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Mittelstandspolitik : 50 Jahre MIT (28. April 2006)
21.12.2015 13:03 (3324 x gelesen)

50 Jahre MIT I

(am 28. April 2006 auf den "Petersberg")

Guten Abend, meine Damen und Herren, verehrte Gäste, liebe Freunde und Mitglieder unserer MIT, an deren Gründung vor fünfzig Jahren wir heute und morgen erinnern wollen. Mit dem Petersberg haben wir einen geschichtsträchtigen Ort gewählt. Nur wer weiß, wo er herkommt, findet auch den Weg in die Zukunft. Deshalb wollen wir heute Abend auf fünfzig Jahre MIT-Geschichte zurückblicken und morgen einen Blick in die Zukunft richten.

50 Jahre sind in unserer schnelllebigen Zeit eine sehr große Zeitspanne. Vielen von uns sind einige dieser fünf Jahrzehnte noch sehr lebendig vor Augen. Sei es als aufmerksame Beobachter des politischen Geschehens oder als Akteure in unserer Vereinigung, in der CDU oder als Parlamentarier in Bund und Ländern.

Wenn man´s ganz genau nimmt, sind wir sogar ein wenig älter als 50 Jahre, denn hier im Rheinischen entstand schon 1949 ein Wirtschaftsausschuss der CDU unter der Leitung des Kanzlersohnes Konrad Adenauer junior. 1951 kam in Köln ein selbständiger Mittelstandsausschuss hinzu. In Westfalen-Lippe konstituierte sich zur gleichen Zeit ein "Handwerksbeirat", der sich sehr bald um Vertreter des Einzelhandels, des Verkehrsgewerbes, des Hotel- und Gaststättengewerbes und der Haus- und Grundbesitzer erweiterte.

Der offizielle Start aber erfolgte beim CDU-Bundesparteitag am 27./28. April 1956 in Stuttgart, also heute vor 50 Jahren, als "Bundesarbeitskreis Mittelstand der CDU/CSU". Initiatoren waren der Druckereibesitzer und spätere Wirtschaftsminister Kurt Schmücker, der Kölner Kaufmann Heinz Schmitz und Dr. Göke Frerichs.

Der Bundesarbeitskreis Mittelstand der CDU/CSU wurde schnell zu einer festen Größe der deutschen Nachkriegspolitik. Er einte Menschen, die von der Idee der Sozialen Marktwirtschaft überzeugt waren und für die Begriffe wie Eigeninitiative, Selbstverantwortung, Leistung, Wettbewerb und Kreativität Leitschnur ihres unternehmerischen Handelns waren. Diese Prinzipien waren es, die jene Kräfte freisetzten, die das sogenannte Wirtschaftswunder erst möglich machten.

Bei einem geschichtlichen Abriß dürfen zwei Daten nicht unter den Tisch fallen: Im Jahr 1969 wurde der Bundesarbeitskreis in "Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU" umbenannt. Eine weitere Namensänderung erfolgte 1995, als die MIT mit der Wirtschaftsvereinigung der CDU NRW fusionierte. Seitdem heißt unsere Vereinigung "Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT)".

Dass die Vorstellungen der Mittelständler auch entsprechenden parlamentarischen Widerhall fanden, dafür sorgte der von Kurt Schmücker schon 1954 gegründete und später in Personalunion geführte Diskussionskreis Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Mitte der 90er Jahre hatte der damalige Vorsitzende Hansjürgen Doss die Idee zu einer behutsamen Namensänderung in "Parlamentskreis Mittelstand". Diesem Zusammenschluss gehören heute 132 Unionsabgeordnete an, das sind 60 Prozent der gesamten Fraktion.

Meine Damen und Herren, die Nachkriegsgeschichte des Mittelstandes in Deutschland ist eine Erfolgsstory ohne Beispiel. Dass Ludwig Erhard sich mit seinen Ideen, vor allem was die mittelständische Struktur unserer Wirtschaft angeht, durchgesetzt hat, steht außer Zweifel. Dies aber ist ihn nicht in den Schoß gefallen, viele Widerstände galt es zu überwinden. Nach dem verlorenen Krieg setzten viele Wirtschaftsvertreter auf die Wiederherstellung großindustrieller Strukturen statt wie Erhard auf Markt und Wettbewerb! Andere waren beseelt - auch in der CDU - vom "christlichen Sozialismus", allerdings ohne genaue Vorstellungen zu haben, wie er aussehen könnte.

Diesen zum Teil diffusen und widersprüchlichen Reformideen, deren Protagonisten die Gegenerschaft zum Kapitalismus einte, setzte Erhard das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft entgegen. Diese Wirtschaftsordnung verbindet das Prinzip der Freiheit auf dem Markt mit dem Postulat des sozialen Ausgleichs. Das Ziel war eine ausbalancierte Gesellschaft. Die verschiedenen Interessen sollten unter einen Hut gebracht werden, was lange Zeit auch gelungen ist.

In seiner Rede vor dem CDU-Bundesparteitag 1965 in Düsseldorf sagte Ludwig Erhard: "Die Soziale Marktwirtschaft war nicht nur deshalb ein so großer Erfolg, weil sie den Leistungswillen der Wirtschaft beflügelte, sondern weil sie zugleich eine groß angelegte Politik des sozialen Ausgleichs ermöglichtet." ...und er fuhr fort: "Unsere vordringliche Aufgabe wird es also sein, die Sozialpolitik von überflüssigem Gestrüpp zu befreien, das Gefüge unserer Sozialleistungen rationeller, überschaubarer und zugleich für den Bürger effizienter zu gestalten. Noch so gut gemeinte soziale Wohltaten, die an dem Kern der Aufgabe vorbeigehen, sind unverhältnismäßg teuer und schwächen die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft in besorgniserregendem Maße."

Damit hat er in visionärer Weise exakt unsere heutigen Probleme beschrieben und die Herausforderungen umrissen, vor denen wir stehen. Unsere Wirtschaftsordnung wäre heute wesentlich sozialer, wenn in der Vergangenheit nicht so häufig und so fahrlässig gegen die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft verstoßen worden wäre. In dem heutigen Verständnis der Marktwirtschaft dominiert zu sehr der Begriff des "Sozialen". Dies ist eine Verkehrung der Lehre Erhards. Die Marktwirtschaft, auch nicht die soziale, ist kein Appendix des Sozialen.

Was muss die MIT in dieser Lage tun? Als Bundesvorsitzender ist es mein Anliegen, dass die MIT in dem Spannungsfeld von wirtschaftlicher Effizienz und sozialer Verantwortung die "wirtschaftliche Kompetenz" herausstellt und sich als das marktwirtschaftliche Gewissen der Union sieht. Die Mitglieder der MIT, zwei Drittel sind nicht parteigebunden, spüren, dass wir dem Regierungspartner CDU den Rücken stärken müssen. Wir tun dies sachlich, nie personenbezogen und schon gar nicht gegen irgend jemanden gerichtet. Wir geben denen Rückenstärkung, die marktwirtschaftlich denken und handeln. 


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