Umverteilung zulasten der Ärmeren. Mario Draghi müsse von der Politik gestoppt werden. „Dass wir nichts von der Bundesregierung hören, finde ich in höchstem Maße befremdlich“, sagte von Bomhard.


Der Präsident der EZB, Mario Draghi, verwahrte sich umgehend gegen diese Kritik aus Deutschland: Die EZB habe ein Mandat, die Preisstabilität zu wahren, worunter sie eine mittlere Inflationsrate von knapp 2 Prozent verstehe. "Wir gehorchen dem Gesetz, nicht Politikern, weil wir unabhängig sind", sagte Draghi. Die EZB mache Geldpolitik für die gesamte Eurozone, nicht nur für Deutschland. Kritik könnte als Gefährdung der Unabhängigkeit gesehen werden, die notwendigen Maßnahmen zu tun. Draghi betonte, wenn es nötig sei, werde die EZB die Geldpolitik noch weiter lockern und "alle Instrumente innerhalb ihres Mandats" einsetzen

I

Daraufhin meldete sich Wolfgang Schäuble (CDU) zu Wort: Die Nullzinspolitik  der EZB würde Bankbilanzen zerrütten, die Altersvorsorge der Deutschen ruinieren und den Aufstieg populistischer Parteien begünstigen. Er warnte aber gleichzeitig davor, die Unabhängigkeit der EZB anzuzweifeln: "wenn wir nun den Fehler machen, die Unabhängigkeit der EZB in Deutschland anzugreifen, wären die Schäden größer als der Nutzen", sagte er. Die Deutschen seien für die Unabhängigkeit der EZB eingetreten. "Dann muss man ihre Entscheidungen auch akzeptieren, wenn sie einem nicht gefallen. Die Unabhängigkeit der EZB in Frage zu stellen, halte ich nicht für gut.“

Wolfgang Schäuble kündigte gleichzeitig an, er werde auf dem bevorstehenden G-20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs für einen Ausstieg aus der extrem lockeren Geldpolitik werben. Dem amerikanischen Finanzminister Jack Lew habe er telefonisch bereits empfohlen, die Federal Reserve zu ermutigen, in einer koordinierten Aktion aus der Politik des leichten Geldes „langsam rauszugehen“. Nach seinem Eindruck seien auch die Amerikaner inzwischen "hoch besorgt" über die Volatilität an den Finanzmärkten, die durch die extrem lockere Zinspolitik der Notenbanken entstanden ist. Die Einsicht wachse, dass "das Übermaß der Liquidität inzwischen mehr Ursache als Lösung des Problems" ist.

Während Wolfgang Schäuble für einen geldpolitischen Wechsel warb,  plädierte der Internationale Währungsfonds (IWF) als Gastgeber der Konferenz für eine Fortsetzung der Politik der ultra lockeren Geldpolitik. Der Fonds warnte vor einer globalen Wirtschaftskrise, der wachsende Staatsverschuldung in den Industrieländern und  einer Unterkapitalisierung der Banken. Negativzinsen und die immensen Anleihekäufe der Notenbanken seien erforderlich, um die Finanzstabilität zu sichern. Auch wenn Negativzinsen die Erträge der Geschäftsbanken schwächen, würden die Institute unter dem Strich stärker von den positiven Wachstumseffekten profitieren.

Auf dem G-20-Treffen der Finanzminister wurde die Position des IWF von keinem Teilnehmer ernsthaft infrage gestellt. Gegenüber deutschen Journalisten konnte Mario Draghi deshalb zur Kritik von Wolfgang Schäuble mit einem spöttischem Unterton sagen: Er habe sich mit dem deutschen Finanzminister unterhalten, natürlich in "positiver, fruchtbringender Weise". Und Schäuble selbst habe ihm versichert, "dass er nicht gemeint hat, was er gesagt hat, oder dass er nicht gesagt hat, was er meinte, wie auch immer".

II

In Deutschland führte dieser verbale Schlagabtausch unter maßgeblichen Ökonomen  zu einer grundsätzlichen Kontroverse über die „richtige Geldpolitik der EZB“, wobei sich zwei Lager bildeten:

Marcel Fratzscher (DIW Berlin), der dem Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nahe steht, sammelte um sich einen Kreis von Ökonomen, die sich für die EZB in die Bresche warfen (FAS 10. April 2016). Den Kritikern der EZB hielten sie vor, es reiche nicht, nur zu kritisieren.  Die Eurozone befinde sich in einer so tiefen Wirtschaftskrise, dass Nichtstun keine Alternative sein könne. Die EZB habe mit einer lockeren Geldpolitik reagieren müssen, weil die nationale  Politik in Europa zur Lösung der Krise nichts beigetragen habe.

