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Europäische Krisen : Spalterische EU-Reformen
05.06.2018 10:10 (1901 x gelesen)

Spalterische EU-Reformen

Die Debatte um die Reform der Europäischen Union (EU) geht in die entscheidende Runde. Ende  Juni 2018 kommen die europäischen Staats- und Regierungschefs zusammen, um über die verschiedenen Vorschläge zu beraten. Der französische Präsident Emmanuel Macron, der im Herbst 2017 in seiner Sorbonne-Rede zu dieser Debatte aufgefordert hat, ist ungeduldig. In direkter Ansprache zur Bundeskanzlerin sagte er Anfang Mai bei der Verleihung des Karlspreises in Aachen: „Ich warte auf eine deutsche Antwort. Lassen Sie uns endlich handeln“.

Nur wenig später kam die Antwort von 154 deutschen Wirtschaftsprofessoren in Form eines in der FAZ vom 22. Mai 2018 erschienenen öffentlichen  Aufrufs: „Wir - 154 Wirtschaftsprofessoren – warnen davor, die europäische Währungs- und Bankenunion noch weiter zu einer Haftungsunion auszubauen. Die in der Berliner Koalitionsvereinbarung erwähnten Vorschläge des französischen Präsidenten Macron und des EU-Kommissionschefs Juncker bergen hohe Risiken für den europäischen Bürger.“

Der Aufruf wirft ein Schlaglicht darauf, wie problematisch und umstritten die aus Brüssel und Paris stammenden Reformvorschläge sind. Die 154 Ökonomen kritisieren in erster Linie, dass die Vorschläge allesamt das  Haftungsprinzip innerhalb der Eurozone weiter schwächen, wodurch Anreize für wirtschaftliches Fehlverhalten (moral hazard) entstehen und die Interessengegensätze innerhalb der Eurozone noch stärker werden. Den Vorwurf aus Brüssel, die deutsche Seite sage zu jedem Reformvorschlag nur „nein“, kontern die 154 Ökonomen mit konkreten Gegenvorschlägen.

Kritische Reformvorschläge

Bei dem für Ende Juni geplanten Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs geht es um folgende Vorhaben:

1. Aus dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus ESM soll ein Europäischer Währungsfonds (EWF) werden, der laut Angela Merkel „mit Instrumenten, wie sie auch der IWF hat“, ausgestattet werden soll. Umstritten ist, ob der EWF mittelfristig „unter das Dach des Unionsrechts“ gestellt wird, wie es die EU-Kommission fordert. Damit würde der Deutsche Bundestag sein Kontrollrecht möglicherweise verlieren, was auf Widerstand in Berlin trifft.  
2. Die EU-Kommission plant, für Bankguthaben eine gemeinsame Einlagensicherung einzurichten. Dies stößt in Berlin auf Bedenken, weil deutsche Sparer so für Krisenbanken in anderen EU-Ländern haften müssten. Es wird gefordert, dass zunächst die notleidenden  Bankkredite in Europa  (insgesamt etwa 950 Mrd. Euro)  reduziert werden müssen, bevor eine europäische Einlagensicherung eingeführt wird.
3. Im Rahmen des Bankenabwicklungsfonds soll der Europäische Stabilisierungsmechanismus ESM  als Rückversicherung für die Sanierung von Banken (Common Backstop) dienen, also letztlich der Steuerzahler haften. Die 154 Wirtschaftsprofessoren warnen vor einem solchen Vorhaben, weil für Banken damit der Anreiz sinkt, ihre faulen Kredite zu bereinigen.
4. Es ist geplant, einen europäischen Investitionsfonds aufzulegen, um strukturschwachen Ländern zu helfen und Reformen zu belohnen. Die 154 Wirtschaftsprofessoren lehnen einen solchen Fonds ab, weil er zu weiteren Transfers und Krediten an Euroländer führt, die es versäumt haben, die notwendigen Reformen durchzuführen.
5. Die EU-Kommission fordert zudem für den Euroraum einen eigenen Haushalt, um damit „asymmetrische“(also nur einzelne Länder betreffende) makroökonomische Schocks abzufedern. Kritiker befürchten, dass dieser Topf nach wenig überprüfbaren Kriterien in Anspruch genommen wird und wenig bewirkt. 

