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Klima und Energiewende : Die versteckten Kostentreiber für Benzin
06.01.2024 19:22 (490 x gelesen)

Die versteckten Kostentreiber für Benzin

Der wirtschaftliche Produktionswert von einem Liter Benzin Super (E 10) beträgt laut Berechnungen des ADAC 0,7403 Euro. Dieser Wert enthält sämtliche Kosten für die Exploration des Rohöls, dessen Verarbeitung und den Transport. Der Verkaufspreis für einen Liter Benzin Super (E 10) an der Tankstelle kostete am 16. Februar 2023 einschließlich Mehrwertsteuer 1,763 Euro. Die Differenz von 1,0227 Euro bestand aus den folgenden gesetzlichen Abgaben:

Mehrwertsteuer                            0,2815 €
Energiesteuer                                 0,6545 €
CO2-Bepreisung                             0,0840 €
Erdölbevorratungsabgabe            0,0027 €

Im Ergebnis entfallen von dem Endverkaufspreis für Benzin also knapp 61 Prozent auf staatliche Abgaben. Die weitere Entwicklung des Benzinpreises wird entscheidend davon abhängen, wie sich die in verschiedenen Gesetzen angelegte Dynamik auf den Benzinpreis auswirken wird.

Mehrwertsteuer

Mit einer Senkung der Mehrwertsteuersätze ist nicht zu rechnen, weil die Mehrwertsteuer neben der Lohn- und Einkommensteuer wesentlich zum deutschen Steueraufkommen beiträgt. Außerdem sind die Steuersätze (19 und 7 %) in der Europäischen Union und in Drittländern mit wenigen Ausnahmen höher als in Deutschland. Die befristete Senkung der Steuersätze vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 während der Corona-Pandemie - des regulären Steuersatzes von 19 Prozent auf 16 Prozent und des ermäßigten Steuersatzes von 7 Prozent auf 5 Prozent – hatte Ausnahmecharakter. Mit dieser vorübergehenden Senkung der Mehrwertsteuer wollte die Bundesregierung den Konsum wieder ankurbeln und der von der Corona-Pandemie in Mitleidenschaft gezogenen deutschen Wirtschaft neuen Schub geben. Inzwischen steigen die Steuern wieder: der Mehrwertsteuersatz in der Gastronomie auf 19 Prozent.

Neben höheren Steuersätzen sind es vor allem die "versteckten Kostentreiber des Staates"  (Energiesteuer, CO2-Bepreisung, Erdölbevorratungsabgabe, Treibhausgas-Quote), die für ein erhöhtes Mehrwertsteueraufkommen sorgen. Denn dadurch, dass die damit belasteten Unternehmen diese Kosten in die  Produktpreise einkalkulieren, erhöht sich nicht nur der Produktpreis, sondern auch die Bemessungsgrunde für die Mehrwertsteuer. Insgesamt profitiert der Staat damit von den "versteckten Kostentreibern"  in dreifache Hinsicht: erstens helfen sie der Regierung bei der Durchsetzung ihrer klimapolitischen Ziele, zweitens füllen sie die für die Klimapolitik geschaffenen staatlichen  Sonderfonds und drittens vermehren sie das Aufkommen aus der Mehrwertsteuer. Der Verbraucher zahlt dafür einen hohen Preis: nicht nur höhere Preise und zusätzliche Mehrwertsteuer für den Lebensunterhalt, sondern auch den Verlust von Freiheit.  

Energiesteuer

Die Energiesteuer (früher Mineralölsteuer) ist eine Objektsteuer, die das „Inverkehrbringen von Kraftstoffen“ besteuert, also auch die Lieferung von Benzin oder Diesel durch den Hersteller an die Tankstelle. Der Steuersatz beträgt für Benzin 654,5 € pro 1000 Liter, für Diesel 470,40 EUR pro 1000 Liter.

2011 stieß die Europäische Kommission (unter Federführung des Kommissars für Steuern und Zollunion Algirdas Semeta) eine Diskussion an, Kraftstoffe ab etwa 2023 nach ihrem Energiegehalt und ihrem CO2-Ausstoß zu besteuern. Der technische Hintergrund dafür war das höhere spezifische Gewicht von Diesel. Da ein Kilogramm Diesel ein etwa 13,2 % kleineres Volumen als ein Kilogramm Benzin hat, verfügt ein Liter Diesel über einen höheren Energiegehalt, belastet aber auch die Umwelt und das Klima entsprechend stärker als ein Liter Benzin.

