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Neue Energie-Agenda der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
25.11.2024 23:43 (108 x gelesen)

Neue Energie-Agenda für Deutschland


Positionspapier der
CDU·CSU Fraktion im Deutschen Bundestag

Beschluss vom 12. November 2024 (in Auszügen)
Herausgeber: Thorsten Frei MdB • Alexander Hoffmann MdB

I. Unsere Zielsetzung: Industrie stärken, Klimaneutralität erreichen

Diese Neue Energie-Agenda für Deutschland markiert das größte zusammenhängende Infrastruktur-Investitionsprojekt in der Geschichte unseres Landes. Damit werden wir Deutschland als Industrieland wieder stärken und bis 2045 klimaneutral machen. Gelingen wird dies nur mit einer Agenda, die Wirtschaft, Energie und Klimaschutz konsequent zusammendenkt. Denn nur wenn die Wirtschaft wieder spürbar wächst, können Unternehmen in Deutschland in neue Klimaschutz-Technologien investieren.

Die Energiepolitik spielt auf diesem Weg eine Schlüsselrolle. Bezahlbare, saubere und sichere Energie ist eine Grundvoraussetzung für unsere Zukunft als Industrie- und Handelsnation.

Dies ist umso bedeutender, da wir in Deutschland Technologien entwickeln und anwenden müssen, die auch international konkurrenzfähig sind – sowohl für eine erfolgreiche Klimapolitik als auch zur Stärkung Deutschlands als Wirtschafts- und Technologiestandort.

Wenn weitreichende Aufgaben auf knappe Ressourcen treffen, braucht es Kosteneffizienz und Innovationen. Diese erreichen wir durch eine echte Technologieoffenheit, mehr Marktwirtschaft und eine Forschungsoffensive. Deswegen gilt jetzt vor allem: Ohne eine Kostenwende hin zu mehr Effizienz scheitert die Energiewende.

Wir gestalten Energie- und Klimapolitik aus einem Guss, der Wirtschaftlichkeit, Pragmatismus und Verbindlichkeit vereint. Wir werden den weiteren Anstieg der Strompreise verhindern und der Industrie und dem Mittelstand einen wettbewerbsfähigen Rahmen bieten. Die CO2-Bepreisung werden wir im Instrumentenmix zum Leitinstrument ausbauen und die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung an Verbraucher und Wirtschaft zurückgeben.

II. Unser Ausgangspunkt: Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit

Die Neue Energie-Agenda verbindet die verschiedenen Dimensionen des energiepolitischen Dreiecks aus Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit.

Als CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag haben wir in den letzten drei Jahren umfassende Positionierungen erarbeitet, um die Energieversorgung zu sichern, die Energieeffizienz zu steigern, Preisexplosionen zu bekämpfen und klimafreundliche Energien auszubauen. Wir haben fast 40 Anträge und Gesetzesentwürfe in die parlamentarischen Beratungen eingebracht und mehrere Grundsatzpapiere vorgelegt.

III. Unser Fokus: Eine kosteneffiziente Energiewende

Deswegen müssen für eine Kostenwende jetzt alle zusätzlichen Kostentreiber auf den Prüfstand. Der Ausbau des Netzes und der Erneuerbaren muss besser aufeinander abgestimmt werden, Redundanzen können wir uns nicht leisten. Echte Technologieoffenheit ist die Voraussetzung für umfassende Effizienz.

Gleichzeitig wollen wir Synergien eines integrierten Energiesystems besser nutzen, als dies die Ampel mit dem einseitigen Fokus auf Wind- und Solarstrom getan hat.

Diese Kostenwende steht im Mittelpunkt der nachfolgenden fünf Eckpfeiler.

IV. Neue Energie-Agenda: Fünf Eckpfeiler für die Wende

1.    Erst Einstieg, dann Ausstieg

Neben dem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien muss endlich neue steuerbare Leistung als verlässliche Säule unserer Energieversorgung aufgebaut werden. Auf dem Weg zum gesellschaftlich breit getragenen Kohleausstieg 2038 darf es kein weiteres endgültiges Abschalten von Kohlekraftwerken geben, solange keine neuen Gaskraftwerke und KWK-Anlagen als Ersatz gebaut sind und zusätzliche alternative gesicherte Leistung für alle Landesteile verfügbar ist.

Dabei ist für uns klar: Strom wird einen größeren Anteil einer klimafreundlichen Energieversorgung leisten müssen, die Elektrifizierung beispielsweise von Wärme und Verkehr wird weiter zunehmen.