Widerstand aus Nordeuropa

Die europäischen Staats- und Regierungschefs werden Ende Juni zwei entscheidende Frage beantworten müssen: Erstens: Soll sich die Währungsunion endgültig zu einer Haftungsunion entwickeln?
Zweitens: Sollen die europäischen Institutionen zulasten der Mitgliedsstaaten weiter gestärkt werden?

Hierzu gibt es in Europa fundamentale Meinungsunterschiede und dementsprechend verlaufen die Frontlinien: Die eine verläuft zwischen Südeuropa, das mehr Transfers und Solidarität einfordert, und Nordeuropa, das die nationale Eigenverantwortung betont. Die andere liegt zwischen der EU-Kommission, die mehr Kompetenzen anstrebt und das Gemeinschaftsrecht stärker zur Geltung bringen will, und den Mitgliedsstaaten, die eher zwischenstaatliche Lösung bevorzugen. In diesen Linien wird sich die Debatte bewegen, wenn die Staats- und Regierungschefs Ende Juni über die einzelnen Reformvorschläge diskutieren (Werner Mussler in FAZ vom 22. Mai 2018).

Acht Staaten aus dem Norden der Europäischen Union haben sich bereits im Vorwege auf eine gemeinsame Linie verständigt. Die Finanzminister der Niederlande, Irlands, Dänemarks, Schwedens und Finnlands sowie der drei baltischen Staaten warnen vor hochfahrenden Plänen und Wunschdenken in der Diskussion über die Vertiefung der Währungsunion. „An weiteren Kompetenzübertragungen auf die europäische Ebene darf nur dort gedacht werden, wo ein wirklicher Mehrwert gesichert ist“, heißt es in einem gemeinsamen Papier. „Am Ende müssen wir einen Konsens darüber finden, was wir unbedingt brauchen, nicht darüber, was einige gerne hätten.“

Zu den Vorschlägen der Kommission zur Stärkung des Euro schreiben die acht Staaten: „Für eine Stärkung der Währungsunion sind zuallererst entschiedene Schritte in den Mitgliedsstaaten und die Einhaltung unserer gemeinsamen Regeln nötig.“ Das beginne mit Strukturreformen und der Beachtung des Stabilitätspakts. Zur Weiterentwicklung des ESM zu einem EWF beharren die acht Staaten auf der Position, dass die Entscheidungsfindung „klar in den Händen der Mitgliedstaaten bleiben“ muss. Auch mit Blick auf die Bankenunion bleiben die acht Länder dabei, dass zunächst Bankenrisiken abgebaut werden müssen, bevor an eine Letztsicherung des Bankenabwicklungsfonds aus ESM-Mitteln gedacht werden kann.

Deutschland, das bisher als Sprachrohr der nördlichen EU-Staaten galt, ist an dem Paper nicht beteiligt. In Brüssel wird vermutet,  dass die acht Länder einen Kurswechsel der neuen Bundesregierung befürchten. „Bisher konnten sich diese Länder darauf verlassen, dass Finanzminister Wolfgang Schäuble allzu weit reichende Transferwünsche aus dem Süden abblockt. Schäuble hat einen SPD-Nachfolger, und aus dem Koalitionsvertrag lässt sich Transferfreudigkeit ablesen“, sagte ein EU-Diplomat. Als weiteres Motiv für die Initiative der Nordländer  gilt die Angst, von einem deutsch-französischen Vorgehen politisch überfahren zu werden. „Die Staaten fürchten nicht nur, dass Schwarz-Rot französischer tickt. Sie wollen auch verhindern, dass nur die beiden größten Länder über mögliche Neuerungen entscheiden“, sagte ein weiterer EU-Diplomat.

Die Position der Bundeskanzlerin

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in einem Interview mit der FAS vom 3. Juni 2018 zu den europäischen Reformplänen geäußert und damit dem französischen Präsidenten die lang erwartete Antwort gegeben.

Zu dem geplanten Umbau des ESM zu einem Europäischen Währungsfonds (EWF) sagte sie, sie könne sich eine Kreditlinie vorstellen, die kürzere Laufzeiten hat, „zum Beispiel fünf Jahre“. „Damit können wir Ländern, die durch äußere Umstände in Schwierigkeiten geraten, unter die Arme greifen. Immer gegen Auflagen natürlich, in begrenzter Höhe und mit vollständiger Rückzahlung.“ Der EWF muss nach Merkels Worten die volkswirtschaftliche Lage in allen Mitgliedsländern aus eigener Kompetenz beurteilen können. Darüber hinaus soll er die Schuldentragfähigkeit der Mitgliedsstaaten bewerten können, bevor er gegebenenfalls helfend mit Krediten einspringt. Wie sie betonte, soll der EWF zwischenstaatlich organisiert sein – „mit den entsprechenden Rechten der nationalen Parlamente“.

