top-schriftzug
blockHeaderEditIcon

Dr. Schlarmann - Mittelstand

aktuelle Informationen für den Mittelstand
block-foto-dr-schlarmann-mittelstand
blockHeaderEditIcon
Klima und Energiewende : Steuergelder für Solar- und Windparks
19.10.2020 16:11 (1338 x gelesen)

Steuergelder für Solar- und Windparks

Am Ende ihrer Amtszeit steht Angela Merkel in der Klimapolitik mit dem Rücken zur Wand: Die Bundesregierung wird die Klimaziele, die sie sich selbst gesetzt hat, deutlich verfehlen. Sie verweist zwar stolz auf den gestiegenen Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch, der aktuell rund 43 Prozent beträgt, verschweigt aber gleichzeitig, dass der Ausbau der Wind- und Sonnenenergie in den vergangenen Jahren praktisch zum Erliegen gekommen ist. Zudem tragen Windkraft, Fotovoltaik und Windkraft nur insgesamt 5,5 Prozent zur Deckung des Primärenergiebedarfs bei.

Dafür gibt es verschiedene Gründe: Der Widerstand in der Bevölkerung gegen den weiteren Ausbau der Windkraft ist stetig gewachsesn. In Bayern gilt inzwischen die sogenannte "10H"-Abstandsregelung zur Wohnbebauung, die weitere Projekte praktisch unmöglich macht. Im ersten Halbjahr wurden in Deutschland von 178 neuen Windrädern nur fünf in Bayern errichtet.

Den Stillstand beim Ausbau von Photovoltaik-Anlagen hat die Bundesregierung selbst verursacht, weil sie für deren Förderung einen Deckel von 52 Gigawatt beschlossen hat. Außerdem droht ab 2021 bei der Windkraft ein Rückbau von mehreren Tausend Megawatt, weil viele Anlagen aus der 20-jährigen Förderdauer herausfallen. Es besteht also Handlungsbedarf in der Klimapolitik.

Klimaschutzprogramm 2030

Angesichts eines möglichen Scheitern der Energiewende während ihrer Regierungszeit zog Angela Merkel im September 2019 die Reißleine: In Abstimmung mit den Regierungschefs der Bundesländer beschloss die Bundesregierung das „Klimaschutzprogramm 2030“. Ziel dieses Programms ist es, den Bau von Solar- und Windparks zu beschleunigen und den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Zitat:  „Der weitere zielstrebige, effiziente, netzsynchrone und marktorientierte Ausbau der Erneuerbaren Energien ist ein entscheidender Baustein zur Erreichung der Klimaziele. Die Bundesregierung hat das Ziel, im Jahr 2030 einen Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch von 65 % zu erreichen.“

Das Klimaschutzprogramm legt dafür „einen konkreten Pfad fest“: Die Bundesregierung will die Abstandsregeln für Windräder verkürzen und die finanziellen Vorteile für Kommunen bei Genehmigung von Windrädern erhöhen. Zitat: „Neue Abstandsregelungen sollen die Akzeptanz für die Windkraft ebenso erhöhen wie neue finanzielle Vorteile für Kommunen, in denen Windräder gebaut werden dürfen.“ Außerdem soll das Ziel für den Ausbau der Windenergie auf See auf 20 Gigawatt angehoben und der noch bestehende Deckel von 52 Gigawatt für den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen aufgehoben werden.

Außerdem sollen die erneuerbaren Energien gegenüber anderen Energiearten einen rechtlichen Vorrang erhalten. Hierzu hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) inzwischen einen Gesetzentwurf vorgelegt, der in Paragraf 1 folgende Aussage enthält: „Die Nutzung erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung liegt im öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit“.

Dieser Satz markiert einen energiepolitischen Wendepunkt, dessen Bedeutung und Folgen völlig offen sind. Bisher galt der Grundsatz, dass die Stromversorgung allgemein im öffentlichen Interesse liegt und Versorgungssicherheit zu garantieren hat. Hinsichtlich der Art der Stromerzeugung war dieser Grundsatz offen: Er galt für die fossilen und Kernkraft-Werke ebenso wie für die erneuerbaren Energien.