Auf diesen Vorwurf antworteten Hans-Werner Sinn (ehemals ifo München) sowie Gunther Schnabl (Universität Leipzig) mit einem „Alternativplan für Europa“, in dem die Politik der EZB für die derzeitige Wirtschaftschwäche verantwortlich gemacht wird (FAS 17. April 2016). Die expansive Geldpolitik verhindere längst fällige Reformen, treibe die Vermögenspreise und lähme Investitionen sowie Wachstum. Es sei deshalb an der Zeit, ein klares Signal zu geben, dass die ultra lockere Geldpolitik beendet wird.

Der Streit der Ökonomen ist keine akademische Auseinandersetzung, sondern reflektiert einen grundsätzlichen  Konflikt zwischen zwei wirtschaftspolitischen Lagern in Deutschland. Auf der einen Seite stehen Wirtschaftspolitiker, die in dem derzeitigen Wirtschaftssystem kein stabiles Gleichgewicht erkennen und glauben, dass die Wirtschaft - wie es Keynes gelehrt hat - mit Hilfe der staatlichen Fiskal- und Geldpolitik global gesteuert werden muss. Die Konjunktur, so Karl Schiller, „ist nicht unser Schicksal, sondern unser Wille“. Diesem weit verbreiteten Glauben liegt häufig ein mechanisches Verständnis von der Wirtschaft zugrunde.

Das Führungspersonal der meisten Zentralbanken gehört zu dieser Gruppe von Ökonomen. Ihr Vorbild ist insbesondere Ben Bernanke, ehemaliger Chef der Federal Reserve, der die unkonventionelle Geldpolitik erst salonfähig gemacht hat. Als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 drückte er die Zinsen auf Null. Gleichzeitig brachte er ein milliardenschweres Anleihekaufprogramm auf den Weg, das in den Folgejahren viele Nachahmer fand. Seine Bereitschaft, Geld im Notfall sogar „vom Himmel regnen zu lassen“, brachte ihm den Spitznahmen „Helikopter-Ben“ ein. Er wurde dafür in der Finanzbranche als Superheld gefeiert. 2014 trat er auf Grund von Anfeindungen aus dem Lager der  Republikaner von seinem Amt zurück.

Ben Bernanke ist ein Unterstützer von Mario Draghi: „Er tut das, was im Rahmen seines Mandats möglich ist. Das heißt, er arbeitet hart daran, das Inflationsziel zu erreichen. Entscheidend ist allerdings, dass die Fiskalpolitik sich stärker einbringt. Und Mario hat genau das gefordert.“ Aus Sicht von Bernanke ist es ein Fehler, „allein auf Strukturreformen zu vertrauen, wenn eine Ökonomie unter hoher Arbeitslosigkeit leidet und das Wachstum weiter unter seinem Potenzial dümpelt“. Nur mit einer expansiven Geld- und Finanzpolitik seien diese Probleme zu lösen. Die Schwäche des Euro sieht er darin, dass die Währungsunion zwar eine einheitliche Geldpolitik, aber keine gemeinsame Fiskalpolitik hat. So sei der hohe Handelsbilanzüberschuss in Deutschland für Europa ein Problem, weil er dafür sorge, dass die Nachfrage in anderen Volkswirtschaften zurückgehe.

Marcel Fratzscher (DIW Berlin) und Kollegen gehören zu den Jüngern von Ben Bernanke. Nach ihrer Auffassung befindet sich die Eurozone in einer vierfachen Krise: in einer Wachstumskrise, verbunden mit hoher Arbeitslosigkeit und geringer Inflation; in einer Schuldenkrise von Staaten und Unternehmen in Teilen Europas; in einer Krise der Banken mit faulen Krediten; und in einer allgemeinen Vertrauenskrise. Diese vier Krisen, die sich gegenseitig verstärken, werden sich nach Meinung von Fratzscher nicht von selbst lösen. In der EZB sieht er eine der wenigen Institutionen, die zur Lösung beitragen.

Den  Beitrag der EZB zur Lösung der Probleme sieht Fratzscher in den niedrigen Zinsen und den Ankaufsprogrammen für Staatspapiere. Obgleich das damit angestrebten Wachstums- und Inflationsziel weit verfehlt wurde, soll der Erfolg darin bestehen, dass ein Nichtstun der EZB „mit hoher Wahrscheinlichkeit noch geringere Inflation, noch niedrigeres Wachstum und noch höhere Arbeitslosigkeit zur Folge gehabt“ hätte. Den Kritikern der EZB wirft Fratzscher vor, dieses zu übersehen, allerdings ohne den Beweis für seine Behauptung anzutreten.