Der in der Staatsschuldenkrise geschaffene ESM kann derzeit Ländern mit langfristigen Krediten helfen. Das ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass die gesamte Eurozone in Gefahr ist. Zudem ist die Hilfe an harte Auflagen gekoppelt. Man kann davon ausgehen, dass die kürzer laufenden Hilfskredite mit weniger harten Auflagen verbunden sein werden.

Angela Merkel bekannte sich in den Interview zudem zu einem Investivhaushalt für die Eurozone. Auf die Frage, wie viel Geld sie dafür aufzuwenden bereit wäre, antwortete sie: „Das wird im unteren zweistelligen Milliardenbereich liegen, und wir werden es sicher schrittweise einführen und dann die Wirkungen evaluieren.“ Man müsse darüber reden, wie solche Mittel am wirkungsvollsten eingesetzt und wie die Ausgaben parlamentarisch kontrolliert würden.

Obwohl alle Versuche der Europäischen Union, mit hochdotierten Fördertöpfen den wirtschaftlichen Zusammenhalt und technische Spitzenleistungen zu fördern, nur zu bescheidenen Erfolgen geführt haben, warb die Bundeskanzlerin dafür, diesen Weg weiterzugehen: „Wir brauchen in der Eurozone eine schnellere wirtschaftliche Konvergenz zwischen den Mitgliedsstaaten. Dafür müssen wir die Innovationsfähigkeit stärken, und zwar mit Hilfe zusätzlicher Strukturpolitik.“ Länder, die einen Nachholbedarf hätten, sollten besser einbezogen werden. Zu klären sei noch, ob dieses zusätzliche Budget innerhalb oder außerhalb des EU-Haushalts verwaltet werden soll. 

Alte Kamellen

Betrachtet man die derzeitigen Reformvorschläge für Europa, so springt folgendes ins Auge:

Erstens: Bei allen Vorschlägen geht es in erster Linie um Geld, Transfers und Kredite, nicht um europäische Projekte  wie gemeinsame finanzierte Digitalprojekte, Energieprojekte,  Raumfahrtprojekte oder Infrastrukturinitiativen.

Zweitens: Alle Vorschläge bedeuten mehr staatliches Handeln, das über Steuern oder Staatskredite finanziert werden muss. Das europäische Prinzip der Subsidiarität wird an keiner Stelle angesprochen.  

Drittens: Kein Vorschlag ist geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone nachhaltig zu verbessern und Arbeitsplätze zu schaffen. Es geht vielmehr um die Verteilung von Wohlstand durch Transfers, Kredite und Garantien.

Kurz zusammengefasst: Alle Reformvorschläge durchzieht ein staatswirtschaftlicher Geist. Es ist das Misstrauen gegenüber Unternehmen, Märkten und Wettbewerb, denen man nicht zutraut, die Probleme zu lösen. Statt privater Initiative und Eigenverantwortung setzt man auf Steuern und Abgaben, Kredite und Transfers, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern. Es ist der Dreiklang „Gleichheit – Solidarität – Umverteilung“, auf dem die Reformvorschläge basieren. Insoweit handelt es sich um alte Kamellen.

In diesen Zusammenhang gehören auch Äußerungen, die Emmanuel  Macron anlässlich der Verleihung des Karlspreises gemacht hat: „Deutschland hat ein Tabu bei Transferleistungen. Doch ohne geht es nicht. Eine Eurozone ohne Transfers wird nicht lange funktionieren.“ Und: „Wir müssen solidarisch sein, insbesondere mit den Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit.“ Dann ließ er sich sogar zu der Aussage hinreißen, dass Deutschland von seinem „Fetischismus der Haushalts- und Handelsüberschüsse“ abkommen müsse.