Dem wollte die Europäische Kommission Rechnung tragen, indem Benzin und Diesel nach den gleichen Maßstäben besteuert werden. Zudem sollte der Mindeststeuersatz für beide Kraftstoffe (und auch Heizstoffe) in zwei Komponenten aufgeteilt werden: zum einen die Besteuerung auf der Grundlage der CO2-Emissionen des Energieerzeugnisses, wobei ein Betrag von 20 Euro pro Tonne CO2 festgelegt wurde, zum anderen die Besteuerung auf der Grundlage des Energiegehalts, d. h. nach der tatsächlichen Energie, die in einem Erzeugnis enthalten ist, gemessen in Gigajoule (GJ).

Entsprechend diesem Entwurf der Kommission würde der EU-Mindeststeuersatz für Diesel, der nach der jetzigen Energiesteuerrichtlinie bei 33 Cent pro Liter liegt, bis 2023 auf 41,2 Cent steigen. Er läge damit weiterhin unter dem heutigen deutschen Steuersatz von 47 Cent, so dass Deutschland nicht verpflichtet wäre, die Dieselsteuer zu erhöhen. Vielmehr hätte es die Wahl, die Angleichung von Diesel- und Benzinsteuersätzen entweder durch eine Erhöhung der Diesel-, eine Absenkung der Benzinsteuer oder eine Kombination aus beidem umzusetzen.

Die Ampelregierung entschied sich jedoch Ende 2023 im Rahmen ihrer Haushaltsberatungen, zulasten des Agrarsektors die Steuervergünstigen beim Agrardiesel in Höhe von 21,48 Cent pro Liter zu streichen und die Kfz-Steuerbefreiung mit Wirkung zum 1. Januar 2024 an abzuschaffen. Dadurch sollten 950 Millionen Euro zusätzlich in die Staatskasse fließen. Als der Bauernverband dagegen protestierte, betonte der Regierungssprecher, er sehe wenig „Änderungswillen“ innerhalb der Bundesregierung. Details würden noch geklärt, doch „die allgemeine Einigung und auch die grundsätzliche Stoßrichtung“ blieben. Der Etatentwurf solle Anfang Februar vom Bundestag verabschiedet werden.

Die Pläne der Bundesregierung lösten starke Proteste der Landwirte aus, und waren selbst innerhalb der Ampel-Koalition umstritten. Der Bauernverband rief zu einer Aktionswoche gegen die geplanten Kürzungen auf; Bauern protestierten mit Trecker-Kolonnen und planten eine Sternfahrt nach Berlin.

Daraufhin nahm die Ampelkoalition die geplanten Subventionskürzungen für Landwirte teilweise zurück. Auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung werde verzichtet, teilte der Regierungssprecher mit. Außerdem werde die Begünstigung beim Agrardiesel nicht sofort, sondern in Schritten reduziert: 2024 um 40%, 2025 sowie 2026 um jeweils weitere 30%. Für den Bauernverband war das jedoch zu wenig. „Das kann nur ein erster Schritt sein. Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied.  

CO2-Bepreisung

Das Klimakabinett der Bundesregierung legte im September 2019 sein Klimapaket vor, das zusammen mit weiteren Maßnahmen die Einführung eines CO2-Preises in Höhe von zunächst 10 Euro pro Tonne CO2 ab 2021 vorsah. Dazu beschloss das Bundeskabinett am 23. Oktober 2019 den Entwurf eines Gesetzes über ein nationales Emissionshandelssystem für Brennstoffemissionen (Brennstoffemissionshandelsgesetz – BEHG). Nach Verhandlungen mit dem Bundesrat wurde der Einstiegspreis auf Drängen der Grünen auf 25 Euro pro Tonne erhöht. Schon ein Jahr später beschoss der Bundestag eine Änderung des BEHG, wonach der CO2-Preis auf 55 € im Jahr 2025 steigen wird, um dann in ein Handelssystem mit Preiskorridor überzugehen.

Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung fließen in den Klima- und Transformationsfonds (KTF), das wichtigste Instrument zur Finanzierung der Energiewende und des Klimaschutzes. Mit diesem Sondervermögen will die Bundesregierung insbesondere die energetische Gebäudesanierung, die Dekarbonisierung der Industrie sowie den Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Elektromobilität und der Ladeinfrastruktur fördern. Insgesamt benötigt der KTF für die Durchführung dieser Aufgaben für 2024 bis 2027 rund 211 Milliarden Euro, die der Fonds nicht besitzt. Die derzeitige Finanzierungslücke beträgt rund 112 Milliarden Euro, nicht zuletzt wegen der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Finanzierung von solchen Sonderfonds.   

Zweck der CO2-Bepreisung mit steigenden Beträgen ist es, die CO2-Emissionen in den Sektoren Verkehr und Gebäude zu senken. Gleichzeitig sollen dem Klima- und Transformationsfonds damit die Mittel verschafft werden, dass er seine Aufgaben erfüllen kann. Hierzu sind alle Unternehmen, die Brenn- und Kraftstoffe in Verkehr bringen, verpflichtet, CO2-Zertifikate zu erwerben. Die Kosten dafür werden dann über den Preis der Produkte an die Verbraucher (Kfz- oder Hausbesitzes) weitergegeben. Davon erhofft man sich – wie in den Sektoren Energie und Industrie – auch für die Sektoren Verkehr und Gebäude nicht nur einen sparsamen Energieverbrauch, sondern auch den Umstieg auf regenerative Energien (E-Mobilität, Erdwärme etc.).

Zum Jahreswechsel 2023/4 steigt der CO2-Preis für Kraftstoffe, und zwar nicht von 30 auf 40 Euro je Tonne CO2, wie ursprünglich vorgesehen, sondern wegen der prekären Haushaltslage von 30 Euro auf nun 45 Euro je Tonne CO2. Rechnerisch bedeutet das eine Erhöhung des Preises für Benzin um 4,3 Cent und für Diesel um 4,7 Cent je Liter Kraftstoff. Das ist die stärkste Erhöhung der 2021 eingeführten Abgabe nach den Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Durch diesen CO2-Aufschlag steigt die Gesamtbelastung für Kraftstoffe laut dem Wirtschaftsverband „Fuels und Energie“ um 12,85 Cent je Liter fossiles Benzin und um 14,3 Cent je Liter fossiler Diesel.

Dass diese Kostenerhöhung nicht schon zum Jahreswechsel zu einer entsprechenden Erhöhung des Preises für Benzin und Diesel geführt hat, hat mehrere Gründe: Üblicherweise dauert es einige Zeit, bis die Erhöhung von Abgaben auf den Preis des Produktes durchschlägt. Möglicherweise war der erwartete Kostenanstieg auch schon in den Preis einkalkuliert. Denkbar ist auch, dass die Mineralölgesellschaften wegen der angeschlagenen Konjunktur vorerst auf eine Preiserhöhung verzichten. Eine ADAC-Sprecherin sagte: „Die trotz sinkender Ölpreise relativ konstanten Kraftstoffpreise in den letzten Tagen des alten Jahres haben den CO2-Aufschlag augenscheinlich bereits ein wenig vorweggenommen.“

Die CO2-Bepreisung ist für viele Ökonomen der effizienteste Weg zur Reduktion von Emissionen.  CO2-Preise schaffen für die Marktteilnehmer nicht nur Anreize, auf schon vorhandene klimafreundlichere Alternativen auszuweichen, sondern auch Anreize, neue Lösungen zu entwickeln. Für Investitionsentscheidungen ist dafür ein langfristiger, glaubwürdiger CO2-Preispfad entscheidend.

Unilaterale Maßnahmen wie ein nationaler CO2-Preis haben allerdings den Nachteil, dass Unternehmen in Staaten mit weniger strikten Maßnahmen dadurch relative Kostenvorteile erhalten. Dann kann es zu einer Verlagerung von CO2-Emissionen (carbon leakage) kommen, weil Unternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagern oder weil schon im Ausland ansässige Unternehmen größere Marktanteile erlangen. Das Leugnen bzw. Verschweigen dieses Phänomens, das den Wirtschaftsstandort in Deutschland und Europa akut gefährdet, gehört zu den Merkwürdigkeiten der deutschen und europäischen Energie- und Klimapolitik.