Fratzscher und Kollegen räumen ehrlicherweise ein,  dass die ultra lockere Geldpolitik der EZB  „nicht hinreichend“ ist, „ um die europäische Wirtschaft aus der Krise zu ziehen“. Dafür sind nach ihrer Meinung vor allem Strukturreformen zur Öffnung neuer Märkte, die Konsolidierung des Bankensektors und eine expansive Fiskalpolitik notwendig, alles Vorleistungen, die von der nationalen Politik zu erbringen sind. Folgt man dieser Logik, bleibt von der unterstellten Wirkung der EZB- Geldpolitik nicht viel übrig, solange es an solchen Vorleistungen fehlt.

Zur Legitimation der EZB-Politik gehört, dass ihre Vertreter einerseits unentwegt das „Gespenst der Deflation“ an die Wand malen und andererseits die „Inflation dauerhaft auf zwei Prozent“ fixieren wollen. Beides zeugt von einer erstaunlichen Selbstsicherheit, die dogmatische Züge aufweist. Die Anhänger der EZB ignorieren beharrlich, dass Preise marktabhängig sind, Konjunkturprognosen selten richtig waren und der Umgang  mit  Wachstumstrends Sache von Zukunftsforschern ist. 

Angeblich befindet sich die globale Wirtschaft in einer „säkularen Stagnation“, der man durch Geldschöpfung begegnen müsse. Dabei stützt sich die Therapie  weitgehend auf die Diagnose, dass der Mangel an Nachfrage die Ursache der Misere ist. Nach Auffassung von Thomas Mayer ist jedoch „der  wahre Grund für die Wachstumsschwäche ein unbewältigter Strukturwandel“ (FAS vom 24. April 2016). Im Aufschwung sind viele Ressourcen in wenig produktive Verwendungen im Immobilien- und Finanzsektor gelenkt worden.  Nach dem Platzen der Kreditblase erwiesen sich diese Verwendungen als langfristig unrentabel und hätten eigentlich aufgegeben werden müssen. Die Politik hat jedoch mit allen Mitteln die „schöpferische Zerstörung“ verhindert mit der Konsequenz eines geringeren Wachstums. „Insbesondere die Zentralbanken der großen Industrieländer trugen mit ihren Niedrigzinspolitik zur Konservierung überkommener Strukturen bei“, schreibt Thomas Mayer. 

III

Das andere Lager besteht aus Wirtschaftspolitikern, die darauf vertrauen, dass marktwirtschaftliche Systeme sich selbst steuern können und grundsätzlich gleichgewichtsfähig sind. Die Aufgabe der Politik sehen sie darin, der Wirtschaft eine passende Rahmenordnung zu geben, aber nicht in der Lenkung der Wirtschaftsprozesse. Letzteres ist Sache der Wirtschaftsakteure, die damit auch über die Art und Höhe des Wachstums entscheiden. Schwächere Wachstumsraten sind deshalb - siehe Ludwig Erhard - per se noch kein Markt- oder Politikversagen. Politikversagen liegt aber vor, wenn die Rahmendaten  oder politische Interventionen wirtschaftliches Wachstum behindern.

Im Sinne eines solchen Verständnisses von Wirtschaftspolitik kritisieren Hans-Werner Sinn/Gunther Schnabl die EZB in ihrem „Alternativplan“ dafür , dass sie als Reaktion auf die Finanzkrise 2007/2008 wie die meisten Zentralbanken dem „ ökonomisches Dogma“ des billigen und  leichten Geldes gefolgt ist, ohne die „ katastrophalen Folgen“ zu bedenken. Mit der Absenkung der Zinsen auf Null sowie dem Kauf von Staatsanleihen und einer expansiven Kreditpolitik  habe sie zwar Staaten und Banken vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet, aber damit auch die Regierungen aus der Verpflichtung entlassen, die staatliche Verschuldung einzudämmen und notwendige Strukturreformen durchzuführen. David Folkerts-Landau, Chef-Volkswirt der Deutschen Bank,  kritisiert insbesondere  das Ankaufprogramm für Staatsanleihen, das  überschuldeten EU-Staaten die Zahlungsfähigkeit garantiert: „Diese Länder müssen keine Angst mehr haben, dass ihre Zinskosten steigen, wenn sie keine Wirtschaftsreformen umsetzen und ihre Schulden nicht reduzieren.“ (FAS 24. April 2016) Als Resultat ist die Gesamtverschuldung in der Eurozone immer weiter gestiegen und dringend nötige Reformen wurden auf die lange Bank geschoben.

Mit der Nullzinspolitik wurde zudem die Lenkungsfunktion des Zinses außer Kraft gesetzt, was sich unmittelbar auf das Wachstum ausgewirkt hat. Zombi-Banken hängen weiter am Tropf der EZB und subventionieren Zombi-Unternehmen, die ohne eine „nachsichtige Kreditvergabe“ nicht überlebensfähig wären. „So lähmt die Geldpolitik Investitionen, Innovationen, Produktivitätsgewinne und Wachstum, ähnlich wie es früher in den sozialistischen Planwirtschaften der Fall war“, schreiben Sinn/Schnabl. Andererseits treibt die ultra lockere Geldpolitik in Deutschland die Preise von Immobilien, Aktien und Kunstwerken in die Höhe. Es entstehen Blasen, die eines Tages platzen werden und eine neue Finanzkrise auslösen können. 