Die Bundesregierung will mit dem neuen Gesetz diese Offenheit aufgeben und gesetzlich verankern, dass den erneuerbaren Energien der Vorrang gegenüber den anderen Energiearten gebührt. Aus einem politischen Ziel soll dadurch eine gesetzliche Leitlinie werden, die die Amtsdauer von Angela Merkel überlebt.

Die Bundesregierung hat gegenüber der Presse bestätigt, dass die zitierte Vorschrift die Durchsetzung von Bauanträgen für Öko-Anlagen erleichtern soll. Zitat: „Die Regelung schreibt ein übergeordnetes öffentlich Interesse an der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ebenso wie ein öffentliches Sicherheitsinteresse fest.“ Die Festlegung sei wichtig für Abwägungsentscheidungen von Behörden und Institutionen.

In Wahrheit ist der von der Bundesregierung vorgeschlagene gesetzliche Vorrang für erneuerbare Energien aber nur die Folge einer Energiepolitik, deren Ziel es ist, die Alternativen zu den erneuerbaren Energien (Kohle, Atom, Gas etc.) auszuschließen bzw. zu verbieten. Es bleiben dann nur die erneuerbaren Energien übrig, um die Versorgungssicherheit zu garantieren. Insofern kommt dem Passus über den Vorrang der erneuerbaren Energien nur deklaratorische Bedeutung zu.

Eine funktionierende Volkswirtschaft benötigt eine konstante und grundlastfähige Stromversorgung, die durch Kohle, Atom oder Gas gewährleistet werden kann; nicht aber durch eine unsichere Energieart, die wie die erneuerbaren Energien von Wind und Sonne abhängig ist. Dem gesetzlichen Vorrang für erneuerbare Energien fehlt deshalb schon die Eignung, bei öffentlichen  Abwägungsentscheidungen berücksichtigt zu werden.

Ein solcher Vorrang wird auch die mehr als tausend Bürgerinitiativen nicht davon abhalten, gegen geplante Windkraftanlage zu protestieren. Die Bundesregierung meint zwar, solche Widerstände damit brechen zu können, dass die jeweilige Kommune mit 0,2 Cent an jeder produzierten Kilowattstunde eines Windrades beteiligt wird. Die Gegner der Windkraft vor Ort werden sich dadurch aber kaum beeindrucken lassen.

Deckelung der EEG-Umlage

Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind die deutschen Netzbetreiber zur Abnahme des Stroms aus Sonnen- und Windkraftanlagen verpflichtet und vermarkten ihn über die Strombörse EEX. Im ersten Halbjahr 2020 erzielten sie dabei nur einen durchschnittlichen Erlös von 1,9 Cent pro Kilowattstunde. Da die Wind- und Solarstrom-Produzenten gleichwohl Anspruch auf eine deutlich höhere Vergütung nach dem EEG haben, müssen die Verbraucher die Differenz über eine EEG-Umlage bezahlen, die mit dem Ausbau von Wind- und Solaranlagen weiter steigen wird. 

Um die Bürger - vor allem im Wahljahr 2021-  nicht zu überfordern, hat die Bundesregierung die Umlage für 2021 gesetzlich auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Um diesen Deckel halten zu können, sind nach Angaben der vier Netzbetreiber 50Hertz, Amprion, Tennet und TransnetBW zukünftig Steuergelder in Höhe von insgesamt rund elf  Milliarden Euro erforderlich. Anderenfalls würde die EEG-Umlage auf 9,65 Cent steigen. Dieser Betrag wird sich Infolge der Corona-Krise deutlich erhöhen. Die Netzbetreiber prognostizieren allein für 2021 eine „Deckungslücke von etwa 26,8 Milliarden Euro“. 

Laut Bundeswirtschaftsministerium sollen zur Deckung solcher Fehlbeträge Bundesmittel aus dem aktuellen Konjunkturpaket und die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung der Sektoren Verkehr und Wärme dienen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) geht es dabei „nicht nur um kurzfristige Korrekturen“, sondern um einen „Paradigmenwechsel“, d.h. um die dauerhafte Subventionierung der Erneuerbaren Energien aus Steuermitteln.

