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Migrationskrise : Ausgebremste Abschiebungen
17.06.2024 19:21 (349 x gelesen)

Ausgebremste Abschiebungen

In einem Interview mit dem "Spiegel" vom Oktober 2023 äußert sich Kanzler Olaf Scholz für seine Verhältnisse ziemlich klar zur Notwendigkeit von Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber. "Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben", sagte der SPD-Politiker dem Nachrichtenmagazin. Wer sich nicht auf Schutzgründe berufen könne und keine Bleibeperspektive habe, müsse gehen. "Wir müssen mehr und schneller abschieben."

Scholz sieht den Sozialstaat in Gefahr, wenn die Zuwanderung unbegrenzt bleibt. "Wer eine unbegrenzte Zuwanderung will, muss so ehrlich sein und sagen, dass wir dann unseren Sozialstaat, wie wir ihn heute haben, nicht aufrechterhalten könnten." Die Regierung trage Verantwortung dafür, "dass unser Gemeinwesen funktioniert". Dazu gehöre auch "eine gewisse Härte". Eine Begrenzung der Zuwanderung mache "uns nicht zu Unmenschen", unterstrich der Kanzler.

Was ist aus dieser Ankündigung geworden?

Wer in Deutschland illegal einreist und ein Asylgesuch stellt, erhält zunächst eine befristete Aufenthaltsgenehmigung, während der Antrag geprüft wird. Wird der Asylantrag abgelehnt, hat die asylsuchende Person kein Aufenthaltsrecht mehr und ist verpflichtet, Deutschland innerhalb einer bestimmten Frist zu verlassen. Wer diese Frist nicht einhält, kann zwangsweise von der Bundes- oder Länderpolizei abgeschoben werden.

Aktuell sind mehr als 250.000 Ausländer ausreisepflichtig. 2024 wurden aber bis April nur 6.300 Personen abgeschoben. Thorsten Frei (CDU), der Parlamentarische Geschäftsführer der Union, kritisierte deshalb den Bundeskanzler: „Acht Monate nach seiner Ankündigung, im großen Stil abzuschieben, zeigt sich: Die Worte des Kanzlers sind wertlos. Das zerstört das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und führt zu Wahlergebnissen, wie wir sie am vergangenen Sonntag erlebt haben.“  

Warum werden so wenige abgeschoben?

Ein Hauptgrund ist die geringe Bereitschaft der Herkunftsstaaten, abgelehnte Asylbewerber wieder bei sich aufzunehmen, weil die Identität der Ausreisepflichtigen ungeklärt ist. Die Mehrheit der rund 100.000 im laufenden Jahr illegal eingereisten Asylbewerber hat der Grenzpolizei oder Ausländerbehörde keine Identitätspapiere vorgelegt. Laut Auswertung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gaben 57 Prozent aller volljährigen Asylantragsteller an, weder über einen Pass noch einen Personalausweis oder über ein Ersatzpapier zu verfügen.

Ein mit Identitätserklärungen befasster Landesbeamter sagte der WELT am SONNTAG: „Selbst wenn wir aufwendig Indizien und Sachbeweise sammeln, haben wir es manchmal schwer, dass die Konsulate den vorgeführten Ausreisepflichtigen als ihren Staatsbürger akzeptieren. Und auch wenn sie dies tun, ist damit noch nicht gesagt, dass wir bald die Passersatzpapiere bekommen, ohne die wir nicht abschieben dürfen.“ Das BAMF widersprach dem Landesbeamten nicht, wollte seine Äußerung aber nicht kommentieren.

Welche Rolle spielen die Herkunftsstaaten?

Die von Asylbewerbern und ihren Befürwortern angeführten Gründe für die fehlenden Identitätspapiere – spontane Flucht oder zerstörte Verwaltungen in den Herkunftsstaaten – sind meistens nicht plausibel. Das gilt insbesondere für türkische Asylbewerber, die drittgrößte Gruppe nach Syrern und Afghanen. Auch sie legten in diesem Jahr zu 57,5 Prozent keine Papiere vor, mit denen das BAMF ihre Identität hätte feststellen können.

Dabei ist in der Türkei eine Registrierung jedes Neugeborenen „unbedingt erforderlich“, wie ein leitender Ministerialbeamter in der Türkei gegenüber der WELT am SONNTAG erklärte.  Nur per Geburtsurkunde oder Personalausweis sei der Zugang zu Schulen und Gesundheitsversorgung möglich. Außerdem sei jeder türkische Bürger gesetzlich verpflichtet, „eine Identitätskarte zu besitzen“.

Von zehn türkischen Asylbewerbern wird im Durchschnitt nur einer anerkannt, weil es den meisten an einem Asylgrund fehlt. Gleichwohl werden abgelehnte Asylbewerber nur selten in die Türkei abgeschoben. „Solange wir der türkischen Seite keinen Pass vorlegen können, geht da gar nix“, lautet die Devise aus der türkischen Aufnahmebehörde.

Resümee:

Wer glaubt, die verfehlte Asylpolitik lasse sich mit mehr Abschiebungen retten, der irrt. Ein Abschiebungspolizist bringt es gegenüber der WELT am SONNTAG auf den Punkt: „Ich sage Ihnen – wenn wir nicht aufpassen, wen wir reinholen, werden wir das über Abschiebungen nie lösen, das ist unglaublich kompliziert“. Es sind in der Tat die offenen Grenzen, die den Asyltourismus anfeuern. Hier muss die Politik auf nationaler und europäischer Ebene nach einer Lösung suchen.


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