Die noch gefährlichere Konsequenz sieht David Folkerts-Landau darin, dass der gesellschaftliche Widerstand gegen niedrige Zinsen und die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit den „politischen Widerstand“ gegen das Projekt Europa stärkt, an dem die Eurozone zerbrechen könnte. „Damit ist die Geldpolitik zur größten Bedrohung der Stabilität der Eurozone geworden“, warnt er. Das erscheint paradox, proklamiert die EZB doch, alles zu tun, „was auch immer notwendig ist“, um den Währungsraum zu bewahren. Das ultra billige Geld verursacht jedoch folgenschwere Verzerrungen: Unrentable Unternehmen werden am Leben erhalten; Wachstumsbranchen investieren nicht, weil negative Zinsen einen schwachen Ausblick signalisieren; und die Verteilungskonflikte verschärfen sich.
 
David Folkerts-Landau sieht die Alternative in der Umsetzung von Reformen in der Eurozone. „Die EZB hätte sich nie zur Retterin der Eurozone aufschwingen dürfen. Damit hat sie eine nachhaltige Lösung verhindert und ermöglicht, dass die Institutionen, die eigentlich die Ursachen und Folgen der Schuldenkrise hätte beseitigen müssen, sich aus der Verantwortung stehlen können. Je länger die Geldpolitik die notwendige Katharsis verhindert und Verzerrungen an den Märkten befeuert, desto stärker trägt sie zu einer Spaltung Europas und zum Erstarken politischer Randgruppen bei“, sagte er. Die Lösung darin, „die EZB dringend aufzufordern, ihre Negativzinspolitik möglichst schnell aufzugeben. Wenn die Zinsen wieder in den positiven Bereich zurückkehrten, würde dies in der gesamten Eurozone sofort für neues Vertrauen sorgen. Gleichzeitig müssen wir zu eine  markt- und risikobasierten Bepreisung der Staatsschulden zurückkehren, damit die Regierungen wieder einen Anreiz zu Reformen und Konsolidierung haben“.

Hans-Werner Sinn und Gunther Schnabl plädieren für einen Ausstieg aus der Politik des leichten Geldes in Schritten, wie sie die amerikanische Federal Reserve begonnen hat. Damit wären die Regierungen zum Sparen gezwungen, um die Schuldenberge abzutragen. „Die Verringerung der öffentlichen Ausgaben würde privater wirtschaftlicher Art wieder mehr Raum geben.“ Den Banken und Versicherungen, die unter den niedrigen Zinsen leiden, würde eine wichtige Einkommensquelle zurückgegeben. „Damit ließen sich faule Kredite abtragen und das traditionelle Kreditgeschäft zur Investitionsfinanzierung wiederbeleben“, schreiben sie. Für die Unternehmen wäre es das Signal, „dass sie, statt auf billige Kredite zu warten, wieder höhere Renditen erwirtschaften müssen. Das wäre ein Anreiz zu Innovationen und Investitionen.“ Die Kapazitäten der Unternehmen würden wieder ausgelastet. „Dies würde Raum für reale Lohnerhöhungen und mehr Konsum schaffen.“

Den Ausstieg aus der sehr lockeren Geldpolitik halten Sinn/Schnabl nur für möglich, wenn er international koordiniert wird, weil es ansonsten zu schmerzhaften Aufwertungen kommen kann. Zudem muss die EZB ihr Inflationsziel wieder am Maastricht-Vertrag orientieren, der Preisstabilität und nicht eine Inflationsrate von nahe zwei Prozent vorschreibt. „Mit der semantischen Umdeutung des Mandats sollte Schluss sein.“ Darüber hinaus halten Sinn/Schnabl die Reform des Regelwerks, unter dem der EZB-Rat seine Beschlüsse trifft, für dringend reformbedürftig. Die Stimmgewichte sollten die Haftungsanteile widerspiegeln. Außerdem sollten für Entscheidungen mit fiskalischer Wirkung qualifizierte Mehrheiten erforderlich sein. 

„Dies alles ist ein Entzugsprogramm für Drogensüchtige“, schreiben Hans-Werner Sinn und Gunther Schnabl abschließend. „Doch der Versuch, strukturelle Probleme mit immer mehr billigem Geld zu  therapieren, ist kontraproduktiv. Da die ultra lockere Geldpolitik neue Blasen treibt, das Wachstum lähmt und wachsende Ungleichheit begründet, bildet sie den Nährboden für eine zunehmende politische Polarisierung in der EU.“


 


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