Erdölbevorratungsabgabe

Zu den Kosten, mit denen Benzin und Diesel belastet sind, gehört auch die Erdölbevorratungsabgabe, die für die Bevorratung von Erdöl, Benzin, Heizöl und Erdöl-Zwischenprodukten als strategische Ölreserve zu zahlen ist.  Gesetzliche Grundlage für die Erdölbevorratung ist das „Gesetz über die Bevorratung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen (Erdölbevorratungsgesetz – ErdölBevG)“. Zweck des Gesetzes ist es, wegen der volkwirtschaftlichen Bedeutung aller Arten von Kraft- und Heizstoffen dafür zu sorgen, dass ein potenzieller, kurzfristiger Erdöl-Versorgungsengpass überbrückt werden kann.

Organisiert und überwacht wird die Ölreserve vom Erdölbevorratungsverband (EBV), in dem die großen Mineralölkonzerne und alle deutschen Unternehmen, die Öl einführen oder verarbeiten, Pflichtmitglieder sind. Der EBV ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die 1978 von den in Deutschland tätigen Mineralölkonzernen gemeinsam mit den mittelständischen Mineralölimporteuren und unter Mitwirkung der Bundesregierung gegründet wurde.

Die vom Erdölbevorratungsverband zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben benötigten Finanzmittel werden von den Mitgliedern auf gesetzlicher Grundlage (§ 23 Erdölbevorratungsgesetz) und nach Maßgabe der Beitragssatzung aufgebracht. Der Beitrag beträgt derzeit 0,0027 € für den Liter Benzin, mit denen also die Autofahrer belastet werden.

Die Treibhausgas-Quote

Zu einem immer stärker werdenden Kostenfaktor für die Fahrer von Autos mit Verbrennungsmotor entwickelt sich zudem die Treibhausgas-Quote (THG-Quote), die weitgehend unbekannt ist, weil sie den Preis von Benzin und Diesel „verdeckt“ nach oben treibt.

Die Bundesregierung hat die THG-Quote eingeführt, um die Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED II der Europäischen Union in nationales Recht umzusetzen. Die Quote verpflichtet Mineralölkonzerne, die Treibhausgas-Emissionen ihrer Kraftstoffe pro Jahr um einen bestimmten Prozentsatz zu verringern. Vor der Corona-Krise 2019 waren dies 6 Prozent, im Jahr 2023 schon 8 Prozent. Für 2024 steigt die THG-Quote weiter auf 9,25 Prozent.

Die Mineralölkonzerne haben nicht viele Möglichkeiten, die stetig steigende THG-Quote zu erfüllen. Entweder mischen sie immer mehr oder besseren Biosprit in den Kraftstoff oder sie kaufen Ladestrom-Zertifikate für Elektroautos, mit denen die Bundesregierung die Elektromobilität fördern will. Beide Wege kosten Geld und sind teuer.

Für die Mineralölkonzerne handelt es sich bei der THG-Quote um stetig steigende Zusatzkosten, die über den Produktpreis an die Verbraucher weitergegeben werden.

Klimageld

Bei Einführung der CO2-Bepreisung versprach die Bundesregierung den Bürgern, die Einnahmen daraus in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren oder sie den Bürgern in Form von Entlastungen oder von Fördermaßnahmen zurückzugeben. Der Klimaschutz sollte nicht mit Wohlfahrtsverlusten einhergehen.

Die Ampelregierung hat dieses Versprechen weder eingelöst noch organisiert, trotz jährlicher CO2-Einnahmen in mehrstelligem Millionenbereich. Erklärt wird das Versäumnis mit technischen Problemen: Die Regierung verfüge noch nicht über die Kontonummern aller Bürger, um das im Koalitionsvertrag versprochene Klimageld auszuzahlen.

Das Bundesfinanzministerium verspricht zwar, das Problem bis 2026 oder 2027 zu lösen, sagt aber nicht, woher das Geld für die Auszahlung des Klimageldes kommen soll. Skepsis ist angebracht, weil die Einnahmen des Klima- und Transformationsfonds des Bundes bereits langfristig verplant sind, ohne dass dafür die erforderlichen Mittel bereitstehen. Außerdem wird von Seiten der Bundesregierung immer wieder darauf hingewiesen, dass sie die Bürger bereits von der EEG-Umlage befreit hat, womit das Klimageld-Versprechen bereits erfüllt sei.

   


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