Dies bietet einen Vorgeschmack auf  die Wirkungen der Reformvorschläge:  Wer die Zurückhaltung bei Staatsausgaben bereits jetzt dermaßen kritisiert, wird sich sicherlich auch bei einem gemeinsamen Investitionsfonds  und Eurozonenbudget nicht zurückhalten, wenn es um Transfers zugunsten anderer Länder geht. 

Den Vorschlägen von Macron und der EU-Kommission fehlt der Freiheitsbegriff, der für Jean Monnet, einen der Gründungsväter der Europäischen Gemeinschaft, so zentral war. Seine Vision von Europa, die er als die „große europäische Revolution unserer Zeit“ bezeichnete, sollte eine Union der Völker Europas schaffen, „in all ihrer Verschiedenheit und in Freiheit“. Auch Jacques Delors, der dreifache Präsident der Europäischen Kommission, betonte stets, das europäische Modell sei in Gefahr, wenn man das Prinzip der Eigenverantwortung über Bord werfe (Christian Thimann in der FAS vom 3. Juni 2018). An diese Aussagen sollte Angela Merkel ihren französischen Kollegen erinnern, wenn sie sich demnächst in Brüssel treffen.

Schloss Meseberg

Zur Vorbereitung des EU-Gipfeltreffens am 29. Juni 2018 vereinbarten Angela Merkel und Emmanuel Macron am 19. Juni 2018 auf Schloss Meseberg, „die Eurozone weiter zu stärken und zu vertiefen und sie zu einer echten Wirtschaftsunion zu machen“. Dazu einigten sie sich auf folgende Maßnahmen:

• Es ist geplant, den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem Europäischen Währungsfonds unter EU-Recht umzuwandeln.
• Die Umschuldung von Staaten soll durch Euro-Umschuldungsklauseln in den Staatsanleihen erleichtert werden.
• Die Tätigkeit des ESM gegenüber Krisenländern soll mit den Maßnahmen der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) verzahnt werden.
• Mitgliedsstaaten können neben dem ESM auch den IWF für Finanzhilfen in Anspruch nehmen.
• Der ESM kann Mitgliedsländern bei Liquiditätsengpässen auch Kredite geben, wenn sie nicht alle Bedingungen für ein komplettes Programm erfüllen.
• Der ESM soll als Rückversicherung für die Sanierung von Banken (Backstop) dienen.
• Die Einlagensicherung für Bankguthaben soll wie geplant vergemeinschaftet werden.
• Die Kapitalmarktunion soll zügig vollendet werden.
• Im Jahr 2021 soll ein Haushalt für die Eurozone aufgestellt werden, der von den Mitgliedstaaten, von „Steuereinnahmen“ und aus europäischen Mitteln finanziert werden soll.
• Das Thema eines Europäischen Stabilisierungsfonds für Arbeitslosigkeit soll geprüft werden.

Offensichtlich waren diese Punkte mit der SPD als Koalitionspartner, aber nicht in der Union mit der CSU abgestimmt worden. Der CSU-Vorsitzende und Bundesinnenminister Horst Seehofer kündigte deshalb an, man werde die Erklärung von Meseberg zum Thema des Koalitionsausschusses machen. Deutlicher wurde der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der davor warnte, die europäische Finanz- und Asylpolitik zu vermischen. Es könne nicht sein, dass die Kanzlerin versuche, andere europäische Länder mit finanziellen Zusagen zu einer Zusammenarbeit in Asylfragen zu bringen. „Wir können jetzt nicht zusätzliche Schattenhaushalte auf den Weg bringen oder versuchen, die Stabilität der Währung aufzuweichen“, sagte er.

Das unter großem Zeitdruck und mit heißer Nadel gestrickte Meseberg-Papier war auch mit den anderen Mitgliedsländern nicht abgestimmt worden. „Uns droht eine chaotische Diskussion. Die deutsch-französischen Papiere gehen einerseits deutlich über das hinaus, was wir jetzt – etwa zur Bankenunion – endlich beschließen wollen, und andererseits sind sie ausgesprochen unstrukturiert und wenig durchdacht“ sagte ein EU-Diplomat. Für den Ablauf des Gipfels verhieß dies nichts Gutes.