Das Abschalten der letzten Kernkraftwerke zum 15. April 2023 mitten in der Energiekrise war eine ideologisch motivierte Fehlentscheidung der Ampel. Wir streben schnellstmöglich eine fachliche Bestandsaufnahme an, ob angesichts des jeweiligen Rückbau-Stadiums eine Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke unter vertretbarem technischem und finanziellem Aufwand noch möglich ist.

Aufgrund unterschiedlicher Strategien in den Mitgliedstaaten bleibt Kernenergie neben erneuerbaren Energien und klimaneutral zu betreibenden Gaskraftwerken Teil des europäischen Strommixes. Wir wollen den europäischen Binnenmarkt für Energie vollenden.

Wir befürworten zudem Forschung und Entwicklung von Kernkraftwerken der vierten und fünften Generation sowie von SMR (Small Modular Reactors) und beteiligen uns hierzu an europäischen Partnerschaften und internationalen Initiativen.

2.    Praxistaugliche und kostengünstige Maßnahmen statt realitätsfremder Idealvorgaben

Diese Praxisorientierung beginnt damit, eine realistische Energiebedarfsanalyse zu erstellen und den weiteren Planungen zugrunde zu legen. Andernfalls führen überhöhte Annahmen zur künftigen Stromnachfrage zur Überdimensionierung bei der Netzplanung und damit zu unnötig hohen Kosten.    

Beim Netzausbau sollen die notwendigen HGÜ-Übertragungsnetze künftig in der Regel als Freileitungen geplant und umgesetzt werden, wenn sich dadurch Vorteile bei Bau- und Betriebskosten sowie Planungs- und Umsetzungsgeschwindigkeit ergeben. Dabei gilt der Grundsatz „oberirdisch wo möglich – unterirdisch wo nötig“.               

3.    Mit Technologieoffenheit und Innovation alle Potenziale heben

Eine Kostenwende lässt sich vor allem auch mit einer stärkeren Technologieoffenheit verwirklichen. Nach einer Studie der Deutschen Energie-Agentur dena erhöht diese die Kosteneffizienz und spart bis 2050 bis zu 600 Milliarden Euro.

Dies bedeutet, alle erneuerbaren Energien konsequent zu nutzen, auch die Bioenergie und die innovative Kraft-Wärme-Koppelung mit ihren systemrelevanten Potenzialen.

Ebenso gilt es, alle klimaneutralen Gase zu nutzen – und nicht nur aus Solar- und Windenergie erzeugten grünen Wasserstoff.

So wie bei der Erzeugung gilt auch für die effiziente Nutzung in allen Sektoren: Alle klimafreundlichen Optionen – im Verkehrsbereich beispielsweise für Antriebe für PKW, LKW, Schifffahrt und Flugzeuge – sind rechtlich zu ermöglichen. Ein Verbot des Verbrennermotors ist daher der falsche Weg.

Dies gilt auch für Heiz- und Wärmetechnologien. Alle Möglichkeiten, um Effizienz zu steigern, sollten genutzt werden, ohne dass man sich auf bestimmte Technologien festlegt. Der Staat sollte nicht vorgeben – weder direkt noch indirekt durch komplizierte Förderkriterien – welche Technologien zum Einsatz kommen. Stattdessen sollten innerhalb des gegebenen CO2-Rahmens die Marktkräfte den Einsatz der Technologien steuern.

Deshalb werden wir das Heizungsgesetz der Ampel zurücknehmen und den Weg zu klimaneutraler Wärme mit der Kombination aus schrittweiser CO2-Bepreisung mit Sozialausgleich, verlässlicher Förderung und technologieoffener Ermöglichung zum Erfolg machen. Wir geben keine Technologien vor, sondern nutzen die CO2-Reduktion als Zielvorgabe.

Die Digitalisierung der Energiewende ist entscheidend für ein technologieführendes Energiesystem der Zukunft. Insbesondere in der Verteilnetzebene muss die überfällige Digitalisierung pragmatisch angeschoben werden. Wir blicken mit Offenheit auf Technologien der Zukunft, die noch weiter erforscht und entwickelt werden müssen. Dabei kann beispielsweise die Fusionsenergie für diese Energieversorgung der
Zukunft zu einem Gamechanger werden.
    
