top-schriftzug
blockHeaderEditIcon

Dr. Schlarmann - Mittelstand

aktuelle Informationen für den Mittelstand
block-foto-dr-schlarmann-mittelstand
blockHeaderEditIcon
Merkels Regierungszeit : Merkel und die Brandmauer
31.01.2025 00:17 (92 x gelesen)

Merkel und die Brandmauer

Die CDU/CSU hat Ende Januar 2025 mehrere Beschlussentwürfe zur Verschärfung der Migrationspolitik in den Deutschen Bundestag eingebracht und mit den Stimmen der AfD beschließen lassen. Gefordert werden darin dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern und eine stärkere Rolle der Bundespolizei bei Abschiebungen. In dem Antrag heißt es: „Es gilt ein faktisches Einreiseverbot für Personen, die keine gültigen Einreisedokumente besitzen und die nicht unter die europäische Freizügigkeit fallen.“ Dies soll ausdrücklich auch für Menschen gelten, die in Deutschland einen Asylantrag stellen wollen. Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder sollen so lange in Arrest kommen, bis sie freiwillig ausreisen oder die Abschiebung vollzogen werden kann.

In einem zweiten Antrag unter dem Titel "Für einen Politikwechsel bei der Inneren Sicherheit" listet die Union 27 Maßnahmen auf, mit denen die Arbeit der Ermittler und der Polizei verbessert werden soll. Dazu gehören zum Beispiel   die Ausweitung der elektronischen Gesichtserkennung, ein verbesserter Datenaustausch und härtere Strafen für Angriffe auf Polizisten, Rettungskräfte und Helfer. Schließlich stand auch das sogenannte "Zustrombegrenzungsgesetz" der Unionsfraktion zur Abstimmung. Damit soll unter anderem der Familiennachzug zu Geflüchteten mit eingeschränktem Schutzstatus beendet werden.

CDU/CSU waren nach intensiver Beratung zu dem Ergebnis gekommen, dass sie selbst die Anträge stellen mussten, weil es sonst die AfD gemacht hätte. Dafür gab es deutliche Hinweise. Noch vor Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses zu dem ersten Antrag machte Friedrich Merz der SPD und den Grünen noch einmal das Angebot, über den Stopp des Familiennachzuges neu zu verhandeln. Er suche „keine anderen Mehrheiten als die in der demokratischen Mitte unseres Parlaments“, sagte er in einem emotional aufgeheizten verbalen Schlagabtausch. „Wenn es hier heute eine solche Mehrheit (mit der AfD) gegeben hat, dann bedaure ich das.“ SPD und Grüne gingen aber auf dieses Angebot nicht ein.

Für den ersten Antrag der Union stimmten 187 Abgeordnete von CDU/CSU, 75 AfD-Abgeordnete, 80 Angehörige der FDP-Fraktion sowie 6 fraktionslose Abgeordnete, was die nötige Mehrheit von 348 Stimmen ergab. Der zweite Antrag der Union, mit dem die elektronische Gesichtserkennung ausgeweitet und der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte gestoppt werden sollten, erhielt die erforderliche Mehrheit nicht.

Nach der Verkündung der Abstimmungsergebnisse beantragte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich eine Sitzungsunterbrechung. Nach einem solchen Votum dürfe man nicht so einfach zur „Tagesordnung“ übergehen, sagte er. Die Union sei „aus der politischen Mitte dieses Hauses ausgebrochen“.

Die Grünen sprachen von einem schwarzen Tag für die Demokratie. „Sie sehen uns ziemlich erschüttert“, sagte Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge. „Ein Antrag hat eine Mehrheit nur deshalb bekommen, weil eine rechtsextreme Fraktion zugestimmt hat.“ Dies sei „sehenden Auges“ geschehen und das Werk von CDU-Chef Friedrich Merz, der dadurch seine Glaubwürdigkeit verloren habe. „Es braucht eine Zusage von ihm, dass er in Zukunft so etwas nicht wiederholt“, forderte Dröge, deren Fraktion zu einer Sondersitzung zusammenkam.  

Merkels Kritik an Merz

Auch die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte den Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, in einer Erklärung scharf für sein Vorgehen im Bundestag. Indirekt wirft sie darin Merz Wortbruch vor. Die von Merkel auf ihrer Webseite veröffentliche Erklärung hat folgenden Wortlaut:

"In seiner Rede am 13. November 2024 im Deutschen Bundestag hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Friedrich Merz, ausweislich des stenografischen Protokolls des Deutschen Bundestags unter anderem erklärt: 'Für die wenigen verbleibenden Entscheidungen, die ohne Bundeshaushalt möglich sein könnten, will ich Ihnen hier einen Vorschlag machen: Wir sollten mit Ihnen, den Sozialdemokraten, und Ihnen, die Grünen, vereinbaren, dass wir nur die Entscheidungen auf die Tagesordnung des Plenums setzen, über die wir uns zuvor mit Ihnen von der SPD und den Grünen in der Sache geeinigt haben, sodass weder bei der Bestimmung der Tagesordnung noch bei den Abstimmungen in der Sache hier im Haus auch nur ein einziges Mal eine zufällige oder tatsächlich herbeigeführte Mehrheit mit denen da von der AfD zustande kommt.

Diese Verabredung möchte ich Ihnen ausdrücklich vorschlagen, meine Damen und Herren. Denn das hätten diese Damen und Herren von rechts außen doch gerne, dass sie plötzlich die Mehrheiten besorgen, und sei es mit Ihnen von den beiden Minderheitsfraktionen bei der Bestimmung der Tagesordnung. Wir wollen das nicht. Ich hoffe, Sie sehen das auch so, liebe Kolleginnen und Kollegen.'