Das Chaos mündete schließlich in eine E-Mail, die der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra (rechts) kurz vor dem Gipfel im Namen seiner Amtskollegen aus Belgien, Luxemburg, Österreich, Finnland, den drei baltischen Staaten sowie den Nicht-Eurostaaten Schweden und Dänemark an den Eurogruppenchef Mário Centeno richtete. Darin wurde nicht nur ein Euro-Budget strikt abgelehnt. Die zehn Finanzminister gaben auch zu Protokoll, dass sie die Voraussetzungen für die Fortentwicklung von Bankenunion und ESM noch nicht als erfüllt ansehen. Vor allem müssten die von vielen Banken immer noch ausgehenden Risiken gesenkt werden, bevor über deren Vergemeinschaftung gesprochen werden könne. 

Das Ergebnis des Europäischen Gipfels am 29. Juni 2018 war deshalb für alle eine Enttäuschung. Merkel und Macron waren daran nicht unschuldig, weil das Meseberg-Papier zu spät kam und viele Ungereimtheiten enthielt. Dabei hatte die niederländische Regierung frühzeitig gewarnt, als sie sich gegen die von Frankreich und Deutschland diskutierten Finanztöpfe aussprach. „ Mir konnte noch niemand sagen, welches Problem wir damit lösen sollen“, gab der niederländische Finanzminister bereits Mitte Juni 2018 zu Protokoll. Gleichzeitig rief er alle Staaten dazu auf, an der langfristigen Robustheit der Währungsunion zu arbeiten. „Das erreichen wir aber nicht dadurch, dass wir mehr Geld ausgeben oder Mittel zusammenlegen. Am wichtigsten ist, dass alle Mitgliedsstaaten ihr eigenes Haus in Ordnung bringen.“

EU-Gipfel vom 14. Oktober 2018

Zum Eurobudget und dem Euro-Krisenfonds ESM trafen die europäischen Staats- und Regierungschefs auf dem Euro-Gipfel vom 14. Dezember 2018 weitergehende Beschlüsse:

Im EU-Budget sollen von 2021 an Extramittel für die Eurozone vorgesehen werden. Die konkrete Ausgestaltung und der Umfang des Sonderbudgets sind jedoch ungeklärt. Nach der Schlusserklärung soll es sich um ein "Finanzinstrument für wirtschaftliche Angleichung und Wettbewerbsfähigkeit" handeln. Die Eurogruppe soll bis Juni 2019 Vorschläge ausarbeiten, wie dieses "Instrument" aussehen und in das EU-Budget integriert werden könnte.

Merkel verwies darauf, dass die Beschlüss  auf einem deutsch-französischen Vorschlag beruhen. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte indes ursprünglich weiter reichende Vorschläge gemacht. Das vom ihm angestrebte Ziel, mit dem Eurobudget auch makroökonomische Stabilisierungspolitik zu betreiben, wurde vorerst nicht weiterverfolgt. Ob sich das Eurobudget aus anderen Quellen speisen soll, blieb ebenfalls offen. Frühere Vorschläge, es aus einer neuen Finanztransaktionssteuer zu finanzieren, wurden von Luxemburg abgelehnt.

Unstrittig waren demgegenüber die Beschlüsse zur Stärkung des Krisenfonds ESM. Er soll in einigen Jahren als Letztsicherung ("Common Backstop") für die Bankenabwicklung eingesetzt werden. Das bedeutet konkret, dass der ESM im Bedarfsfall dem aus Bankenabgaben gespeisten Bankenabwicklungsfonds (SRF) Kredite gewähren darf, wenn dieser bei der Abwicklung großer Banken in Geldnot kommen sollte. Die mit dem Backstopp verbundene Vergemeinschaftung von Bankenrisiken ist an deren weitere Senkung geknüpft. Entscheidungen über eine Freigabe des Geldes müssen die Eurostaaten einstimmig treffen. Wenn die nationalen Parlamente an der Entscheidung zu beteiligen sind, muss sichergestellt sein, dass eine Kreditfreigabe zügig (auch am Wochenende) möglich ist.

Ferner soll der ESM künftig eine wichtigere Rolle in der Programmaufsicht erhalten, wenn es künftig zu neuen Kreditprogrammen für bedürftige Eurostaaten kommen sollte. Wegen der neuen Regelungen muss der ESM-Vertrag mit der einstimmigen Billigung aller 19 Eurostaaten geändert werden. Die Staats- und Regierungschefs beauftragten die Eurogruppe, bis Juni 2019 die dafür benötigten Änderungsentwürfe vorzubereiten.


 


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