Klimageld – eine Ampel-Idee
Die Ampelparteien haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart: „Um die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten, werden wir einen sozialen Kompensationsmechanismus über die Abschaffung der EEG-Umlage hinaus entwickeln (Klimageld)“. Dahinter steckt folgende Idee: Damit die Menschen und Unternehmen weniger CO2 in die Atmosphäre blasen, sollen sie für den Ausstoß von CO2 einen Preis bezahlen. Das kann in der Weise erfolgen, dass Unternehmen für die Verwendung fossiler Energien mit einer Energiesteuer belastet werden oder Emissionszertifikate erwerben müssen. Die ihnen dadurch entstehenden Kosten können sie dann über höhere Preise an ihre Kunden weitergeben, wenn der Markt das hergibt – so die Idee.
Letztendlich sollen also die Verbraucher für den Ausstoß von CO2 bezahlen. Für reiche Leute ist das kein Problem, weil sie das aus ihrem Haushaltsbudget locker bezahlen können oder weil sie sich von den zusätzlichen CO2-Kosten durch den Erwerb einer Wärmepumpe oder eines E-Autos freikaufen können. Weil arme Menschen diese Möglichkeit nicht haben, erfanden die Grünen das Klimageld und verankerten es im Koalitionsvertrag. Damit soll für die zusätzlichen Belastungen ein sozialer Ausgleich geschaffen werden, „um die Akzeptanz des Marktsystems zu gewährleisten“.
Das grüne Klimageld ist im Berliner Politikbetrieb kaum auf Kritik gestoßen. Für die Bepreisung der CO2-Kosten beruft man sich auf den Sachverständigenrat der Bundesregierung, der 2019 festgestellte, dass „ein einheitlicher Preis für den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) sicherstellen würde, dass Emissionen immer dann unterlassen werden, wenn ihre Vermeidung günstiger ist als der Preis“. Um diesen Effekt zu erreichen, muss die Verteuerung des CO2-Verbrauchs jedoch erheblich sein und im Zeitablauf weiter steigen. So hat es die Politik dann auch beschlossen: Der aktuelle Preis liegt schon heute bei 45 Euro je Tonne CO2 und soll bis 2025 auf 55 Euro steigen. Über einen Preis von 100 Euro je Tonne CO2 wird bereits diskutiert.
Damit verbunden ist jedoch das Risiko, dass die Bevölkerung diesen Weg nicht mitgeht und die Widerstände so groß werden, dass das Projekt insgesamt scheitert. Das zu verhüten, ist die eigentliche Funktion des Klimageldes.
Aufregung ist in Berlin entstanden, weil das vereinbarte Klimageld nach Auskunft der Bundesregierung bis spätestens 2027 – also deutlich nach der laufenden Legislaturperiode – eingeführt werden soll. Sie begründete das mit der Einbeziehung der Preise für den CO2-Ausstoß von Gebäuden und Verkehr in den europäischen Emissionshandel ab 2027. Dann sei mit deutlichen Preissteigerungen bei fossilen Energien und Kraftstoffen zu rechnen. Als Ausgleichsmaßnahme sei dann das Klimageld angesagt. „Gegenwärtig werden die Einnahmen aber genutzt für die Förderung von Heizungen, Gebäudesanierung, grüner Stahlproduktion, Ladesäulen für E-Autos und so weiter. Kurz gesagt …, man kann das Geld nicht zweimal ausgeben,“ sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner.
Zuvor hatten Teile der Politik, Ökonomen und Verbraucherschützer die schnelle Auszahlung des Klimageldes gefordert, um den zu Jahresbeginn gestiegenen CO2-Preis für Verbraucher zu kompensieren. Laut der Ludwig-Erhard-Stiftung e.V. sind im Entwurf des Wirtschaftsplans für den Klimafonds für 2024 Erlöse aus der nationalen CO2-Bepreisung von gut 10,9 Milliarden Euro veranschlagt. Hinzu kommen Erlöse aus dem europäischen Emissionshandel (ETS) von knapp 8,2 Milliarden Euro im Jahr 2024. Daraus könnte ein Klimageld von 80 Euro pro Kopf bei 80 Millionen Einwohnern in Höhe von 6,4 Milliarden Euro bezahlt werden. Das Geld ist da, schreibt die Erhard-Stiftung, aber die Prioritäten wurden von den Koalitionsparteien falsch gesetzt.
Der CO2-Preis ist grundsätzlich eine sinnvolle Maßnahme, um sogenannte externe Umweltkosten, die das Verhalten der Verbraucher und Unternehmen erzeugt, zu „internalisieren“. Das bedeutet, diese Kosten sollen von demjenigen, der die Entscheidung etwa bei der Wahl eines Verkehrsmittels oder einer Heizung trifft, getragen werden, damit er sie bei seiner Entscheidung berücksichtigen kann. Das Konzept hat aber seine Tücken:
Niemand kennt die externen Kosten der CO2-Emisionen so ganz genau. Sie werden politisch festgelegt, so dass parteipolitische Präferenzen, Umweltverbände und NGOs bei der Festsetzung des CO2-Preises eine ebenso große Rolle spielen wie ihre Verbindungen zu Ministerien und staatlichen Umwelteinrichtungen. Das hat die aktuelle Anhebung des CO2-Preises wieder gezeigt, die nach einem Gefühl der politischen Zumutbarkeit festgelegt wurde. Als die höheren Benzinpreise in der Bevölkerung Unwillen auslösten, setzte die Politik die Erhöhung des CO2-Preises aus, um dann den Preis kurzerhand wieder anzuheben - und zwar stärker als ursprünglich geplant -, als nämlich Geld im staatlichen Haushalt fehlte.
Die CO2-Abgabe hat zudem den Nachteil, dass sie als Objektsteuer und Kostenbestandteil über den Produktpreis an Verbraucher und Unternehmer weitergereicht wird. Dadurch erhöht sich das allgemeine Preisniveau, was das verfügbare Einkommen der Haushalte und deren Konsumnachfrage sinken lässt. In den Unternehmen sinken bei höheren Preisen für fossile Energien die Gewinne mit der Folgewirkung, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland weiter in Frage gestellt wird und Investitionen unterbleiben.
Außerdem gehören „die Erhebung von Abgaben und die Leistung von Ausgleichszahlungen nicht zur idealen Welt der Ordnungspolitik“, weil sie Bürokratien Steuerungsmacht geben und das Volumen gesamtgesellschaftlicher Umverteilung erhöhen (Newsletter der Ludwig-Erhard-Stiftung vom 19. Januar 2024). Genau das haben die Ampelparteien aber in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart: Unternehmen und Verbraucher werden generell bei Nutzung fossiler Energien zu Abgaben herangezogen, die der Staat mehr oder weniger willkürlich festsetzt und anschließend als Kopfgeld an die Bürger wieder ausschüttet, um die Bevölkerung zu beruhigen.
Die Alternative zur CO2-Abgabe und dem Klimageld, die mit weniger Bürokratie auskommt und mehr Marktwirtschaft sicherstellt, sieht folgendermaßen aus: Der Staat fördert mit direkten Finanzhilfen Investitionen in klimafreundliche Einrichtungen und Technologien mit Mitteln, die aus Steuern auf Einkommen der Haushalte und Gewinne der Unternehmen stammen. Mit diesem Ansatz wird klimaschädliches Verhalten nicht bestraft, sondern klimafreundliches Verhalten belohnt. Ein solches Programm könnte die Regierung, ohne weitere Bürokratien aufbauen zu müssen, innerhalb der vorhandenen staatlichen Strukturen umsetzen.