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Friedrich Merz: "Deutschland kann Wirtschaft"
09.02.2025 21:42 (58 x gelesen)

Friedrich Merz: „Deutschland kann Wirtschaft!“

Nach der öffentlichen Aufregung über das „Migrationsbegrenzungsgesetz“ hat sich Friedrich Merz am 9. Februar 2025 im laufenden Wahlkampf mit einem Gastbeitrag in der WELT AM SONNTAG (WamS) zu den wirtschaftspolitischen Plänen der Union geäußert.  

•    Er verspricht, die strukturellen Probleme, die der Wirtschaftsstandort Deutschland heute hat, nicht mit dem „Verstellen einiger kleiner Stellschrauben“, sondern mit einem „echten Politikwechsel“ zu lösen. Denn die „Unternehmen brauchen keine Subventionen, sondern die richtigen Rahmenbedingungen, um auch in Zukunft den Wohlstand unseres Landes erarbeiten zu können.“
•    Gerade in Zeiten rasanter technischer Entwicklungen „müssen wir wieder Freiraum für Unternehmertum schaffen“, betont Merz. Dazu soll der Rückbau der Bürokratie forciert werden, indem z.B. für jede neue Regelung zwei andere aufgehoben werden. Außerdem will Merz Unternehmen in der Gründungsphase „von der meisten Bürokratie befreien“.
•    Den Fachkräftemangel will Merz dadurch bekämpfen, dass Rentner, die über den Rentenbeginn hinaus weiterarbeiten, auf ein monatliches Gehalt bis zu 2000 Euro keine Steuern zahlen müssen. Das Bürgergeld mit seinen falschen Anreizen soll abgeschafft werden. Im Übrigen will Merz die Einkommensteuerbelastung und die Steuer auf einbehaltene Gewinne schrittweise reduzieren.   

Mit solchen Plänen einer „angebotsorientierten Wirtschaftspolitik“ setzt sich Friedrich Merz deutlich von der Wirtschaftspolitik des jetzigen grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck ab, der der Meinung ist, dass eine Wirtschaftspolitik, die der „Wirtschaft die besten allgemeinen Bedingungen verschafft“, der Vergangenheit angehört. Er jedenfalls werde mit Subventionen aktiv dafür sorgen, „dass die Schlüsselindustrien, die wir haben, hier im Land bleiben“ und die Industrie ihre Klimaziele erreicht.

Die Wende in der Energie- und Klimapolitik

Zu den Klimaschutz- und Energieplänen der Union hat sich Friedrich Merz in dem Gastbeitrag der WamS ebenfalls geäußert:

•    Im Energiebereich will die Union den Strom vergünstigen, indem die Stromsteuer und die Netzentgelte gesenkt werden. Klimapolitisch hält es Merz für „sinnwidrig, allein auf Elektrifizierung zu setzen“, und spricht sich für Technologieoffenheit aus: „Ich setze auf Innovationsoffenheit und das Vertrauen, dass die Menschen selbst besser entscheiden können, welche Technologie unter Berücksichtigung steigender CO2-Preise für sie am besten geeignet ist.“

•    Nach seiner Überzeugung ist eine verlässliche, bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung nur durch eine Politik zu erreichen, „die marktwirtschaftlichen Kräfte freisetzt“. Daher will er „den Emissionshandel als Leitinstrument ausbauen und alle verfügbaren und zukünftigen Technologien der Energieerzeugung wieder in den Blick nehmen“.

Mit dieser Positionierung verabschiedet sich die Union von dem Konzept einer „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“, die der früheren Kanzlerin Angela Merkel vorschwebte. Obsolet sind mit der Entscheidung von Friedrich Merz auch die grünen Ideen von einer „großen Transformation der Gesellschaft“, die der „Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderung (WBGU)“ der Bundesregierung in seinem Hauptgutachten aus dem Jahr 2011vorgeschlagen hat.

Die vor allen von den Grünen betriebene Klimapolitik beruhte von Anbeginn auf den folgenden drei Säulen: 1. auf dem europäischen Handelssystem mit CO2-Zertifikaten, 2. auf der Subventionierung regenerativer Energien und  3. auf ordnungspolitischen Maßnahmen wie Verboten und Grenzwerten.

Keine dieser Maßnahmen hat sich fördernd auf die Produktivität der deutschen Wirtschaft ausgewirkt. Das europäischen Handelssystem mit CO2-Zertifikaten kommt jedoch einer marktwirtschaftlichen Lösung am nächsten und ist bei der Reduktion von CO2 erfolgreich. Insoweit ist die Entscheidung von Friedrich Merz nachvollziehbar und auch richtig,  Klimaschutz mit diesem Instrument zu betreiben.