4.    Mit Marktwirtschaft zum Klimaziel

Energiepolitik denken wir immer eingebettet in marktwirtschaftliche Klimapolitik. Kosteneffizienz entsteht durch die Nutzung marktgerechter Instrumente statt durch kleinteilige Steuerung, Verbote und Zwang. Die CO2-Bepreisung und der Zertifikatehandel (ETS) ist das ökonomisch und ökologisch effizienteste Instrument. Wo der ETS greift, sind komplexe und bürokratische Definitionen von „grünen“ Eigenschaften hinfällig.

Den Emissionshandel wollen wir international voranbringen und in der EU durch schrittweise Einbeziehung aller Sektoren mit ihren energiebedingten Emissionen als zentrales Klimainstrument stärken. Wir wollen mehr Länder außerhalb der EU für eine CO2-Bepreisung gewinnen.

Grundsätzlich sind die Rahmenbedingungen für alle Unternehmen zu verbessern, anstatt nur einzelne per Subventionsbescheid zu unterstützen. Wo Unternehmen, konsequent ausgerichtet auf Innovationen mit hohem Marktdurchdringungspotenzial, begrenzt zu fördern sind, muss dies unbürokratisch und marktkonform erfolgen.
Ein Kapazitätsmarkt für Strom soll den Wettbewerb um die kosteneffizientesten Kapazitäten gesicherter Leistung entfesseln und dabei auch Effizienz, Netzdienlichkeit und die technologieoffene Nutzung von Flexibilitäten in den Mittelpunkt stellen.

Die EEG-Vergütung lässt sich statt einer dauerhaften Subvention in festen Cent-Beträgen marktgerechter ausgestalten, etwa durch eine Mengenorientierung, und sollte dann schrittweise auslaufen. Sofortige Anpassungen, sodass etwa Negativpreise nicht mehr ausgeglichen werden, unterstützen wir.

Eine sich allein an Gigawatt-Ausbauzielen messende Energiepolitik ist kein marktwirtschaftlicher Ansatz, sondern bloße Schaufensterpolitik. Wo der Ausbau noch nicht im Einklang mit dem Netzausbau sowie alternativer Nutzung, wie Speicherung oder Wasserstofferzeugung erfolgt, müssen die Ausbauziele nachgesteuert werden.


5.    Die Stromkosten müssen spürbar runter

Wenn Strom einen immer stärkeren Anteil am deutschen Energieverbrauch leisten können soll, muss er sich auch preislich durchsetzen. Das ist nach dem aktuellen Stand der Dinge jedoch nicht der Fall. Zu hohe Stromkosten werden zur sozialen Frage für private Haushalte, zur Belastung von Betrieben jeder Größenordnung und zum Standortnachteil für die energieintensive Industrie.

Mittel- und langfristig entscheidend für die Entwicklung des Strompreises sind die Systemkosten. Bei den Netzentgelten droht in den kommenden Jahren mindestens eine Verdoppelung. Allein aufgrund dieser Dimension darf die Festlegung der Netzentgelte keine rein regulatorische Frage sein.

Eine Teilung der deutschen Stromgebotszone ist entschieden abzulehnen.

Die enormen Summen, die zum Netzausbau notwendig sind, kann nicht der Staat stemmen. Die Bedingungen für private Investoren müssen attraktiv sein und daher wettbewerbsfähig sowohl im Vergleich zu Eigenkapitalverzinsung bei anderen Infrastrukturprojekten in Europa wie im Vergleich zu kurzfristig verfügbaren Anlagen wie Anleihen oder Tagesgeld.

Wir wollen, dass die Energiewende auch wirtschaftlich ein Erfolg wird. Mit den vorgelegten Maßnahmen soll der immer stärkere Anstieg der Infrastrukturkosten sowie der Kosten für die Bereitstellung gesicherter Leistung gebremst und abgesenkt werden. Das werden die Bürgerinnen und Bürger sowie die Unternehmen auf ihrer Energierechnung spüren.

Grundsätzlich sind die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung wie versprochen vollständig zur Entlastung zu nutzen. Um Privatverbraucher und Unternehmen schnell und effizient mit einem Klimabonus zu entlasten, wollen wir zuerst mit den CO2-Einnahmen die Stromsteuer dauerhaft und für alle auf das europäische Minimum senken und die Netzentgelte mindestens halbieren. Die darüberhinausgehenden Einnahmen sind für weitere Entlastungen und Förderprogramme
einzusetzen. Das ist nicht nur eine Frage der Glaubwürdigkeit, sondern auch von sozialer Gerechtigkeit.


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