SPD-Faktionsvize Matthias Miersch schloss sich Altmaier an: „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat sich von einem schlanken Anreizsystem zu einem bürokratischen Monstrum entwickelt“. Und er fügte hinzu: „Ohne eine umfassende Reform des Abgaben- und Umlagesystems und auch der Netzentgelte droht uns eine massive Schieflage“, so Miersch.

Für die von Angela Merkel betriebene Energiewende ist dieses Statement eine Bankrotterklärung: Der mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz geplante Aufbau von Wind- und Sonnenanlagen zur Stromerzeugung, der laut Jürgen Trittin „den privaten Haushalt nur rund 1 Euro im Monat – soviel wie eine Kugel Eis kosten“ sollte, kann nur noch mit Steuermitteln des Bundes in Höhe zweistelliger Milliarden gerettet werden.

CO2-Bepreisung

Die mit dem „Klimaschutzprogramm 2030“ der Bundesregierung beschlossene CO2-Bepreisung der Sektoren Verkehr und Wärme tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. Das sei der „volkswirtschaftlich kosteneffizienteste Weg, um Emissionen zu reduzieren und die Klimaziele zu erreichen“, meint die Bundesregierung.

Auch dies war ein energiepolitischer Paradigmenwechsel, den vor allem die Wissenschaft gefordert hatte. Die Bundesregierung entschied sich aber nicht für einen Preis, der sich wie im europäischen Emissionshandel am Markt bildet, sondern für ein Festpreissystem: Der Festpreis sollte mit 10 Euro pro Tonne CO2 starten und bis 2025 auf 35 Euro pro Tonne steigen. Ab 2026 soll der Preis am Markt gelten, solange er sich zwischen einem festgelegten Mindest- und einem Höchstpreis bewegt.

Die CO2-Bepreisung wird in der Weise durchgeführt, dass Unternehmen, die Heiz- und Kraftstoffe in Verkehr bringen, vom Staat Zertifikate zu den genannten Festpreisen ankaufen müssen: „Wenn Unternehmen Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Kohle, Benzin oder Diesel verkaufen, benötigen sie für jede Tonne CO2, die die Stoffe im Verbrauch verursachen werden, ein Zertifikat als Verschmutzungsrecht“. In der Sache handelt es sich bei den Zertifikaten um eine neue indirekte Steuer, die den Verbrauchern über höhere Heiz- und Kraftstoffe in Rechnung gestellt wird. Das ist der Bundesregierung auch klar: „Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif.“

Die beabsichtigte CO2-Bepreisung stieß auf erheblichen Widerstand der Grünen und ihrer Verbündeten, die eine Verdoppelung der CO2-Bepreisung forderten. Im Bundesrat wurde der Gesetzentwurf deshalb auf Druck der grün mitregierten Länder entsprechend geändert. „Gegen die Widerstände von Union und SPD haben wir durchgesetzt, dass der dürftige CO2-Preis der großen Koalition angehoben wird und damit eine gewisse ökologische Lenkungswirkung hat“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter zu diesem Ergebnis. Darin wurde er von Ottmar Edelhofer, Direktor des Forschungsinstituts MCC, bestärkt. Der beschlossene Preispfad „könnte den Ausstoß von Treibhausgasen absehbar verringern“.

Die Wirtschaft kritisierte die Verständigung zwischen Bund und Ländern. „Die geplante Verteuerung der CO2-Preise droht die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Standorts drastisch zu verschlechtern“, warnte Holger Lösch, Vizechef des BDI. Vor allem Mittelständler „würden gegenüber ihren internationalen, europäischen und nationalen Wettbewerbern so ins Hintertreffen geraten, dass ihre Existenz ernsthaft bedroht wird“, so Lösch. „Die angekündigte Entlastung beim Erneuerbare-Energien-Gesetz wird diesen Ausgleich nicht ansatzweise leisten.“

Fazit:

Zukünftig finanziert der Bürger die Energiewende doppelt: einmal mit der EEG-Umlage in der Stromrechnung und zum anderen mit der CO2-Bepreisung, die ihm beim Kauf von Heiz- und Kraftstoffen in  Rechnung gestellte wird. 

 
 


Zurück Druckoptimierte Version Diesen Artikel weiterempfehlen... Druckoptimierte Version
Benutzername:
User-Login
Ihr E-Mail
*