Dieser Vorschlag und die mit ihm verbundene Haltung waren Ausdruck großer staatspolitischer Verantwortung, die ich vollumfänglich unterstütze. Für falsch halte ich es, sich nicht mehr an diesen Vorschlag gebunden zu fühlen und dadurch am 29. Januar 2025 sehenden Auges erstmalig bei einer Abstimmung im Deutschen Bundestag eine Mehrheit mit den Stimmen der AfD zu ermöglichen.

Stattdessen ist es erforderlich, dass alle demokratischen Parteien gemeinsam über parteipolitische Grenzen hinweg, nicht als taktische Manöver, sondern in der Sache redlich, im Ton maßvoll und auf der Grundlage geltenden europäischen Rechts, alles tun, um so schreckliche Attentate wie zuletzt kurz vor Weihnachten in Magdeburg und vor wenigen Tagen in Aschaffenburg in Zukunft verhindern zu können."

Diese scharfe Kritik von Angela Merkel an Friedrich Merz ist nicht nur nicht gerechtfertigt, sondern schadet auch der Union in dem anstehenden Wahlkampf:  

Schon der indirekte Vorwurf des Wortbruchs von Friedrich Merz, wie er auch bereits von der SPD erhoben wird, ist falsch, weil Merz der SPD und den Grünen zu den beschlossenen Vorhaben mehrfach Gespräche angeboten hat. Der Gesetzentwurf zur Begrenzung des Zuzugs von Ausländern wurde schon am 6. November 2024 abschließend im Bundestags-Innenausschuss beraten. SPD und Grüne wollten aber die Vorlagen nicht mittragen, d.h. sie lehnten sie ab.  

Für die Einbringung dieser Entwürfe in den Bundestag gab es sehr vernünftige Gründe:

Die Anschläge von Magdeburg und Aschaffenburg hatten das Land dramatisch verändert. Wenn man jetzt nicht handle, so die Überlegung in der CDU und CSU, werde man in einigen Jahren vor noch größeren Problemen stehen. Es gäbe entsprechend deutliche Forderungen in der Öffentlichkeit. „Je nachdem, wie Politik in dieser Woche damit umgeht, wird dies ein Topthema der weiteren Polarisierung sein“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Ein weiterer Grund war die fehlende Bereitschaft von SPD und Grünen, ihre politischen Vorstellungen der realen Bedrohungslage anzupassen. Auf Grund der "Brandmauer" zur AfD sahen sie dazu auch keine Veranlassung. In der CDU/CSU-Fraktion verstärkte sich deshalb die Meinung, dass auf dieser Grundlage eine „Zusammenarbeit“ zwischen den Parteien der Mitte nicht mehr möglich ist. „Wir sind an dem Punkt, wo wir uns von solchen taktischen Erwägungen verabschieden müssen“, sagte der erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Thorsten Frei . „Das wird auch nicht mehr akzeptiert.“

Und schließlich hatten sich die politischen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag durch das Auseinanderfallen der Ampel-Koalition zugunsten von CDU/CSU verändert, weil die FDP nun für die Migrationspläne der CDU/CSU gewonnen werden konnte. Hätte die Union das eigene Gesetz nicht auf die Tagesordnung gesetzt, hätte es die AfD getan. Eine solche Blamage musste verhindert werden.

Fazit:

Die Erklärung der langjährigen CDU-Vorsitzenden Merkel drei Wochen vor der Bundestagswahl ist ein einmaliger Akt der Illoyalität gegenüber ihrer Partei. Merkel hat damit auch gegen die ungeschriebene Regel verstoßen, dass Ex-Regierungschefs ihren Nachfolgern nicht ins Handwerk pfuschen.

Mit ihrer Migrationspolitik hat Merkel ihrem Nachfolger eine schwere Bürde hinterlassen. Die von ihr im Jahr 2015 bewirkte Öffnung der Grenzen hat zu einem permanenten Strom von Migranten geführt, der das Land auf allen Ebenen überfordert. Drei Viertel aller Asylanten, die nach Europa wollen, kommen nach Deutschland. Die Folgen dieses Zustroms zeigen sich z.B. in der Kriminalitätsstatistik, bei den Bürgergeld-Ausgaben und der Wohnungsknappheit - allesamt Folgen der Weigerung von Merkel, den Asylkurs zu korrigieren.

Aus Merkels Asylpolitik und deren Folgen zieht auch die rechtsextreme AfD bis heute ihre Kraft. Um diese Partei parlamentarisch klein zu halten, erfand Merkel die "Brandmauer". Doch das Gegenteil ist eingetreten: Wegen der Brandmauer kann die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Beschlüsse nur noch mit Zustimmung der (linken) Altparteien durchsetzen, wodurch die AfD immer stärker wird. Um aus dieser Falle herauszukommen, musste Merz die von der Mehrheit für notwendig gehaltenen Asylanträge zur Abstimmung stellen. Denn richtige Anträge werden nicht dadurch falsch, dass ihnen auch die falschen Parteien zustimmen.

Merkels Kritik an Merz ist also ohne Substanz. Es bleibt zudem der von der Bildzeitung geäußerte Verdacht, dass es Merkel dabei nicht nur um die Absicherung ihrer Asylpolitik geht, sondern dass sie verhindern will, dass Merz Bundeskanzler wird. Redlichkeit und Anstand sehen anders aus.

 
 


Zurück Druckoptimierte Version Diesen Artikel weiterempfehlen... Druckoptimierte Version
Benutzername:
User-Login
Ihr E-Mail
*