Die staatliche Investitionsförderung von Wind- und Solaranlagen ist demgegenüber ein deutsches Planungsprojekt, mit dem die Produktion von Strom mit fossilen Energien eingestellt und komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden soll. Ob das Klima dadurch geschützt wird, ist jedoch wegen des sogenannten „Wasserbetteffektes“ im CO2-Handelssystem äußerst zweifelhaft.

Außerdem hat Deutschland mit der Stromerzeugung durch erneuerbaren Energien ein gut funktionierendes System gegen ein fehleranfälliges und teures eingetauscht.

Das ehemalige System der Elektrizitätswirtschaft bestand aus Großanlagen, die mit Kernenergie, Kohle, Öl oder Gas verlässlich Elektrizität produzierten. Die Anlagen befanden sich normalerweise in der Nähe der Industrie- oder Verbraucherzentren, so dass keine aufwändigen Stromnetze benötigt wurden. Das elektrische Versorgungssystem mit erneuerbaren Energien ist von Wind und Sonne abhängig und beruht auf unzähligen Kleinanlagen, die sich über das ganze Land verteilen, schwerpunktmäßig im Norden und Nordosten. Um diesen Strom zu den Nutzern zu transportieren, braucht man ein aufwändiges Netzwerk von Stromleitungen. Außerdem ist dieser Strom bei Dunkelflauten nicht lieferbar, so dass zusätzlich fossile Ersatzkraftwerke vorgehalten werden müssen.

Das Projekt der Stromgewinnung aus erneuerbaren Energien ist allerdings schon so weit fortgeschritten, dass es faktisch nicht mehr rückabgewickelt werden kann, ohne die Stromversorgung zu gefährden. Das System kann aber von falschen Anreizen und Privilegien entrümpelt und im Tempo der weiteren Entwicklung gedrosselt werden.

Beendet werden sollte aber die von Robert Habeck betriebene Industriepolitik, die in Schlüsselindustrien mit Subventionen in Milliardenhöhe klimaschonende Investitionen fördert, damit die begünstigten Unternehmen im Land bleiben. Einen Beitrag zur Verbesserung der Produktivität leisten solche Investitionen schon deshalb nicht, weil sie funktionsfähige Anlagen ersetzen und wegen des klimaschonenden Effektes zusätzliche Kosten verursachen. 

Das deutsche Produktivitätsproblem

Bundeskanzler Olaf Scholz und Robert Habeck haben im Zusammenhang mit Investitionen in klimaschonende Anlagen von einem baldigen „grünen Wirtschaftswunder“ gesprochen. Kürzlich hat der aus fünf Sachverständigen bestehende „Expertenrat für Klimafragen“ diese Aussage überprüft und dazu Stellung genommen:

Der Expertenrat beziffert die privaten Investitionen, die mit der Umstellung auf CO2-freie Prozesse verbunden sind, über alle Branchen hinweg mit 135 bis 255 Milliarden Euro – "im Jahr". Das entspricht 3,2 bis 6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eines Jahres. Teils resultiert der Investitionsbedarf aus Ersatzinvestitionen, teils sind auch zusätzliche Investitionen nötig, um die erwünschten Klimaziele zu erreichen. Diesen Mehrbedarf beziffern die Sachverständigen auf bis zu 150 Milliarden Euro.

Um die entsprechenden Investitionen zu realisieren, hält der Expertenrat staatliche Investitionsanreize für „unabdinglich“, die er „auf einen mittleren bis hohen zweistelligen Milliardenbetrag pro Jahr“ schätzt. Nach Meinung der Experten sind also "jährlich" private und öffentliche Investitionen zwischen 200 und 300 Milliarden Euro erforderlich, um die Klimaziele zu erreichen.

Ökonomische Vorteile versprechen sich die Sachverständigen von diesen Investitionen ausdrücklich nicht. Mit solchen Investitionen könnten aber Folgekosten je nach Stärke des Klimawandels zwischen 10 und 31 Milliarden Euro vermieden werden. Zu dem von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) in Aussicht gestellten „grünen Wirtschaftswunder“ mochten sich die Wissenschaftler nicht äußern. „Ja, die Transformation kostet Geld“, sagte der Ratsvorsitzende. „Auf der anderen Seite bietet sie auch Chancen“.

Die Sachverständigen bestätigen mit ihrer Aussage, dass klimaschonende Ersatzinvestitionen keinen Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Produktivität leisten und insoweit zur Wohlstandsvermehrung nicht beitragen. Damit eignen sich solche Investitionen auch nicht für eine "angebotsorientierte Wirtschaftspolitik", mit der die Produktionsbedingungen einer Wirtschaft verbessert werden sollen. Die Aussage des Sachverständigenrates liefert zudem eine Erklärung für die im Vergleich zu anderen Ländern unterdurchschnittliche Entwicklung der Arbeitsproduktivität in Deutschland und Europa, also des Verhältnisses des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zur Erwerbsbevölkerung.

Auf globaler Ebene hat sich die Arbeitsproduktivität nach einer Analyse des Mckinsey Global Instituts (MGI) durchaus positiv entwickelt: „Insgesamt ist das globale Produktivitätswachstum in den vergangenen Jahrzehnten eine Erfolgsgeschichte“. So hat sich die globale Arbeitsproduktivität von 1997 bis 2022, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), pro Kopf weltweit von 7.000 Dollar auf 41.000 Dollar versechsfacht. Allein die Anzahl der Menschen in extremer Armut ist global dadurch in den Jahren von 1990 bis 2020 von zwei Milliarden auf 700 Millionen zurück gegangen.

Die Fortschritte der Arbeitsproduktivität entfielen allerdings in erster Linie auf Schwellenländer. „Der Produktivitätsanstieg in vielen Industrieländern ist dagegen ins Stocken geraten,“ stellt das MGI in seiner Analyse fest. So entfallen in dem angegebenen Zeitraum 50 Prozent des Produktivitätsanstiegs auf China und Indien, während Westeuropa mit 7 Prozent am wenigsten zum globalen Anstieg der Produktivität beigetragen hat.

Doch auch im Vergleich mit den USA schneidet Westeuropa beim Vergleich der Arbeitsproduktivität schlecht ab. In den vergangenen 20 Jahren ist die Arbeitsproduktivität pro Stunde in den USA mehr als doppelt so stark gestiegen wie in der Eurozone. Besonders schlecht war die Entwicklung in Deutschland: die Arbeitsproduktivität stieg hier von 1991 bis 2017 (auf Basis des Indexjahr 2015 = 100) nur noch um 22 Punkte. Danach stagnierte sie nahezu: zwischen 2012 und 2019 betrug es nur noch 0,8%.

Die deutsche Investitionslücke

Der Studie von MGI zufolge sind innovative Investitionen von Unternehmen und öffentliche Investitionen in die Infrastruktur die wichtigsten Triebkräfte für die Verbesserung der Arbeitsproduktivität. Länder mit dem stärksten Anstieg der Arbeitsproduktivität wie z.B. China oder Indien haben Investitionen in Höhe von 20 bis 40 Prozent ihres jährlichen BIP getätigt – in Industrieanlagen, in die Urbanisierung sowie in den Aufbau einer modernen Infrastruktur.

Im Vergleich dazu ist die Investitionsquote in Deutschland seit Jahrzehnten viel zu niedrig. Dafür gibt es Gründe:

1.    Deutsche Unternehmen investieren zunehmend im Ausland, so dass die Verbesserung der Produktivität dort stattfindet.
2.    Soweit sie im Inland in klimaschonende Anlagen investieren, ist das für die Arbeitsproduktivität laut „Expertenrat für Klimafragen“ irrelevant (siehe oben).
3.    Der Staat hat notwendige Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur vernachlässigt, weil die Sozialpolitik und vieles andere für die Politik vorrangig waren.

Als Ergebnis sind die deutschen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur im internationalen Vergleich außerordentlich niedrig und auf unter 2% des BIP gefallen. Dies ist nur etwa die Hälfte des Niveaus in den USA oder in Frankreich, das schon nicht sonderlich hoch ist.

Fazit:

Dies bedeutet für den von Friedrich Merz verkündeten Politikwechsel: 

Die Unternehmen müsen wieder im Inland investieren, um die hiesige Wirtschaft produktiver zu machen. Dafür braucht es wettbewerbsfähige Standortbedingungen. Neben dem Abbau von Bürokratie und Steuersenkungen erfordert das massive Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, in erster Linie in das öffentliche Straßen- und Schienennetz. Sollten dafür ausreichende staatliche Mittel nicht zur Verfügung stehen, sollte nicht die Schuldenbremse gelockert werden, sondern der Weg der Privatisierung gegangen werden. Da die nächste Regierung voraussichtlich eine Koalitionsregierung sein wird, gehören solche Richtungsenscheidungen in den Koalitionsvertrag.


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